Ästhetik

Botulinumtoxin: Aspekte zum Nebenwirkungsmanagement und zur Steigerung der Patientenzufriedenheit

Dr. Ch. Willen

Im Rahmen der 10. Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinum- und Filler-Therapie e. V. (DGBT) in Bonn gaben Expertinnen und Experten aus der Ästhetischen Medizin bei einem Symposium ihre langjährigen Erfahrungen zu Botulinumtoxin-Anwendungen zur Steigerung der Patientenzufriedenheit und zum Nebenwirkungsmanagement weiter.

Dr. med. Matthias Imhof, Dermatologe aus Bad Soden, referierte
zum Nebenwirkungsprofil von Botulinumtoxin in der ästhetischen Medizin. Neurotoxine zählen zu den populärsten nicht-chirurgischen Behandlungen in allen Altersgruppen und die Fallzahlen steigen derzeit weiter an. Das Thema Nebenwirkungen ist immer aktuell, da sie jederzeit auftreten können, aber reversibel sind, betonte Imhof. Der Behandler sollte immer zu aufgetretenen Neben- wirkungen stehen, die Patientin bzw. den Patienten beruhigen und ihr/ihm eine plausible Erklärung dafür geben, so der Rat von Imhof. Wenn sich die Nebenwirkungen nicht so einfach erklären lassen, sollte ggf. ein Kollege zum Beispiel aus der Neurologie herangezogen bzw. befragt werden, um den Fall zu klären.

Je mehr Erfahrung, desto weniger anwendungsbedingte Nebenwirkungen

Eine erfolgreiche Botulinumtoxin- Therapie hängt von vielen Faktoren ab. Hierzu zählen im Wesentlichen eine korrekte Indikationsstellung, die richtige Injektionstechnik, die korrekte Auswahl der Injektionspunkte, eine adäquate Menge Injektionsvolumen und die korrekte Dosierung des verwendeten Toxins, so Imhof.

Häufige und vermeidbare Nebenwirkungen treten zum Beispiel bei Über- oder Fehldosierungen auf, wenn es zu einer übermäßigen Entspannung des Zielmuskels oder zu einer unerwünschten Parese benachbarter Muskeln kommt, erläuterte der Experte. Die Häufigkeit von anwendungsbedingten Nebenwirkungen korreliere dabei naturgemäß mit der Erfahrung des Behandlers.

Eine vermeidbare Nebenwirkung ist zum Beispiel die Augenbrauenptosis. Eine Augenbrauenptosis entsteht in der Regel, wenn die verabreichte Dosis in dieser Region zu hoch angesetzt war, so Imhof. Wenn Botulinumtoxin im unteren Gesichtsdrittel angewendet wird und Asymmetrien auftreten, wurde entweder zu medial, zu lateral oder zu tief injiziert. Indikationsbedingte muskuläre Nebenwirkungen mit Atrophie können zum Beispiel an der Glabella-Region auftreten und ggf. vorsichtig mit Fillern korrigiert werden, so Imhof.

Schmerzarme Verhältnisse schaffen

Zum Nebenwirkungsprofil einer Botulinumtoxin-Therapie zählen auch Schmerzen an der Einstichstelle, Schwellungen, Hämatome und Kopfschmerzen. Hämatome und Schmerzen an der Einstichstelle können durch die Verwendung einer möglichst dünnen Nadel reduziert werden. Wenn möglichst geringe Volumina appliziert werden, sei das ebenfalls weniger schmerzhaft, ergänzte der Experte.

Schmerzhafte Schwellungen können aber auch aufgrund immunologischer Trigger als Reaktion auf die hochmolekularen Proteinkomplexe des Botulinumtoxins auftreten. Zudem sind vaskuläre Dysregulationen möglich, zum Beispiel dann, wenn Patient*innen in der Sprechstunde vorstellig werden, weil seit der letzten Botox-Anwendung bei sportlicher Betätigung der Kopf hochrot anläuft.

Einsatzgebiete von Botulinumtoxin A

Prof. Dr. med. Alina Fratila, Fachärztin für Dermatologie in Bonn, referierte zu ihren bisherigen Praxiserfahrungen mit und den Einsatzgebieten von Botulinumtoxin A. Die Expertin verwendet Botulinum-Präparate zum Beispiel zur Rejuvenation, um ausgeprägte Faltenbildungen zu reduzieren, die auf einer Überaktivität von Depressoren beruhen. Neben der Wiederherstellung eines jugendlichen und natürlichen Aussehens setzt Fratila Botulinum auch als Schmerzmittel bei Patienten mit Migräne und zur Behandlung von Hyperhidrose ein. Zudem ist es eine Option bei nicht-chirurgischen Gesichts-, Hals- sowie Augenbrauen-Liftings und zur Korrektur von Narben.

Botulinum kann auch in Kombination mit anderen Fillern zum Einsatz kommen, sofern deren Verwendung nicht gleichzeitig in derselben anatomischen Region erfolgt, gab die Expertin zu bedenken. Meistens werden allerdings keine oder nur sehr wenig Filler zusätzlich benötigt. Wenn Filler gleichzeitig zum Einsatz kommen, werden sie dank Botulinum langsamer abgebaut, ergänzte die Expertin.

Natürliche Ergebnisse effektiv planen

Im ästhetischen Bereich sind laut Fratila natürliche Ergebnisse planbar und umso effektiver, wenn Botulinum frühzeitig bzw. prophylaktisch angewendet wird, um Stirn-, Glabella- und periorbitale Falten sowie eine Augenbrauenptosis zu vermeiden.

Ein patientenspezifischer Behandlungsplan gewährleistet die besten Chancen auf perfekte Behandlungsergebnisse. Daher sollten in jeder Sitzung Dosis und Lokalisation der Anwendung schriftlich festgelegt werden, um reproduzierbare Liftingeffekte zum Beispiel an der Augenbraue zu erzielen, ohne einen sogenannten „Mephistoblick“ zu provozieren.

Zu den wichtigsten Behandlungsstrategien zählt auch eine ausführliche Aufklärung über den geplanten Eingriff. Zudem sind eine lückenlose Dokumentation zu den Injektionsstellen und der verwendeten Dosis sowie eine Kontrolle mit Fotodokumentation nach zwei Wochen sinnvoll. Falls Korrekturen nötig sind, sollten diese nach Möglichkeit unmittelbar bei den Kontrolluntersuchungen erfolgen, so der Rat von Fratila.

Ausführliche Dokumentation äußerst sinnvoll

Eine ausführliche Dokumentation aller Behandlungsdaten ist von größter Wichtigkeit, betonte die Expertin. Diese Angaben helfen, den Behandlungserfolg zu verfeinern und tragen so zur besseren Zufriedenheit der Patient*innen bei, so die Einschätzung von Fratila. Patient*innen wünschen oft einen natürlichen, lebendigen Ausdruck im Gesicht mit langanhaltender Wirkung. Beliebte Behandlungsintervalle zur Nachbehandlung sind etwa 6-8 Monate, so Fratila.

Eine ausreichende Dosierung der einzelnen Injektionspunkte (eher weniger Volumen, aber hochdosiert) ist für eine halbjährliche Modellierung der hyperaktiven Mimik sowohl für die Patient*innen wie auch für die Behandler*innen günstig und zeit- sparend, so das Fazit der Expertin. Dr. med. Keywan Taghetchian aus München betonte in seinem Vortrag ebenfalls, dass in der Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin „weniger oft mehr“ sei, um natürliche Behandlungsergebnisse zu erreichen. Bei ganz speziellen Behandlungswünschen von Patient*innen sollte auch mal eine Ablehnung erfolgen, zum Beispiel wenn diese zu weit weg von den derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten erscheinen. Bei seinen Patient*innen plant Taghetchian erste Behandlungsregime mit maximal zwei Sitzungen.

Taghetchian warb auch dafür, zum Beispiel beim Management von Schmerzen auf Kleinigkeiten zu achten, die jedoch wesentlich zur Patientenzufriedenheit beitragen können. Das Schmerzniveau kann minimiert werden, wenn beispielsweise lidocainhaltige Creme (mindestens 20 Minuten Einwirkzeit) im Behandlungsareal aufgetragen wird. Die Auswahl an Nadeln und Kanülen sowie die Reihenfolge der Injektionen beeinflussen ebenfalls das Schmerzniveau, erinnerte Taghetchian. Zudem sei eine gute Nachsorge essenziell, die idealerweise Kontrolluntersuchungen, Fotodokumentation und patientenrelevante Anweisungen bzw. Pflegehinweise zum Erreichen des bestmöglichen Behandlungsergebnisses umfassen sollte.

Quelle: Symposium „Botulinumtoxin in der praktischen Anwendung“ im Rahmen der Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinum- und Filler-Therapie e.V., 13. Mai 2022, Bonn