Ästhetik

„Die Produktauswahl ist neben einer adäquaten Technik das Allerwichtigste“

Interview mit Dr. med. Michaela Fuchs (München)

Dr. med. Michaela Fuchs praktiziert nicht nur als niedergelassene Ärztin mit eigener Praxis, sie ist vor allem bekannt als Entwicklerin der eigenen Kosmetiklinie Dr. Fuchs Cosmetics, die mittlerweile in 10 Ländern weltweit erfolgreich am Markt platziert werden konnte. Wir sprachen mit Frau Dr. Fuchs über die essenziellen Elemente einer seriösen Fillerbehandlung und die aktuellen Trends im Ästhetik-Bereich.

 

Dr. med. Michaela Fuchs

DISKURS Dermatologie:

Frau Dr. Fuchs, Sie sind ja u.a. Expertin zum Thema Filler – haben Sie da eine eigene „Spezialität“?

Dr. Fuchs:

Ich verwende seit über 30 Jahren Filler verschiedenster Hersteller. Damals hat man noch mit Kollagen unterspritzt, was dann verboten wurde aufgrund des tierischen Ursprungs des Materials. Ich habe im Laufe der Jahre fast jede Marke bzw. jeden Hersteller schon unterspritzt und kenne die meisten Filler, deren Wirkung und auch deren Nebenwirkungen. Im Laufe der Zeit haben sich einige Marken herauskristallisiert, viele andere konnten sich hingegen nicht etablieren. Deshalb kann ich über Qualität, Wirkung und Anwendung von Fillern, denke ich, eine gute Einschätzung abgeben. Meine „Spezialität“, wenn man so will, sind die Lippen, die ich mit einer eigenen Technik behandele. Ich mag keinen „Entenschnabel“, sondern eine schöne, natürliche Lippe, der man die Unterspritzung nicht ansieht.

DISKURS Dermatologie:

Wie wichtig ist die Aufklärung vor der Behandlung? Sind heutige Patient*innen schon im Vorfeld informierter als früher?

Dr. Fuchs:

Eine seriöse, umfassende Aufklärung ist wichtiger als je zuvor, weil es eine Vielzahl von Angeboten gibt. Jede Patientin und jeder Patient sollte ausführlich über Risiken und Nebenwirkungen Bescheid wissen und sich dann entscheiden können. Die Patient*innen sind durch das Internet einerseits aufgeklärter, andererseits aber auch durch das überbordende Angebot an Treatments zum Teil überfordert und fast desorientiert. Fakt ist, dass die Kund*innen sich heute oft rein vom Preis der Unterspritzung leiten lassen.

DISKURS Dermatologie:

Wo ziehen Sie die Grenze, wo hört bei Ihnen der verständliche Wunsch nach Optimierung des eigenen Aussehens auf?

Dr. Fuchs:

Ganz klar: wenn es zu Lasten der Gesundheit geht und/oder einfach nicht mehr gut aussieht. Oft kommen Patient*innen mit einer Vorstellung oder einem Beispiel von Instagram, das sich schlicht nicht umsetzen lässt. Auch diesbezüglich, also über die „Grenzen des Machbaren“ bzw. Sinnvollen, ist eine sachliche und ehrliche Aufklärung der Patient*innen essenziell wichtig und für mich selbstverständlich. Sobald es übertrieben künstlich wirkt oder zur Schädigung des Gewebes führt, hört bei mir das Verständnis für den Optimierungswunsch definitiv auf.

DISKURS Dermatologie:

Wie handhaben Sie das Gefahrenmanagement?

Dr. Fuchs:

Zu einem optimalen Gefahrenmanagement gehören für mich eine gründliche Anamnese und Aufklärung sowie die schriftliche Dokumentation anhand von speziellen Aufklärungsbögen. Auch eine Dokumentation der Behandlung mit Vorher-Nachher-Fotos ist empfehlenswert. Als Ärztin oder Arzt muss man auch seine Grenzen kennen, die Techniken beherrschen sowie eine gute Produktauswahl treffen. Ich bin z.B. kein Freund von permanenten und semipermanenten Fillern, da ich schon zu oft im Nachhinein das Material auflösen oder sogar operativ entfernen musste.

DISKURS Dermatologie:

Gibt es zurzeit einen neuen Trend oder ist „weniger ist mehr“ immer noch aktuell?

Dr. Fuchs:

Der Trend geht meiner Beobachtung nach leider aktuell zu „mehr ist mehr“, ausgelöst durch „Face Apps“, also angebliche Optimierungsprogramme, und Idealbilder aus dem Internet. All das entspricht eigentlich nicht dem echten Leben, da werden falsche Vorbilder generiert. Aktuelle Trends sind Russian Lips, die Unterspritzung der Jawline sowie der Wangenknochen und auch das Browlifting. Die Unterspritzung des Körpers mit Hyaluron (Hände, Busen, Dekolleté) ist im Kommen, aber aus meiner Sicht noch lange nicht ausgereift.

DISKURS Dermatologie:

Haben Sie inzwischen auch vermehrt männliche Patienten? Was ist für dieses Klientel wichtig?

Dr. Fuchs:

Die Herren kommen eher zur Botox-Behandlung (Stirn, Krähenfüße), vereinzelt aber auch für Hyaluron-Unterspritzungen der Nasolabial- und Zornesfalten. Außerdem steht bei den Herren vor allem nach wie vor die operative Lidkorrektur von Schlupflidern an erster Stelle.

DISKURS Dermatologie:

Lassen Sie uns einen Blick in die Zukunft werfen – welche Entwick- lungen erwarten Sie und was wünschen Sie sich in den nächsten Jahren für die Ästhetik-Branche?

Dr. Fuchs:

Ich erwarte leider, dass sich der erwähnte Trend zur vermeintlichen Perfektion unvermindert fortsetzt, die jungen Menschen verunsichert und in die Praxen treibt. Früher hatten wir die Devise „unter 30 kein Botox“ – heute wird Botox schon präventiv verwendet, damit erst gar keine Falte entsteht. Aber fast noch gefährlicher finde ich den Trend, die gesamte Physiognomie des Gesichtes durch Unterspritzungen zu verändern. Insgesamt geht der Trend – leider – zu faltenfreien Einheitsfaces.

Natürlich wollen wir heute jünger aussehen, weil wir auch mental länger fit bleiben als die Generationen unserer Eltern und Großeltern, die ganz andere Biographien hatten. Ich persönlich wünsche mir aber, dass der Trend, genau wie beim Busen, zurück zur kleineren, natürlichen Form sich auch bei den Unterspritzungen durchsetzt. NATÜRLICH schön – das wäre mein Wunsch.

DISKURS Dermatologie:

Wie wichtig ist die richtige Produktauswahl für die jeweilige „Falte“?

Dr. Fuchs:

Die Produktauswahl ist neben einer adäquaten Technik das Allerwichtigste, weil Hyaluronsäure nicht gleich Hyaluronsäure ist. Die Partikelgröße des Hyalurons ist entscheidend für gute Fließeigenschaften, eine perfekte Platzierung im Gewebe und auch dafür, dass sich das Produkt optimal im Gewebe verankert. Feines Material wird eher oberflächlich unterspritzt, z.B. in die Lippen oder Nasolabialfalten. Für die tieferen Unterspritzungen, Volumenaufbau und Konturierung u.a. der Jawline wird großvolumigeres Hyaluron verwendet. Ein gutes Produkt sorgt vor Ort im Laufe der Zeit sogar für neuen Gewebeaufbau und somit für eine permanente Verbesserung. Um hier immer die richtige Wahl zu treffen, muss man seine Patient*innen kennen und auch über längere Zeit betreuen. Ich kontrolliere das Ergebnis immer nach 2 Wochen und kann mir so erlauben, nicht Masse zu spritzen, sondern vorsichtig an das Thema heranzugehen und gegebenenfalls zu optimieren. Konkret verwende ich seit fast 2 Jahren ausschließlich die Filler der Marke JIVALA. Die Ergebnisse sind perfekt.

DISKURS Dermatologie:

Was empfehlen Sie Ihren Patient*innen zur Vor- und Nachsorge?

Dr. Fuchs:

Generell empfehle ich meinen Kund*innen eine optimale, altersgerechte Hautpflege. Die Haut sollte vor der Behandlung reizfrei und optimal durchfeuchtet sein. Direkt nach der Unterspritzung sollte gekühlt werden, um Schwellungen und Blutergüsse zu vermeiden. Auf Sonne, Solarium, Sauna und Massage sollte für mindestens 2 Wochen komplett verzichtet werden.

DISKURS Dermatologie:

Sehr geehrte Frau Dr. Fuchs, vielen Dank für das Gespräch! 

Das Interview führte S. Steffens.