DISKURS Dermatologie

Die GPP verstehen, erkennen und behandeln

Die Psoriasis-Experten Prof. Dr. med. Matthias Augustin (Hamburg), Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz (Kiel) und Prof. Dr. med. Jörg C. Prinz (München) gewährten bei einem Symposium im Rahmen der 28. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie (FOBI 2022) in München tiefere Einblicke in Definition, Diagnostik und Therapie der Generalisierten Pustulösen Psoriasis – kurz GPP. Eine Erkrankung, der bislang eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde – obwohl es sich lohne, bei der GPP genauer hinzusehen, wie Augustin eingangs bemerkte.

GPP ist eine autoinflammatorische, neutrophile Dermatose, die sich durch großflächige Erytheme mit schmerzhaften, sterilen Pusteln äußert. [1] Aufgrund systemischer Beteiligung kann sie potenziell lebensbedrohlich verlaufen und stellt durch ihr rezidivierendes Auftreten eine starke Beeinträchtigung für Patient*innen dar. [2] „Es handelt sich um einen schweren Zustand an der Haut, der zu weitreichenden Komplikationen führen kann. Die Betroffenen müssen daher oftmals stationär behandelt werden“, erklärte Augustin. Derzeit gibt es jedoch keine speziell für die GPP zugelassene Therapie in Deutschland, weshalb sich deren Behandlung an der Psoriasis vulgaris orientiert. [3]

Laut Prinz könnten die für die Therapie der Psoriasis vulgaris zugelassenen Biologika die GPP im Schub zwar zunächst unter Kontrolle bringen, der Behandlungsbedarf bleibe jedoch bestehen, da weitere Schübe nicht verhindert würden. Prinz folgerte: „Mit spezifisch auf die der GPP zugrunde liegenden Pathomechanismen ausgerichteten Antikörpern wäre es möglich, die GPP längere Zeit zum Stillstand zu bringen.“ Mittlerweile weiß man, dass die ungehinderte Interleukin(IL)-36-Signalweiterleitung bei GPP zur Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten, T-Zellen, dendritischen Zellen und Monozyten in die Epidermis und damit schließlich zur charakteristischen Pustelbildung führt. [4] Nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Pathomechanismen sind sich Expert*innen inzwischen einig, dass es sich bei der GPP um eine eigenständige Entität und keine Subform der Psoriasis vulgaris handelt. [3] Mrowietz ging noch einen Schritt weiter: „Wir wissen noch sehr wenig über diese Dermatose – auch nicht, ob sie überhaupt zu den Psoriasis- Erkrankungen gehört. Dr. Leo Ritter von Zumbusch dokumentierte 1910 die Behandlung der ersten GPP-Patient*innen [5] und bei ihnen lag zufällig gleichzeitig eine Psoriasis vulgaris vor. So kam der Name ‘Generalisierte Pustulöse Psoriasis‘ letzten Endes zustande. Die GPP betrifft allerdings auch Menschen, die keine Psoriasis vulgaris haben.“

Differentialdiagnostik: GPP-Pustel oder nicht – das ist die Frage

Der Experte aus Kiel vertiefte das Thema der Differentialdiagnostik noch: „Bei der Psoriasis vulgaris treten keine Pusteln auf, von daher ist sie leicht von der GPP zu unterscheiden. Darüber hinaus sind die Allgemeinsymptome bei Patient*innen mit Psoriasis vulgaris deutlich schwächer ausgeprägt als bei GPP-Patient*innen.“ Schwieriger wird es bei der Abgrenzung gegenüber anderen pustulösen Dermatosen. Die GPP-Diagnose werde nicht zuletzt durch ein mangelndes Verständnis für die Entstehung der Pusteln erschwert, führte Mrowietz aus: „Was bringt unsere Haut dazu, Pusteln zu produzieren? Wir wissen, dass die neutrophilen Granulozyten als Teil unserer angeborenen Immunabwehr dafür verantwortlich sind, doch welche Aufgabe übernehmen sie im Fall der GPP?“

Darüber hinaus gehen bis zu 12% der Psoriasisformen mit Pusteln einher [6], doch wobei handelt es sich um eine GPP bzw. wie unterscheidet man pustulöse Dermatosen voneinander? „Anders als bei der GPP ist beispielsweise bei der Psoriasis cum pustulatione das Vorliegen einer Psoriasis vulgaris obligat, denn die Pusteln bilden sich ausschließlich auf vorbestehenden Psoriasis-Plaques. Wieder anders verhält es sich bei der akuten generalisierten exanthematischen Pustulose (AGEP): Das äußere Erscheinungsbild ist dem der GPP sehr ähnlich. Da die AGEP aber vor allem durch Medikamenteneinnahme ausgelöst wird, ist die dahingehende Anamnese besonders wichtig. AGEP-Patient*innen zeigen außerdem deutlich weniger Allgemeinsymptome“, betonte Mrowietz und erklärte, dass Fatigue als Indikator der systemischen Inflammation bei derartigen Erkrankungen grundsätzlich zu wenig abgefragt werde.

Abb 1a-c: Differentialdiagnostik. (v.l.n.r.) GPP, AGEP und Psoriasis cum pustulatione.

GPP muss schnell erkannt und behandelt werden

Bei der GPP kann die Ausprägung der einzelnen klinischen Merkmale allerdings unterschiedlich sein und die konkrete Manifestation der Schübe kann von Patient*in zu Patient*in und auch von Schub zu Schub variieren. [7] Dies spiegelt sich auch in der Definition des European Rare and Severe Psoriasis Expert Networks (ERASPEN) wider, das die GPP anhand der folgenden Kriterien definierte:

  • primäre, sterile, makroskopisch sichtbare Pusteln auf nichtakraler Haut, die
  • mit oder ohne systemische Entzündung,
  • mit oder ohne Psoriasis vulgaris und
  • entweder rezidivierend
    (> 1 Schub) oder persistierend (> 3 Monate) sind. [1]

Auch Labortests (z.B. Leukozytenzahl, CRP-Wert, Immunglobulin(Ig) G- oder IgA-Spiegel) sind erforderlich, um den Schweregrad und potenzielle Komplikationen der Krankheit zu bestimmen. [8] Genetische Analysen zeigten außerdem, dass bei etwa der Hälfte der GPP-Patient*innen eine Genmutation vorlag, die den bei der GPP fehlregulierten IL-36- Signalweg betrifft. [7]

Prinz erklärte, dass die GPP zwar vor 112 Jahren zum ersten Mal beschrieben worden sei, es aber in den meisten Ländern noch immer keine für die GPP zugelassene Therapie gebe. Die Experten erklärten einvernehmlich, dass sich dieser Zustand möglichst schnell ändern sollte, da bei der chronisch-rezidivierenden GPP der Faktor Zeit in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle spiele. Vor allem bei schweren GPP-Schüben ist es entscheidend, frühzeitig eine geeignete Therapie einzuleiten. Primär geht es darum, die Patient*innen schnell von ihren Symptomen zu befreien, aber auch der Gefahr sekundärer Infektionen sollte durch eine frühzeitige stationäre Aufnahme und eine rasche Maßnahmeneinleitung begegnet werden.

Augustin betonte abschließend: „Wer eine GPP einmal gesehen hat, wird sie nicht mehr vergessen. Die Patient*innen haben einen stark reduzierten Allgemeinzustand und sind oft schwer krank.“

Weiterführende Informationen zur Generalisierten Pustulösen Psoriasis finden sich unter: www.gpp-diagnose.de

Quelle: Symposium „GPP – die große Unbekannte: verstehen, erkennen und behandeln“ im Rahmen der 28. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie,14. Juli 2022, München; Veranstalter: Boehringer Ingelheim

Literatur

1. Navarini AA, et al. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2017;31(11):1792–1799.

2. Reisner DV, et al. Am J Clin Dermatol. 2022;23(Suppl 1):65–71.

3. Reich K, et al. J Dtsch Dermatol Ges. 2022; 20(6):753–771.

4. Furue K, et al. Acta Derm Venereol. 2018; 98(1):5–13.

5. von Zumbusch LR. Archiv für Dermatologie und Syphilis. 1909;99(1):335–346.

6. WHO Global report on psoriasis, 26 October 2016.

7. Bachelez H. Br J Dermatol. 2018;178(3):614– 618.

8. Ly K, et al. Psoriasis (Auckl). 2019;9:37–42.