DISKURS Dermatologie

Mit aufgerüsteten Immunzellen gegen die chronische Entzündung

Durchbruch bei der Lupus-Behandlung?

Der Systemische Lupus Erythematodes ist eine potenziell lebensbedrohliche Autoimmunerkrankung. Er zählt zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, bei denen das Immunsystem gesundes körpereigenes Gewebe angreift. In der Folge kommt es zu Entzündungen und letztlich zur Schädigung von Organen. Im Falle des SLE kann sich die Autoimmun- reaktion im ganzen Körper manifestieren. Besonders häufig sind die Haut, die Nieren und die Gelenke betroffen. Auch ein allgemeines Krankheitsgefühl sowie Abgeschlagenheit (Fatigue) zählen zu den häufigen Symptomen eines SLE. Die Krankheit verläuft meist in Schüben, kann in seltenen Fällen aber auch dauerhaft aktiv sein. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer, der Krankheitsbeginn liegt überwiegend im jüngeren Erwachsenenalter zwischen 20 und 30 Jahren.

CAR-T-Zellen zählen seit einigen Jahren zu den Hoffnungsträgern in der Krebsmedizin. Am Universitätsklinikum Erlangen sind sehr erfolg- reich erstmals auch Patientinnen und Patienten mit schwerem Systemischem Lupus Erythematodes (SLE) mit den Immunzellen behandelt worden. Neue, wirksame Behandlungsoptionen für die mitunter schwer zu therapierende entzündlich-rheumatische Autoimmunerkrankung würden dringend gebraucht, so die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh). Wenn sich die ersten Erfolge auch bei größeren Patient*innenkollektiven bestätigten, komme dies einer Revolution der SLE-Therapie gleich. Die Forscher publizierten die Ergebnisse in der Fachzeitschrift Nature Medicine. [1]

Individuell, aufwändig und – noch – sehr teuer

CAR-T-Zellen müssen für jeden Patienten „maßgeschneidert“ werden. Mit den gentechnisch veränderten Immunzellen therapierten Ärzte bisher vor allem Krebsleiden wie B-Zell-Leukämien und -Lymphome, die zuvor nur schwer behandelbar waren. Zunächst isolieren sie dafür körpereigene T-Zellen aus dem Blut der Patient*innen. Im Labor werden diese dann gentechnologisch so verändert, dass sie die namensgebenden „Chimären Antigen-Rezeptoren“ (CAR) auf ihrer Oberfläche ausbilden. „Solche Rezeptoren können nahezu beliebig viele Zielstrukturen, zum Beispiel Eiweiße, auf anderen Zellen erkennen und dann eine Immunreaktion auslösen“, erläutert Prof. Dr. Georg Schett, Direktor der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie – am Uniklinikum Erlangen und einer der federführenden Autoren der Nature-Medicine-Studie. Für die Therapie der B-Zell-Leukämien wurde das für B-Zellen charakteristische Oberflächeneiweiß CD19 als Ziel ausgewählt. Weil auch der SLE mit einer gesteigerten B- Zell-Aktivität einhergehe, lag es nahe, dieselbe genetische Modifikation der CAR-T-Zellen auch hierfür einzusetzen. Die so modifizierten CAR- T-Zellen erhalten die Patient*innen über eine Infusion. Zuvor erfolgt, bei SLE ebenso wie bei Leukämie, eine Chemotherapie. Sie hemmt die Aktivität des körpereigene Immunsystems, um die spätere Arbeit der CAR-T-Zellen zu erleichtern.

Abb. 1: Ablauf einer CAR-T-Zelltherapie bei schwerem Systemischem Lupus Erythematodes.

Nach vielversprechenden Vorversuchen an Mäusen bewährten sich die Design-Zellen auch bei den fünf Erlanger Patient*innen. Vier Frauen und ein Mann erhielten als weltweit erste von SLE Betroffene eine CAR-T-Zelltherapie. Die zuvor hohe Krankheitsaktivität, die bereits die Nieren in Mitleidenschaft gezogen hatte, ging durch die Therapie drastisch zurück. „Sowohl die krankheitstypischen Antikörper als auch Symptome wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit nahmen stark ab, zugleich besserte sich die Nierenfunktion deutlich“, berichtet Studienleiter Schett. Besonders beeindruckend: Noch Monate nach der einmaligen CAR-T-Zell-Infusion konnten die Patientinnen und Patienten auf ihre zuvor eingenommenen Medikamente verzichten, der SLE kehrte dennoch nicht wieder zurück.

„Die neue Therapie scheint wie ein Reset-Knopf zu wirken, der dem entgleisten Immunsystem einen Neustart ermöglicht“, sagt Prof. Dr. Christof Specker, Präsident der DGRh und Direktor der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie an den Kliniken Essen-Mitte. Mit großen Erwartungen werde nun verfolgt, wie die Therapie sich in größeren Patient*innenkollektiven bewähre – und wie es den zuerst Behandelten weiter ergehe. Ob man von einer dauerhaften Heilung eines SLE durch eine solche Therapie sprechen kann, müsse trotz der vielversprechenden Ergebnisse noch abgewartet werden. Die Nachbeobachtungszeit der ersten so behandelten Patient*innen beträgt bislang erst 13 bis 23 Monate.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.

Literatur

1. Mackensen, A., Müller, F., Mougiakakos, D. et al. Anti-CD19 CAR T cell therapy for refractory systemic lupus erythematosus. Nat Med 28, 2124–2132 (2022). https://doi. org/10.1038/s41591-022-02017-5