Neue Therapieoptionen bei Akne und Rosazea
Dr. A. Häckel
Bisherige Retinsäurerezeptor-(RAR)-Agonisten zur Aknetherapie sind entweder nicht selektiv oder wirken als duale Agonisten auf verschiedene RAR-Subtypen. Mit dem neuen Retinoid Trifaroten ist jetzt erstmals ein neues Retinoid zugelassen, das selektiv für den gamma-Retinsäurerezeptor (RAR-gamma) ist, berichtete Prof. Martin Schaller (Tübingen) bei einer Plenarsitzung im Rahmen der diesjährigen 28. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie & Venerologie (FOBI 2022).
Dieser in der Haut häufigste Retinsäurerezeptor-Subtyp reguliert Gene, welche die Keratinozytendifferenzierung steuern. Trifaroten hat darüber hinaus einen stark antientzündlichen Effekt. Es wirkt damit da, wo die Akne ist, und ist zwar in humanen Keratinozyten über mehr als 24 Stunden aktiv, lässt aufgrund der kurzen Plasmahalbwertzeit von wenigen Minuten aber keine Akkumulation erwarten. So ist während der Anwendung auch keine hormonelle Kontrazeption bei Frauen erforderlich. Indiziert ist Trifaroten bei Gesichtsakne und Stammakne. In einer aktuellen Studie [1] waren 67% der Patienten mit Stammakne zu Woche 52 erscheinungsfrei, im Gesicht waren es 65%.
Zur Rosazea gibt es eine neue S2k-Leitlinie [2], die unter Einbezug von Augenärzten erstellt wurde. Neu ist, dass die bisherige Klassifikation der Rosazea nach Subtypen (Wilkin 2000) verlassen wurde. Die meisten Patient*innen passen in dieses Schema nicht hinein, meist besteht ein Overlap zwischen verschiedenen Formen und Schweregraden, so Schaller. Nunmehr werden daher klinische Zeichen der Rosazea wie transientes oder persistierendes Erythem, Teleangiektasien, okuläre Symptome oder Flush definiert und danach die Therapie ausgerichtet. Kritisch wurde allerdings bereits angemerkt, dassdie mangelnde Betonung der Lasertherapie bei Krankenkassen teils zur Ablehnung der Erstattung geführt hat.
Neue Medikamente wurden in Deutschland seit 2015 – nach Iver- mectin – nicht verfügbar, in den USA dagegen gibt es sowohl einen topischen Azelainsäure-haltigen Schaum als auch mikroverkapseltes BPO und Oxymetazolin. Beide letztgenannten Präparate werden allerdings nach Schallers Vermutung in Deutschland nicht als Alternative zum Brimonidin zugelassen werden
Hoffnungen werden dafür in das kaum resorbierbare orale Anti- biotikum Rifaximin gesetzt, zu dem es bereits mehrere Studien gibt. So lieferte etwa eine multizentrische, doppelblinde, placebokontrollierte und randomisierte Studie [3] bei mittelschwerer bis schwerer papulopustulöser Rosazea und positivem Lactulose-Atemtest überraschend positive Resultate. Bereits nach 14 Tagen Behandlung führte Rifaximin über 10 Tage (4x 300 mg/d) bei über 50% der Patienten entweder zu einer kompletten Abheilung oder einer deutlichen Verbesserung der Rosazea, die auch bis zu drei Jahreanhielt. Weitere Studien [4,5] lieferten ähnlich positive Daten. Basis der Therapie ist der Befund, dass bei einem großen Teil der Rosazea-Patient*innen eine bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms (SIBO) – mit Lactulosetest nachweisbar – besteht. Wird die SIBO erfolgreich behandelt, verschwindet offenbar auch die Rosazea. Umgekehrt war bei einem Rosazea-Rezidiv auch die SIBO wieder nachweisbar. Nach Schallers Überzeugung ist dank der bemerkens- wert schnellen und langanhaltenden Besserung der Rosazea und des günstigen Verträglichkeitsprofils diese Behandlung jedenfalls einen Versuch wert, wenngleich die Kosten einer solchen Therapie von ca. 140 Euro vermutlich nicht erstattungsfähig sind.
Quelle: Plenarsitzung „Entzündliche Hauterkrankungen“ im Rahmen der 28. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie (FOBI), 15. Juli 2022, München
Literatur
1. Blume-Peytavi et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2020
2. Schaller et al., Br J Dermatol 2020
3. Weinstock und Steinhoff, J Am Acad Dermatol 2013
4. Parodi et al., Clin Gastroenterol Hepatol 2008
5. Drago et al., J Am Acad Dermatol 2016