Acne inversa: Je später die Diagnose, desto schwerer die Erkrankung
Acne inversa (AI, auch Hidradenitis suppurativa genannt) wird in Deutschland häufig mit großer Verzögerung diagnostiziert: Dies zeigt nun erstmals eine aktuelle Studie. [1] Der Diagnoseverzug von durchschnittlich 10 Jahren (± 9,6) hatte einen höheren Schweregrad der AI bei Diagnose zur Folge und war mit weiteren Faktoren wie beispielsweise einer erhöhten Anzahl von chirurgisch versorgten Körperstellen und mit einer erhöhten Beeinträchtigung des Arbeitslebens Betroffener verbunden.
Laut den Autoren ist die PIRANHAStudie zudem die erste Studie, die zeigt, dass die verspätete Diagnose einer chronisch-entzündlichen Erkrankung zu einer erhöhten Anzahl an systemischen Begleiterkrankungen führte. [1] „Eine frühzeitige AI-Diagnose ist enorm wichtig. Der Diagnoseverzug von bis 10 Jahren kann für Betroffene katastrophal sein. Nicht nur die Hautsymptomatik verschlechtert sich, es kommt auch zu einer erhöhten Anzahl von Begleiterkrankungen und zu starken beruflichen Einschränkungen. Durch eine frühe Behandlung können wir das verhindern“, so Dr. Georgios Kokolakis, Charité Berlin.
Die 394 eingeschlossenen erwachsenen AI-Patienten waren im Mittel 39,2 Jahre alt. 53,3% waren Frauen. Erste Symptome traten im Schnitt mit 24,6 Jahren auf, das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung betrug 34,6 Jahre: Somit vergingen von den ersten Symptomen durchschnittlich 10 Jahre bis zur AI-Diagnose. [1] Dies ist besonders bedeutend vor dem Hintergrund der starken Schmerzen, die häufig mit der Erkrankung einhergehen können. [2] Die mittlere Erkrankungsdauer im untersuchten Patientenkollektiv betrug 14,6 Jahre. [1]
Verzögerte Diagnose geht mit Krankheitsprogression einher
Die Länge des Diagnoseverzugs korrelierte positiv mit dem Schweregrad der AI zum Diagnosezeitpunkt (rS = 0,212, p < 0,0001). Patienten mit einem langen Zeitraum bis zur Diagnose hatten einen signifikant größeren Schweregrad (Hurley Stage) als Patienten mit einer früheren Diagnose. Verglichen wurden Patienten mit einem Verzug von ´ 15 Jahren, Patienten mit einem Verzug von > 2 und < 15 Jahren und Patienten mit einem Verzug von 2 Jahren. Auch hinsichtlich chirurgischer Eingriffe war die Patientengruppe mit dem größten Verzug (´ 15 Jahre) am stärksten betroffen: Etwa 90% dieser Patienten hatten sich bereits einer Operation unterzogen, im Vergleich zu etwa 70% in der Gruppe mit dem geringsten Verzug ( 2 Jahre). Außerdem war die Anzahl der operierten Körperstellen in der Gruppe 15 Jahre größer als bei früherer Diagnose. Patienten mit längerer Verzögerung bei der AI-Diagnose berichteten zudem häufiger von einer Arbeitsunfähigkeit als Patienten mit kürzerer Verzögerung. Darüber hinaus nahm mit dem Diagnoseverzug die Zahl der Tage signifikant zu, an denen die Patienten aufgrund von AI arbeitsunfähig waren. [1]
Erhöhte Rate an Begleiterkrankungen
In der Studie war die Länge des Diagnoseverzugs positiv mit der Anzahl der Begleiterkrankungen korreliert (rS = 0,209, p < 0,0001). Die größte Differenz in den untersuchten Gruppen zeigte sich bei muskuloskelettalen Erkrankungen (25,3 vs. 41,4%, p < 0,016) und psychischen Beeinträchtigungen (11,1 vs. 25,3%, p < 0,01). [1]
Acne inversa ist behandelbar
Durch die verzögerte Therapie wird den Patienten eine frühe antientzündliche Behandlung vorenthalten, die einen möglichen destruktiven Verlauf der Erkrankung verhindern könnte. Der systemische Charakter der AI unterstreicht die Bedeutung einer frühen Therapie. Eine antientzündliche Therapie, etwa mit dem TNFInhibitor Adalimumab (Humira®), ist eine Therapieoption: Seit 2015 steht mit Adalimumab die erste zugelassene systemische Therapie zur Behandlung von Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer aktiver Acne inversa zur Verfügung. [3] Real-World-Daten zeigen, dass AI-Patienten unter Adalimumab von einer signifikanten Verbesserung der Arbeitsproduktivität profitierten. So war die Beeinträchtigung der Arbeitsproduktivität in Woche 52 um etwa 40% geringer als zu Baseline (45,99 vs. 27,44 im WPAI-HS: Total Work Productivity Impairment- Hidradenitis Suppurativa, n = 72).
Quelle: AbbVie
Literatur
- Kokolakis G et al. Delayed Diagnosis of Hidradenitis Suppurativa and Its Effect on Patients and Healthcare System. Dermatology (Basel) 2020; 236(5):421–30.
- Horváth B et al. Pain management in patients with hidradenitis suppurativa. J. Am. Acad. Dermatol. 2015; 73(5 Suppl 1):S47-51.
- Aktuelle Fachinformation Humiraw.