Die Beziehung zwischen Mikrobiom und Akne
Wie ist der Zusammenhang zwischen Akne und dem Mikrobiom auf der Haut? Wer ist hier der „Übeltäter“ und was kann man tun, um diesen loszuwerden? Prof. Dr. Brigitte Dréno, Leiterin der Abteilung für Dermatologie an der Universität Nantes in Frankreich, stellte bei einem Symposium im Rahmen des 32. EADV-Kongresses in Berlin die Wichtigkeit der Berücksichtigung des Mikrobioms bei Akne-Erkrankten heraus.
Das Mikrobiom stelle eine der wichtigsten Barrieren zur Außenwelt dar, gemeinsam mit den physikalischen und chemischen Barrieren sowie den Immunbarrieren. Als erste Barriere trage die mikrobiotische Barriere zur Differenzierung sowie Epithelisierung der Hautbarriere durch den Signaltransferfaktor Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor (AHR) bei. Außerdem werde die chemische Barriere der Haut stark gefördert, indem die Bakterien Lipasen produzieren, die dafür Sorge tragen, dass freie Fettsäuren entstehen, um die Besiedelung der Haut durch pathogene Bakterien zu unterbinden. Zusätzlich werde das angeborene und erworbene Immunsystem moduliert, sodass entweder antimikrobielle Peptide (AMP) direkt oder durch die Aktivierung der Sekretion durch Hautzellen eingeschaltet werden. Aus diesen Gründen würde daher auch von einer „zweiten Haut“ gesprochen werden.
Im Normalfall, d.h. wenn die Hautbarriere nicht beschädigt ist, gelinge es der Barriere, pathogene Mikroorganismen (MO) von einer Infektion abzuhalten. Ist die Barriere jedoch beschädigt, beispielsweise durch Akne, einer Barrieremangelstörung, so erhalte ein pathogener MO leichten Zugang zu den unteren Hautschichten. Eine Änderung der Hautbarriere induziere dann eine sogenannte Dysbiose, die eine Verschiebung der MO-Community zur Folge habe. Dadurch entstehe eine Aktivierung des angeborenen Immunsystems und auch die Penetration der Haut durch Pathogene werde erleichtert. Die Dysbiose werde mit einem Verlust der MO-Diversität von Cutibacterium-acnes-Phylotypen in Verbindung gebracht; von diesen Phylotypen seien sechs bekannt (IA1, IA2, IB, IC, II, III).
Eine dazu veröffentlichte Studie in 2019, bei der gesunde sowie an Akne leidende Patient*innen verglichen wurden (Parameter: Gesicht und Rücken), zeigte, dass bei Akne-Patient*innen die Häufigkeit des Phylotyps IA1 deutlich erhöht war im Vergleich zu gesunden Proband*innen, bei denen keine Verschiebung des Mikrobioms erfolgte. [1] Interessant sei außerdem, dass keine Unterschiede in den Ergebnissen zwischen Teenagern und Erwachsenen feststellbar gewesen seien. Eine Aufrechterhaltung der Balance verschiedener MO, so das Fazit von Dréno bzgl. der Studienergebnisse, sei demzufolge das oberste Gebot bei der Behandlung von Akne.
Das Bakterium Cutibacterium acnes sei aber, so Dréno weiter, nicht das Einzige, das in Zusammenhang mit Akne gebracht wird. In der Literatur verhärte sich nun der Verdacht, dass auch Staphylococcus epidermis und Staphylococcus pyogenes mitverantwortlich für die Ausbreitung der Akne sind. [2] Die beiden Bakterien sollen die Sekretion von Adenosinmonophosphat (AMP) induzieren und Propionsäure herstellen. Zudem inhibiere S. epidermis die Verbreitung von C. acnes, indem das Bakterium Succinylsäure produziere. Auch die weniger häufig publizierten gramnegativen Bakterien und Pilze seien im Verlauf von schwerer Akne maßgeblich beteiligt. Deshalb betonte Dréno, dass die Veränderung in der MO-Zusammensetzung zu einer signifikanten Veränderung im Metabolom des Hautmikrobioms führe. Modifikationen im Metabolismus von Schlüsselsubstanzen wie Fetten, Vitaminen und Aminosäuren stören so die Haut der Patient*innen.
Aber nicht nur verschiedene MO-Zusammensetzungen führen zu einer Akne-Entwicklung, sondern sogar kleine Genveränderungen bei C. acne beeinflussen den Krankheitsverlauf. So haben amerikanische Wissenschaftler*innen in einer Studie das Expressionsprofil von C.-acne-Stämmen untersucht, wobei festgestellt wurde, dass mit Akne in Verbindung gebrachte C.-acne-Stämme Virulenzgene tragen, die für eine vermehrte Produktion von Porphyrin, Entzündungsfaktoren, reaktivem Sauerstoff, Zytokinen, Lipasen und CAMPs in Keratinozyten sorgten. [3] Zwei Jahre später zeigte eine weitere Studie den winzigen, aber umso wichtigeren Unterschied in der Expression von Virulenzgenen in C. acnes, die auf Aknetalg zurückzuführen sei. [4] Dieser gehe auf eine unterschiedliche Aktivierung des Th1/Th17-Wegs zurück, der dazu führe, dass Sebozyten entweder IFNg (Akne-Entwicklung) oder IL-10 (keine Akne) herstellen. [5]
Leider reichen die Interleukine 10 und 17 nicht aus, um Akne vollumfänglich behandeln zu können, weshalb Dréno andere Wege zur Behandlung beschrieb. Eine Strategie beinhaltet dabei die Verwendung von essenziellen Ölen oder Ölextrakten von Pflanzen gemeinsam mit der Massage über einen Dermaroller. Eine andere Strategie sei die Anwendung äußerlicher Antikörper, die einen Selektionsdruck induziere, wodurch eine Proliferation resistenter Stämme entstehen könne. Nicotinamide, die wasserlösliche Form von Vitamin B3, werde seit über 50 Jahren zur Behandlung angewendet und können vielversprechend sein, da sie Lipide regulieren und das Mikrobiom der Haut aufrechterhalten. Isotretionin hingegen modifiziere das Mikrobiom und führe dazu, dass die Häufigkeit des C. acnes auf der Haut abnehme. Bei einer schlechten Hauthygiene, d.h. ohne Pflege mittels pH-5-Lotionen, sei jedoch ein Anstieg an S.-aureus-Kolonien feststellbar. Im Vergleich dazu habe sich die photodynamische Therapie (PDT) als erfolgreichere Behandlung herausgestellt, da sich das Hautmikrobiom signifikant nach drei Wochen änderte (Abnahme der S.-epidermis- und S.-aureus-Stämme).
Auch weitere Behandlungsmethoden wurden getestet: Benzoyleperoxid beispielsweise führte zu einer Reduktion der Anzahl sowie der Diversität bakterieller Stämme. Minocylin (systemisches Antibiotikum) reduzierte das C. acnes Vorkommen und führte zu einer Erhöhung des AMPs in der Haut. Doxycyclin (ein systemisches Antibiotikum) sorgte ebenfalls für eine Reduktion des C.-acnes-Vorkommens. Ein Medium-Peeling mit 30%iger Salicylsäure führte zu einer Abnahme der Diversität des kutanen Mikrobioms und induzierte eine Dysbiose.
Dréno beschrieb die folgenden Anwendungen der Bakteriotherapie als vielversprechend:
• Vakzination (als Injektion von CAMP-Faktor-Vakzinen in Akne-läsionen).
• Bakteriophagen (zur spezifischen Behandlung von resistenten C.-acnes-Stämmen).
• Probiotics/Prebiotics (zur Korrektur von Dysbiosen).
• Postbiotics (zur Verwendung bei antimikrobiellen Peptiden).
Zusammenfassend zeigte Dréno, dass das Hautmikrobiom eine zentrale Rolle in der Entzündungsentwicklung von Akne spielt. Wichtig dabei sei die Dysbiose, die durch einen Verlust der Vielseitigkeit bei den C.-acnes-Phylotypen charakterisiert und auf die Verschiebung des Mikrobioms zum C.-acnes-IA1-Phylotypen zurückzuführen sei. Die Dysbiose werde auch mit der Modifikation von Metabolismusprozessen auf der Haut assoziiert. Des Weiteren spiele ein zusätzlicher kommensal-lebender MO, S. epidermis, eine wesentliche Rolle bei der Verschlimmerung von Akne. Generell arbeite das Hautmikrobiom mit dem Darmmikrobiom zusammen. Abgesehen von Faktoren auf der Haut
dürfe man zudem nicht die Talgdrüse unterhalb der Haut vergessen, die mit dem C.-acnes-Bakterium interagiere und ein Virulenzprofil des Bakteriums darstelle. Für eine Behandlung sollte immer berücksichtigt werden, dass Aknemedikamente eine Dysbiose induzieren können und dementsprechend die Hautbehandlung mittels Skinroutinen und Cremes stets genau und adaptiv gewählt werden müsse.
Literatur
1. Grice EA, Segre JA. The skin microbiome. Nat Rev Microbiol. 2011 Apr;9(4):244-53. doi: 10.1038/nrmicro2537. Erratum in: Nat Rev Microbiol. 2011 Aug;9(8):626. PMID: 21407241; PMCID: PMC3535073.
2. Dagnelie MA, Montassier E, Khammari A, Mounier C, Corvec S, Dréno B. Inflammatory skin is associated with changes in the skin microbiota composition on the back of severe acne patients. Exp Dermatol. 2019 Aug;28(8):961-967. doi: 10.1111/exd.13988. Epub 2019 Jul 3. PMID: 31173650.
3. Johnson T, Kang D, Barnard E, Li H. Strain-Level Differences in Porphyrin Production and Regulation in Propionibacterium acnes Elucidate Disease Associations. mSphere. 2016 Feb 10;1(1):e00023-15. doi: 10.1128/mSphere.00023-15. PMID: 27303708; PMCID: PMC4863617.
4. Borrel V, Gannesen AV, Barreau M, Gaviard C, Duclairoir-Poc C, Hardouin J, Konto-Ghiorghi Y, Lefeuvre L, Feuilloley MGJ. Adaptation of acneic and non acneic strains of Cutibacterium acnes to sebum-like environment. Microbiologyopen. 2019 Sep;8(9):e00841. doi: 10.1002/mbo3.841. Epub 2019 Apr 4. PMID: 30950214; PMCID: PMC6741132.
5. Agak GW, Kao S, Ouyang K, Qin M, Moon D, Butt A, Kim J. Phenotype and Antimicrobial Activity of Th17 Cells Induced by Propionibacterium acnes Strains Associated with Healthy and Acne Skin. J Invest Dermatol. 2018 Feb;138(2):316-324. doi: 10.1016/j. jid.2017.07.842. Epub 2017 Aug 31. PMID: 28864077; PMCID: PMC5794628.