„Es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich man aktinische Keratosen behandeln kann“
Interview mit Prof. Dr. med. Eggert Stockfleth (Bochum)
Prof. Dr. med. Eggert Stockfleth ist als Direktor der Universitäts-Hautklinik am St. Josef-Hospital in Bochum einer der renommiertesten Experten in Deutschland, was die Behandlung von Hautkrebs und dessen Vorstufen betrifft. Wir sprachen mit Prof. Stockfleth anlässlich der diesjährigen 21. DERM-Fachtagung in Frankenthal über den Status Quo sowie vielver- sprechende Zukunftsperspektiven auf seinem Fachgebiet.
Herr Prof. Stockfleth, was schätzen Sie an der Tagung DERM besonders? Wie hebt sie sich von anderen dermatologischen Kongressen ab?
Prof. Stockfleth: Ehrlich gesagt fängt das immer schon mit der Anfahrt an. Beim ersten Mal fragt man sich noch: Frankenthal, „was“ – bzw. wo – ist das eigentlich? Und dann lernt man ganz schnell, dass dieser relativ kleine Ort sehr gut über Mannheim mit der Bahn zu erreichen ist. Einmal angekommen, ist es jedes Jahr wie ein großes Fa- milientreffen. Man begegnet sich da einfach, irgendwie sind gefühlt alle da. Das Programm hat wirklich für jeden etwas. Die Redner sind höchst kompetent und Herr Professor Fritz mit seinem Team gibt sich die größte Mühe, dass es allen gut geht.
Welche Neuigkeiten gibt es in der Behandlung von aktinischen Keratosen (AK)?
Prof. Stockfleth: Es gibt immer wieder neue therapeu- tische Ansätze. Herr PD Lutz Schmitz aus Wuppertal/Bochum hat einen sehr interessanten Übersichtsvortrag gehalten. Es gibt die unterschied- lichsten lokalen Therapieansätze.
Sie unterscheiden sich vor allem in der Substanzgruppe, Wirkmechanismus und Behandlungsdauer. Wer hätte einmal gedacht, dass die lokale Anwendung von grünem Tee (Polyphenone) erfolgreich gegen aktinische Keratosen wirkt?! Aber auch altbewährte Präparate – wie 5-FU in einer optimierten 4%igen Konzentration und neuen Grundlage – erweitern das therapeutische Spektrum in der nahen Zukunft entscheidend.
Wo sehen Sie derzeit noch Forschungsbedarf im Bereich AK?
Prof. Stockfleth: Es gibt ca. 5 Millionen Patienten in Deutschland. Bei dieser sehr großen Anzahl von Patienten – Stichwort: Volkskrankheit – stellt sich natürlich die Frage, welcher Patient besonders gefährdet ist, ein invasives Plattenepithelkarzinom zu entwickeln. Hier Frühmarker zu identifizieren, wäre eine große Hilfe, um differenzieren zu können, welcher Patient besonders beobachtet werden muss und welche Patienten vielleicht nur alle 2 Jahre zur Hautärztin bzw. zum Hautarzt gehen müssen.
Spielt künstliche Intelligenz zur diagnostischen Beurteilung von AK schon eine Rolle in der dermatologischen Praxis?
Prof. Stockfleth: Flächendeckend bisher sicher noch nicht, das wird aber kommen. Es gibt erste Studien beim Erkennen des malignen Melanoms. Hier zeigt sich, dass ein in sich lernendes System (KI) mit zehntausenden von erhobenen Patientendaten eine deutliche Bereicherung zur Früherkennung von Hauttumoren für die Dermatologin bzw. den Dermatologen darstellt.
Woran wird bzgl. AK im Rahmen von klinischen Studien gerade geforscht? An welchen Studien ist Ihre Arbeitsgruppe beteiligt?
Prof. Stockfleth: Es werden zeitnah neue Präparate auf dem Markt kommen. Es ist sehr spannend zu sehen, wie unterschiedlich man die aktinische Keratose behandeln kann. Hier spielen natürlich op- timierte Behandlungsmöglichkeiten eine große Rolle, die dazu führen sollten, dass mehr Patienten erfolgreich behandelt werden. Hierzu werden zahlreiche Studien bei uns an der Universitätshautklinik in Bochum durchgeführt.
Was ist in naher oder vielleicht auch mittlerer Zukunft allgemein im Bereich Hautkrebs zu erwarten? Woran wird aktuell geforscht und sind weitere Durchbrüche zu erwarten?
Prof. Stockfleth: Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Entwicklungen im Bereich neuer und besserer Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren ja bereits sprunghaft gestiegen sind. Dass metastasierte, weit fortgeschrittene Melanome, Plattenepithelkarzinome und Basalzellkarzinome mittlerweile auch systemisch, zielgerichtet und immunologisch erfolgreich behandelt werden können, hätten wir uns noch vor ein paar Jahren nicht träumen lassen. Zu Recht wurden die Entdecker der Checkpoint-Inhibition mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Es wäre insofern vielleicht ein wenig vermessen, zeitnah direkt weitere „Durchbrüche“ zu erwarten, aber zu hoffen bleibt es selbstverständlich. Und die Forschung wird mit ihren Bemühungen gewiss nicht nachlassen!
Was wäre in diesem Jahr anlässlich der DERM Ihre wichtigste Botschaft an Ihre Kolleginnen und Kollegen?
Prof. Stockfleth: Bleibt weiterhin so interessiert an unserem so schönen Fach. Nutzt die Breite unseres Faches aus und versucht hier, auf dem neuesten therapeutischen, aber auch wis- senschaftlichen Stand zu bleiben. DERM 23 hat uns diese Möglichkeit wieder geboten, zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten.
Sehr geehrter Herr Prof. Stockfleth, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Dr. Ch. Willen.