Aktinische Keratose

Neueste Erkenntnisse zur Photodynamischen Therapie

Angesichts neuer Entwicklungen auf dem Gebiet der Photodynamischen Therapie (PDT) und der Klassifikation von aktinischen Keratosen (AK) fand Anfang März eine zweitägige Fortbildungsveranstaltung im virtuellen Format statt, an der Dermatologen aus ganz Deutschland teilgenommen haben. Mit dabei waren hochkarätige Experten aus Forschung und Praxis, die in ihren Vorträgen ein breites Themenspektrum abdeckten: von neuen Informationen über histologische Klassifikationen der AK und aktuellen Studiendaten zur PDT bis hin zu experimentellen Anwendungsgebieten dieser Behandlungsform. Abgerundet wurden die Vorträge durch eine starke interaktive Komponente der Veranstaltung – mittels einer Chatfunktion konnten sich die zahlreichen Teilnehmer direkt an die Referenten wenden und Antworten auf offene Fragen erhalten.

Neue Daten zur Validität der PRO-Klassifikation

In einer aktuellen Studie [1] wurde ein neues Klassifikationssystem für AK entwickelt, das deren variable basale Proliferationsmuster berücksichtigt: In Abhängigkeit von der Tiefenausdehnung der AK werden die Läsionen in drei Kategorien
(PRO I – PRO III) eingeteilt, von denen die letzte Kategorie durch das am stärksten ausgeprägte basale Wachstum charakterisiert ist. In einer jüngeren Studie wurde nun die Interrater-Reliabilität der PRO- Klassifikation und der histologischen AK-Klassifizierung nach Röwer-Hubert evaluiert. [2] Dazu wurden histologische Bilder von 54 AK im Rahmen einer Online-Befragung von 21 unabhängigen Dermatopathologen in Bezug auf den histologischen Grad und die basalen Proliferationsmuster klassifiziert. Das Ergebnis: Es wurde eine hochsignifikante Interrater-Reliabilität für die PRO-Klassifikation (p < 0,001) beobachtet, die höher war als für die AK-Einstufung nach Röwert-Huber (Kendallscher Konkordanzkoeffizient: AK-Einstufung
= 0,488 vs. PRO-Klassifikation = 0,793). Zudem gab es eine erhebliche Übereinstimmung für das von den Dermatopathologen angenommene Progressionsrisiko für AK mit zunehmender basaler Proliferation (k = 0,759), verglichen mit mäßiger Übereinstimmung (k = 0,563) für verschiedene AK-Grade.

Phase-III-Studie bestätigt die Wirksamkeit der PDT mit BF-200 ALA auch an Extremitäten, Rumpf und Nacken

Anfang vergangenen Jahres wurde 5-Aminolävulinsäure (ALA) in Nanoemulsion (BF-200 ALA, Ameluz®)
im Rahmen der konventionellen Rotlicht-PDT für die Behandlung von AK im Bereich des Rumpfs, Nackens und der Extremitäten zugelassen. Diese Zulassungserweiterung beruhte dabei auf den Ergebnissen einer randomisierten, doppelblinden, intra-individuellen Phase-III-Studie, die in sechs Prüfzentren in Deutschland durchgeführt wurde. [3] Eingeschlossen waren 50 Patienten, die jeweils vier bis zehn klinisch bestätigte AK-Läsionen in vergleichbaren Bereichen jeweils auf der rechten und linken Seite der Extremitäten und/ oder des Rumpfs/Nackens aufwiesen. Die Patienten wurden auf einer zufällig ausgewählten Körperhälfte mit Ameluz® behandelt, während die andere Hälfte mit Placebo behandelt wurde. [3] Drei Stunden nach der Arzneimittelapplikation wurden die Behandlungsflächen für zehn Minuten mit einer BF-Rhodo- LED®-Lampe belichtet (Spektrum um 635 nm, Lichtdosis: 37 J/cm2). Nach drei Monaten erfolgte eine Nachuntersuchung: verbliebene Läsionen wurden im Rahmen einer zweiten PDT behandelt. Hinsichtlich der durchschnittlichen läsionsbezogenen Gesamtabheilungsrate pro Patientenseite zwölf Wochen nach der letzten PDT zeigte BF-200 ALA eine Überlegenheit gegenüber Placebo (86,0% für BF-200 ALA versus 32,9% für Placebo). [3,4] 12 Monate nach der letzten PDT betrug die läsionsbezogene Rezidivrate unter BF-200 ALA 14,1% im Vergleich zu 27,4% unter Placebo.

Schmerzmanagement bei der konventionellen PDT

Die konventionelle PDT mit Rotlicht kann teilweise mit erheblichen Schmerzen für die Patienten verbunden sein. Obwohl die Schmerzen meist in den ersten Minuten der Behandlung auftreten und anschließend abklingen, können sie die Patientenzufriedenheit negativ beeinflussen und die Therapieadhärenz beeinträchtigen. Die auftretenden Schmerzen während der Behandlung sind dabei individuell und im Vorfeld schwer einzuschätzen. Es wurden bereits einige Faktoren beschrieben, anhand derer der Grad der Behandlungsschmerzen vorhergesagt werden kann: Dazu zählen unter anderem die Größe der zu behandelnden Läsionen bzw. des Behandlungsareals [5,6], die Art und Lokalisation der Läsionen [7,8] sowie das Alter der Patienten. [9,10] Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Männer tendenziell mehr Schmerzen haben als Frauen. [8] Um die konventionelle PDT schmerzärmer zu gestalten, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen können analgetische Therapien wie z.B. eine Kaltluftkühlung oder Nervenblockaden durchgeführt werden, zum anderen besteht die Möglichkeit, die Behandlungsparameter wie die Belichtungsintensität zu verändern. Eine Alternative bietet zudem die Tageslicht-PDT, die in der Regel mit nur sehr geringen Schmerzen für die Patienten verbunden ist. Durch die Kombination der Tageslicht-PDT mit der konventionellen PDT können die hohen Heilungsraten der konventionellen PDT mit der geringen Schmerzhaftigkeit der Tageslicht-PDT verbunden werden.

Ästhetische Aspekte der PDT

Schon seit längerem ist bekannt, dass die Behandlung mit der konventionellen PDT nicht nur eine kurative, sondern auch eine zellregulatorische Wirkung hat [11], die zu einer sichtbaren Verbesserung des Hautbildes führt. Die genauen Mechanismen hinter der hautverjüngenden Wirkung der PDT sind mittlerweile gut untersucht und beschrieben. [12,13] So wirkt sich die Behandlung einerseits direkt auf die Epidermis aus: Die neoplastischen Zellen werden gezielt zerstört und durch gesunde Hautzellen ersetzt. Zum anderen weist die PDT indirekte dermale Effekte auf: Durch eine Induktion von Zytokinen werden verschiedene Prozesse wie z.B. Elastolyse, Neokollagenese und Fibroblastenstimulation in Gang gesetzt. Zu den Resultaten gehören eine Straffung der Haut, geringere feine Fältchen und weniger Erytheme. Die direkten Effekte der PDT führen zusätzlich zu einer geringeren Oberflächenrauigkeit, einer Normalisierung der epidermalen Architektur und einer Verbesserung von Pigmentveränderungen.

Experimentelle Anwendungsmöglichkeiten der PDT

Aufgrund der nachgewiesenen immunmodulatorischen und antimikrobiellen Wirkung der PDT ist ihr Einsatz bei entzündlichen und infektiösen Hauterkrankungen denkbar. Ob die PDT für die Behandlung der chronisch-entzündlichen Hautkrankheit Rosacea geeignet ist, wurde in einer aktuellen Studie aus China [14] untersucht: Eingeschlossen wurden 17 Patienten mit Rosacea, die dreimal mit Aminolävulinsäure (ALA) im Rahmen der Tageslicht-PDT im Abstand von 7-10 Tagen behandelt wurden. Nach den drei Behandlungen lag die Gesamtwirksamkeitsrate (Verbesserung ≥ 50%) bei 64,7% und der mittlere Patientenzufriedenheits-Score bei 1,71 ± 0,69 (0=niedrig, 3=hoch). Der Erythem-Index verringerte sich einen Monat nach der letzten Behandlung signifikant (von 468 ± 80,61 auf 439 ± 77,78 für die Stirn und von 507,65 ± 92,51 auf 483,27 ± 78,32 für die Nasenflügel). Die vorliegenden Studiendaten geben erste klinische Hinweise, dass die PDT ein wirksamer Ansatz bei Rosacea ist.

Die PDT eignet sich ebenfalls für die Behandlung von Akne: In bisherigen Studien konnte gezeigt werden, dass diese Behandlungsform hierbei gute Ergebnisse mit akzeptablen Nebenwirkungen erzielen kann. [15] Es sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um die optimalen Photosensibilisator-Vorstufen, Lichtquellen, Inkubationszeiten und die optimale Anzahl der Behandlungen für die PDT-Anwendung bei Akne zu evaluieren.

Abb. 1: Schematischer Überblick: PDT für AK-Behandlung an Extremitäten und Rumpf/Nacken.

Literatur

  1. Schmitz L et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2018;32:745-751.
  2.  Schmitz L et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2019;33:1092-1097.
  3. Dirschka T et al. Skin. doi: 10.25251/skin.3.supp.47.
  4. Fachinformation Ameluz®, Stand: März 2020.
  5. Ibbotson SH et al. Clin Exp Dermatol 2013;38:511-516.
  6. Middelburg TA et al. Photodermatol Photoimmunol Photomed 2013;29:276-278.
  7. Grapengiesser S et al. Clin Exp Dermatol 2002;27:493-497.
  8. Gholam P et al. J Am Acad Dermatol 2010;63:213-218.
  9. Arits AH et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2010;24:1452–1457.
  10. Gaál M et al. Acta Derm Venereol 2012;92:173–175.
  11. Ruiz-Rodriguez R et al. DermatolSurg 2002; 28:742–744.
  12. Szeimies RM, Karrer S. Der Hautarzt 2021; 72:27-33.
  13. Kohl E et al . J Eur Acad Dermatol Venereol 2010;24:1261–1269.
  14. Sun Y et al. J Cosmet Laser Ther 2019;21:196-200.
  15. Zheng W et al. Eur J Dermatol 2014;24:444-456.