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„Nichts ist seriöser als eine fundierte Ausbildung“

 Interview mit Dr. med. Boris Sommer (Frankfurt/Main)

Die 9. Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinum- und Filler-Therapie e.V. (DGBT) findet Ende Februar unter dem hochaktuellen Motto „Mehr Wissen, mehr Sicherheit“ in Frankfurt/Main statt. Wir sprachen mit Dr. med. Boris Sommer, 1. Vorsitzender der DGBT und zugleich Tagungspräsident in Frankfurt, im Vorfeld der renommierten Veranstaltung über den Fokus der diesjährigen Fachtagung speziell im Hinblick auf die (Patienten-) Sicherheit in der Ästhetik.

Dr. med. Boris Sommer

Ästhetische Dermatologie:

Herr Dr. Sommer, können Sie uns zum Einstieg verraten, welche äs- thetischen Anwendungen aktuell am meisten nachgefragt werden? Sehen Sie hierbei einen Zusammenhang mit durch Social Media bedingten Trends?

Dr. Sommer:

Die sozialen Medien werden ja verstärkt von der jungen Generation genutzt, dort zeigt sich nach wie vor als Trend das Thema Lippen und mittlerweile auch das Kinn bzw. die Kinnlinie. Was da im Einzelnen ein „echter“ Trend ist, ist aber manchmal schwer zu sagen. Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben: Eine Patientin der jüngeren Generation kam in unsere Praxis und bat um die Behandlung ihrer Lippen – „aber bitte ganz natürlich“; alles andere hätte ich sowieso grundsätzlich abgelehnt. Auf meine Nachfrage, wie sie darauf komme, dass ich als Arzt ihr evtl. zu etwas „Unnatürlichem“ raten würde, zeigte sie mir ein Bild einer Freundin auf einem der Social-Media-Kanäle – diese hatte in der Tat eine Fillerbehandlung mit anschließend sehr unnatürlichen Proportionen in diesem Bereich erhalten. Interessanterweise zeigten sich unter diesem geposteten Bild mehrere hundert Einträge mit fast ausschließlich positiven Kommentaren! Meine Patientin fand das Behandlungsergebnis selbst einfach nur schrecklich – hätte aber nie daran gedacht, dort einen negativen Kommentar zu hinterlassen: „So etwas machen wir nicht, das wäre doch echt peinlich …“ Ich könnte mir daher durchaus vorstellen, dass die Vielzahl solcher „Bewertungen“ auch mal einen „falschen Trend“ auslösen kann, wo einfach mit geschwommen wird, ohne dass wirklich daran Gefallen gefunden wird. Insofern kann ich gerade der jüngeren Generation nur raten, ernsthaft zu reflektieren, an wem bzw. woran man sich orientiert, und die Entscheidung für – oder gegen – eine ästhetische Behandlung bewusster und weniger leichtfertig zu fällen. Erfreulicherweise zeigt sich ganz aktuell – gerade bei vielen trendbildenden Prominenten – ja ein Abwenden weg von den extremen Proportionen hin zu mehr Natürlichkeit.

Ästhetische Dermatologie:

Welche Faktoren tragen Ihrer Erfah- rung nach bei neuen Patienten dazu bei, bei der Wahl eines Behandlers für Botox-/Filler-Anwendungen Vertrauen aufzubauen bzw. dieses zu stärken?

Dr. Sommer:

Zunächst einmal ist ein seriöser Auftritt – im Internet, wo Patienten sich heute in den meisten Fällen zunächst vorab informiert, ebenso wie persönlich in der Praxis – immens wichtig für den ersten Eindruck und somit die Basis für das Vertrauen. Darüber hinaus ist nichts seriöser als eine fundierte Ausbildung! Nicht nur ein reines Medizinstudium ist hier ausschlaggebend, auch eine konsequente Fortbildung ist wirklich sehr wichtig. Hier kommt übrigens auch die DGBT ins Spiel: Sie bietet in diesem Bereich die weltweit einzige standardisierte Fortbildung mit Zertifikat an. Es handelt sich um didaktisch vereinheitlichte, innovative Kurse in Anlehnung an die jeweils neuesten Ergebnisse amerikanischer und deutscher Expertengruppen, und ausschließlich erfahrene Experten werden als Referenten zugelassen.

Ästhetische Dermatologie:

Können Sie dieses Fortbildungsprogramm zum Erwerb des DGBT- Zertifikats noch etwas näher erläutern? Wie läuft das genau ab?

Dr. Sommer:

Das Curriculum der DGBT umfasst einen zweitägigen Kurs zu Botulinum sowie einen zweitägigen Kurs zu Fillern mit dem Schwerpunkt Hyalu- ron. Die Teilnahme am Botulinumkurs ist Voraussetzung für die Teilnahme am Fillerkurs, da auf den dort ver- mittelten anatomischen Kenntnissen aufgebaut wird. Nach erfolgreicher Teilnahme am jeweiligen Kursteil erhält der Teilnehmer am Ende der zwei Kurstage ein Zertifikat der DGBT zur Ausbildung in der Anwendung

von Botulinum bzw. Fillern. Ab 2020 wird für Teilnehmer, die das gesamte Curriculum erfolgreich durchlaufen haben, das DGBT Ausbildungs- Qualitätssiegel verliehen. Damit haben Sie dann so etwas wie einen „Führerschein“, der Ihre theoretischen wie auch praktischen Grundkenntnisse dokumentiert und bestätigt.

Ästhetische Dermatologie:

Wir oft sollte sich ein bereits praktizierender Arzt zum Thema Botox/Filler erneut schulen lassen bzw. fortbilden?

Dr. Sommer:

So trivial es auch klingen mag – am allerwichtigsten ist, dass es überhaupt gemacht wird. Auch z.B. nach dem Erwerb des Qualitätssiegels der DGBT sollte sich jeder Behandler selbstverständlich kontinuierlich weiterbilden und regelmäßig Fachtagungen besuchen, um so immer „up to date“ zu sein. Für mich persönlich ist das ein ganz selbstverständlicher Teil meiner Berufsauffassung.

Ästhetische Dermatologie:

Welche Aspekte sind bei der Aufklärung von Patienten vor Botox-/ Filler-Anwendungen zu beachten?

Dr. Sommer:

Sie müssen der Patientin oder dem Patienten von Anfang an Ihr Behandlungskonzept klar und verständlich kommunizieren, den Weg zu einem schönen, natürlich wirkenden Ergebnis, den sie mit ihm auf die sicherste mögliche Weise beschreiten wollen. Dies beinhaltet auch Ihre Wahl der Produkte und natürlich den Hinweis auf die trotz aller Vorsichtsmaßnahmen immer möglichen Komplikationen. Nur so entsteht zwischen Arzt und Patient eine Vertrauensbindung und auch Einigkeit in Bezug auf die realistischen Behandlungsziele. Hierzu gibt es auch sehr ausführliche Aufklärungsbögen, welche gemeinsam mit dem Patienten in aller Ruhe durch- gegangen werden sollen – eine Selbstverständlichkeit, für die sich auch die DGBT immer wieder einsetzt.

Ästhetische Dermatologie:

Wie gelingt bei der Anwendung von Botox der Spagat, ein merklich frischeres, jüngeres Aussehen zu erreichen und zugleich die Natürlichkeit zu erhalten?

Dr. Sommer:

Sehr wichtig ist die richtige Kombination der verwendeten Produkte. Auch sollte man im Zweifel lieber etwas weniger Material verwenden, dafür aber eine gewisse Kontinuität der Auffrischungs-Behandlungen etablieren. Man sollte auch altersmäßig nicht zu spät beginnen und den Fokus immer auf ein ästhetisches Gesamtkonzept legen – das bedeutet, für die unterschiedlichen Anwendungsbereiche die jeweils optimale Behandlungsmethode zu wählen. Und man sollte allgemein vorsichtig und achtsam behandeln und kein falsches Gefühl der Routine entwickeln.

Ästhetische Dermatologie:

Wie weit ist der Vorstoß der Fachgesellschaften, dass Filler verschreibungspflichtig werden sollen, gediehen? Und warum ist Ihnen das so wichtig?

Dr. Sommer:

Es wäre aus unserer Sicht wirklich eminent wichtig, dass diese Behandlungen ausschließlich in ärztlicher Hand sind. Dadurch würde auch den grausigen Nebenwirkungen, die wir immer wieder sehen, ein Riegel vorgeschoben werden – und die Patienten hätten viel mehr Sicherheit, dass jemand die Behandlung durchführt, der Anatomie studiert hat und genau weiß, was er tut. Aktuell ist ja jeder in der Lage, via Internet ganz einfach an Fillermaterial zu kommen und unkontrollierte Laienbehandlungen durchzuführen. Die Verschreibungspflicht ist ja immerhin im Gespräch und die DGBT wird sich auch weiterhin massiv dafür einsetzten, dennoch wird es vermutlich schwierig mit der Europäischen Gesetzgebung.

Ästhetische Dermatologie:

Sehr geehrter Herr Dr. Sommer, vielen Dank für das Gespräch! 􏰀

Das Interview führte S. Höppner.