Aktuell Derma

„Bewährte Wege neu gehen“ – Zukunftsweisende Ansätze in der Schulung von atopischen Erkrankungen im Kindesalter

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, innovative Schulungskonzepte und praxisnahe Strategien spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um die Versorgung von Kindern mit atopischen Erkrankungen geht. Im Rahmen der 22. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung e.V. (AGNES) und der Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e.V. (AGAS) in Nürnberg standen genau diese Themen im Fokus.

Der erste Weg zur Diagnose – Blickdiagnostik in der pädiatrischen Dermatologie

Die korrekte Einordnung von Hautveränderungen im altersspezifischen Kontext ist essenziell für eine präzise Diagnose – und damit richtungsweisend für eine erfolgreiche Therapie. Besonders bei Neugeborenen spielt die Blickdiagnostik eine zentrale Rolle: Hämangiome und vaskuläre Malformationen sind typische Beispiele. Doch auch darüber hinaus weist das Spektrum der Hauterkrankungen bei Kindern eine Vielzahl an Blickdiagnosen auf, erklärte Dr. med. Andreas Weins, Augsburg/Ulm, in einem von La Roche-Posay unterstützten Symposium.

Eltern suchen die dermatologische Sprechstunde häufig wegen auffälliger Muttermale oder kleiner Knoten auf – dabei fällt nicht selten als Nebenbefund eine deutlich trockene, teils gerötete Haut auf. Gerade bei Kindern mit familiärer Disposition für atopische Erkrankungen sollten solche Frühzeichen ernst genommen werden, auch wenn die Haut nicht stark entzündet scheint. Nicht nur weil eine gestörte Hautbarriere oft mit unangenehmen Spannungsgefühlen, Juckreiz oder Brennen verbunden ist. Inzwischen mehren sich zudem auch die Hinweise, wonach eine gestörte Hautbarriere die Entwicklung von Allergien begünstigt. [1]

Gerade in der frühen Säuglingsperiode weist die Haut noch große Unterschiede auf: So ist nach der Geburt die Haut beispielsweise noch deutlich dünner und die Barrierefunktion nicht vollständig ausgereift. Die Folge ist ein erhöhter transepidermaler Wasserverlust und ein Mangel an natürlichen Feuchthaltefaktoren – die Haut trocknet schneller aus und reagiert empfindlicher auf äußere Reize. [1,2]

Altersbedingte Besonderheiten wie diese sind ein zentrales Element der pädiatrischen Dermatologie. Dabei geht es nicht nur um das bloße Erkennen von Rötungen oder Ekzemen – entscheidend ist das Verständnis dafür, dass insbesondere chronische Hauterkrankungen im Kindesalter weit über das körperliche Wohlbefinden hinausgehen. So kann etwa eine atopische Dermatitis mit Schlafstörungen, häufigen Fehlzeiten in Kindergarten, Schule oder Beruf sowie sozialer Stigmatisierung einhergehen – Aspekte, welche die Bedeutung frühzeitiger, gezielter Therapie- und Schulungskonzepte deutlich machen.

Klimawandel und Hautgesundheit – Wege für eine zukunftsfähige Dermatologie

Der Klimawandel verändert nicht nur die Umwelt, sondern hat auch spürbare Auswirkungen auf die Hautgesundheit – insbesondere bei Patient*innen mit atopischer Dermatitis. Ein Beispiel ist die veränderte Pollenbelastung: Durch das verlängerte Pollenflugfenster und ein verändertes Pollenspektrum steigt die Konzentration von Aeroallergenen in der Luft – mit messbaren Folgen für Betroffene. Eine Studie belegte, dass der verstärkte Kontakt mit Pollen das Ekzem verschlechtern und Juckreiz verstärken kann. [3]

Auch Luftschadstoffe aus Verbrennungsmotoren oder Kraftwerken [4] können bei einer gestörten Hautbarriere leichter eindringen und die Entzündungsreaktionen verstärken. [5] So zeigte eine deutsche Geburtenkohorten-Studie, dass Kinder, die in unmittelbarer Nähe zu Hauptstraßen (<50 m) lebten, die höchsten Erkrankungsraten aufwiesen. [6] Eine weitere Studie zeigte, dass auch klimatische Bedingungen das Auftreten von Ekzemen bei Kindern beeinflussen kann: trockene Luft, wenig Sonnenlicht und kalte Temperaturen erhöhen das Risiko, während Wärme und eine höhere Luftfeuchtigkeit schützende Effekte haben können. [7]

Diese Aspekte sollten in zukünftigen Schulungskonzepten berücksichtigt werden, um Betroffene gezielt über die zunehmend wechselnden Witterungsbedingungen aufzuklären, deren Einfluss auf die Hautbarriere und möglichen Maßnahmen zur Kompensation.

Gemeinsame Wege finden – Erfolgreiches Krankheitsmanagement für Familien

Die Diagnose von atopischer Dermatitis stellt nicht nur das betroffene Kind, sondern auch die gesamte Familie vor große Herausforderungen. [8] Ein wertschätzender Umgang mit den Bewältigungsstrategien des Kindes und regelmäßige positive Verstärkung sind essenziell, vor allem bei dem zentralen Thema Juckreiz-Kratz-Zirkel. Dieser sich selbst verstärkende Kreislauf, bei dem das Kratzen die Haut schädigt und dadurch weiteren Juckreiz auslöst, stellt für betroffene Kinder eine große Belastung dar – eine sensible Wortwahl ist hierbei entscheidend. Statt Ermahnungen oder Verboten hilft ein lösungsorientierter Ansatz, der das Kind in die Therapie einbindet und seine Selbstwirksamkeit stärkt. Auch die Wortwahl hat einen Einfluss: Anstelle von Begriffen wie „schlechte Haut“ ist es hilfreicher, von „zarter, Literatur empfindlicher Haut, die besonderen Schutz braucht“ zu sprechen.

Neben der aktiven Krankheitsbewältigung können auch Entspannungstechniken, die Stress bei Kind und Eltern abbauen, eine unterstützende Rolle spielen – zum Beispiel Musik hören, gemeinsames Singen oder Atemübungen.

Therapie im Wandel – Ausblick 2026

Die nächste AGNES und AGAS Jahrestagung wird vom 27. bis 28. Februar 2026 in Dortmund stattfinden. Die 23. Tagung rückt unter  dem Motto „Therapie im Wandel – Wie bleiben Schulungen zeitgemäß?“ aktuelle Herausforderungen und innovative Lösungsansätze in den Fokus.

Weitere Informationen zur Arbeit von Dr. med. Andreas Weins finden sich unter KIDZ-SKIN.de oder in seinem Ratgeber „Neurodermitis endlich im Griff – Wenn Kinderhaut juckt, brennt und Hilfe braucht“ (Südwest Verlag, 2024).

Für die Basistherapie bei atopischer Dermatitis eignet sich z.B. der Balsam Lipikar Baume AP+M von La Roche-Posay. Die Formel enthält Aqua Posae Filiformis, ein bakterielles Lysat aus Vitreoscilla filiformis, welches das Gleichgewicht des Hautmikrobioms wiederherstellt, sowie pflegende Sheabutter und beruhigendes Niacinamid. Die speziell für zu atopischer Dermatitis neigender Haut entwickelte Pflege ist für Neugeborene, Kinder und Erwachsene geeignet und kann durch Emollienzien plus Juckreiz und Entzündungen reduzieren. [9]

Literatur

1. Weins AB. Neurodermitis endlich im Griff. München: Südwest Verlag; 2024. 224 S.

2. Höger P. Physiologie und Pflege der Haut in den ersten Lebensjahren. Consilium. 2017:03-22.

3. Fölster-Holst R et al. Birch pollen influence the severity of atopic eczema – prospective clinical cohort pilot study and ex vivo penetration study. Clin Cosmet Investig Dermatol. 2015 Oct 29;8:539-48.

4. Ahn K. The role of air pollutants in atopic dermatitis. J Allergy Clin Immunol. 2014 Nov;134(5):993-9; discussion 1000.

5. Hendricks AJ et al. The impact of airborne pollution on atopic dermatitis: a literature review. Br J Dermatol. 2020 Jul;183(1):16-23.

6. Morgenstern V et al. Atopic diseases, allergic sensitization, and exposure to traffic-related air pollution in children. Am J Respir Crit Care Med. 2008 Jun 15;177(12):1331-7.

7. Silverberg JI et al. Climatic factors are associated with childhood eczema prevalence in the United States. J Invest Dermatol. 2013 Jul;133(7):1752-9.

8. Dorst J et al. Haut, Bindung, Partnerschaft bei Patienten mit Neurodermitis und Psoriasis [Skin, bonding and partnership in atopic dermatitis and psoriasis]. Hautarzt. 2012 Mar;63(3):214-20. German.

9. Magnolo N et al. Comparison of different skin care regimens in patients with moderate to severe atopic dermatitis receiving systemic treatment: A randomized controlled trial. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2023 Jun;37 Suppl 5:18-26.