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Das Event des Jahres in der allgemeinen und angewandten Mikrobiologie

Vom 02.­05. Juni 2024 wurde zur 7. gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) und der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) eingeladen. Das Themenspektrum des Kongresses war disziplinübergreifend und das Aufgebot an Referent*innen sowie Teilnehmer*innen mit erwarteten 1.600 Personen überwältigend.

(Foto: CDC @Unsplash)

Das Interesse an den Themen und Fachgesprächen zu den ernstzunehmenden Bedrohungen wachse mit den Jahren und die Kongressorganisation mit ihren Aufgaben, scherzten die Kongressausrichter auf einer vorangestellten Pressekonferenz. Unter anderem setzte man sich auf dem Kongress mit dem Anstieg der Antibiotikaresistenzen auseinander und ging auf die Frage ein, ob es sich bei dieser Entwicklung um ein globales Problem handele. Zudem diskutierte man vor Ort intensiv über die weltweite Ausbreitung von Infektionskrankheiten; auch im Hinblick auf den Klimawandel und die Umweltverschmutzung mit besonderem Fokus auf mikrobiologischen Aspekten. Ganz neu und spannend war der Einbezug von Bakteriophagen als Alternative zu Antibiosen und wie sich Bakteriophagen vor Bakterien schützen können.

Geladene Ärzt*innen referierten über den Einfluss des Mikrobioms auf unsere Gesundheit, die menschliche Gesundheit im Kontext der umgebenden Ökosysteme und über Warnmelder vor neuen Pandemien unter Einbezug von KI & ähnlicher Systeme. Darüber hinaus stellten Wissenschaftler*innen aus der Biotechnologie und synthetischen Mikrobiologie Mikroorganismen im industriellen Einsatz vor. Der diesjährige Forschungspreis der VAAM ging dabei an Dr. Johannes Rebelein vom Max-Planck-Institut, der ein Enzym für die Kohlenstofffixierung entdeckte, welches das Treibhausgas CO2 für die Herstellung nachhaltiger Chemikalien, Kraftstoffe oder Plastik nutzbar machen könnte.

Kongresspräsident Prof. Dr. med. Oliver Kurzai, Direktor des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie an der Universität Würzburg und Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen (NRZMyk), schilderte die Gefahr neuer und mutierter Erreger, die für den Menschen sehr gefährlich werden können, da sie entweder neu entstehen wie bei Candida auris, einem Pilz der seit 25 Jahren Menschen durch Blutstrominfektionen infiziere, die in stationärer Behandlung seien (77 Fälle im Jahr 2023), oder sich durch eine Resistenzentwicklung ausbreiten. Vor allem Krankenhäuser seien Herde bei der Entstehung resistenter Bakterien sowie Pilze, die u.a. Biofilme bilden können und dadurch auf Oberflächen von Operationsbesteck oder Gelenkprothesen zu wachsen vermögen. Nicht nur Resistenzen gegenüber Antibiotika, sondern auch gegenüber Antimykotika werden zunehmend beobachtet, was mit Sorge zu betrachten sei. Demnach sei die (Früh-)Erkennung von Pathogenen von entscheidender Bedeutung und werde entweder durch Laborgeräte oder unterstützende KI-Systeme umgesetzt.

In einem Vortrag stellte die Doktorandin Michelle Czaja M.Sc.(MVZ Dr. Eberhard & Partner Dortmund & UKD Düsseldorf) eine am MVZ Dortmund verwendete Massenspektrometrie-Technik (MS-Analyse) vor, mithilfe derer diverse Lipide von verschiedenen Mikroorganismen unterschieden werden können, um die Humanpathogenen schneller voneinander unterscheiden zu können, damit die Patient*innen schneller und besser behandelt werden können. Die schnelle und effiziente Unterscheidung der Mikroorganismen mittels MALDI-TOF MS-Analyse sei dahingehend einzigartig, als dass sie eine schnelle und einfache Lipidanalyse ermögliche, die viel genauer sei als vergleichbare Proteinanalysen. Die Spezies an Mikroorganismen in der Klinikroutine seien oft schwierig zu unterscheiden und die Datenlage über klinische Unterschiede bei der Infektion zwischen verschiedenen Arten des ACB-Komplexes sei sehr begrenzt. Man solle daher diese Methode zur Unterscheidung von anderen Mikroorganismen anwenden, da sie neue Informationen über Mikroorganismen (z. B. Epidemiologie, klinische Relevanz) liefere und eine Anpassung der Therapie sowie eine verbesserte epidemiologische Überwachung der Ausbreitung ermögliche.

Abgesehen von der MS-Methode fokussiere man sich nun zunehmend auf die Interaktion mit Bakteriophagen. Die Kongresspräsidentin Prof. Dr. Cynthia M. Sharma, Leiterin des Lehrstuhls für Molekulare Infektionsbiologie II sowie Sprecherin des Zentrums für Infektionsforschung an der Universität Würzburg, machte auf der Pressekonferenz darauf aufmerksam, dass Expert*innen aller Fachbereiche der Mikrobiologie auf der VAAM vertreten seien und sprach vom „Planetary Health Concept“, das auch auf dem Kongress wiederzufinden sei, in dessen Rahmen man die Themen Klimawandel und dessen Einfluss auf die Mikroorganismen in der Umwelt sowie die Ausbreitung von Krankheitsüberträgern (Mücken, Zecken) ins Portfolio mitaufgenommen habe. Außerdem sprach sie von der Wanderausstellung „Bakteriopolis“, einem Container der Technischen Universität Dresden, in dem das versteckte Leben von Mikroorganismen anschaulich dargestellt wird, der vor dem Tagungsgebäude aufgebaut wurde und von allen Interessierten besucht werden konnte.

Weitere Teilnehmer der Pressekonferenz waren Prof. Dr. med. Jan Buer, Präsident der DGHM, Leiter des Instituts für Medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Essen, und Prof. Dr. Dirk Schüler, Mitglied der Programmkommission der Jahrestagung, Leiter des Lehrstuhls für Mikrobiologie an der Universität Bayreuth, die auf wesentliche biotechnologische Aspekte in der Forschung an Mikroorganismen eingingen.

Quelle: Online-Pressekonferenz anlässlich der 7. Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) und der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM), 31. Mai 2024