Die Krätze ist wieder auf dem Vormarsch
Jeden kann es treffen: Krätzmilben können Partner und Familienmitglieder, Pflegende und Gepflegte oder manchmal auch Spielkameraden befallen. Um die unliebsamen Parasiten wieder loszuwerden, sind korrekte Behandlungsmaßnahmen unerlässlich.
„Die Verbreitung der Krätze in Deutschland wird häufig unterschätzt“, berichtet Dr. Wolfgang Lensing, Hautarzt in Hannover. In Niedersachsen habe sich die Zahl der Diagnosen im 1. Quartal 2018 gegen- über 2010 um das Siebenfache gesteigert. In Gemeinschaftseinrichtungen wie Pflegeheimen und Krankenhäusern kommt es immer wieder zu größeren Ausbrüchen. Doch auch zwischen Familienmitgliedern oder Sexualpartnern kann die ansteckende Hautkrankheit weitergegeben werden. Penible Hygiene reicht nicht aus, um sich zu schützen – „die Krätze kommt in den besten Familien vor“, so Dr. Lensing, Vorsitzender des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen in Niedersachsen.
Die Krätze, medizinisch Skabies, wird durch eine Milbe – Sarcoptes scabiei variatio hominis – verursacht. Sie kann zum Beispiel bei Sexualkontakten oder bei der Körperpflege von Kranken von Mensch zu Mensch übertragen werden. Eine Ansteckung setzt einen anhaltenden Hautkontakt von mindestens fünf bis zehn Minuten voraus. „Händeschütteln, Umarmungen oder eine medizinische Untersuchung reichen für eine Übertragung normalerweise nicht aus“, so Dr. Lensing. Die Scabies crustosa – eine seltene, schwere Form, bei der sich Tausende Krätzmilben auf der Haut befinden und die vor allem bei Menschen mit Abwehrschwäche auftritt – ist dagegen sehr viel an- steckender.
Wenige Krätzmilben reichen für Ansteckung aus
Bei gewöhnlicher Krätze ist eine Übertragung über Gegenstände wie Kleidung, Bettwäsche oder Polstermöbel zwar möglich, aber eher selten. Außerhalb ihres Wirtes können Krätzmilben bei normaler Raumtemperatur nicht länger als 48 Stunden überleben, unter 16 °C werden sie immobil und bei 50 °C, beispielsweise in der Waschmaschine oder im Wäschetrockner, sterben sie nach 10 Minuten ab.
Schon wenige Krätzmilben oder ein befruchtetes Weibchen reichen aus, um eine Skabies hervorzurufen. Das Weibchen bohrt während seiner Lebenszeit von vier bis acht Wochen Gänge in die oberste Hornschicht (Stratum corneum) der Haut und legt dort täglich mehrere Eier. Die Milbenprodukte verursachen entzündliche Abwehrreaktionen der Haut, manch- mal werden kleine Bläschen sichtbar. „Die Betroffenen quält heftiger Juckreiz, besonders in der nächtlichen Bettwärme“, erklärt Dr. Lensing. Aufgekratzte Haut kann sich auch infizieren. „Das Ausmaß der Hautveränderungen spiegelt aber nur die Intensität der Immunreaktion des menschlichen Abwehrsystems wider und ist kein Indiz für die Milbenzahl oder das Ansteckungsrisiko“, erläutert der Hautarzt.
Krätze macht sich bevorzugt an Zwischenräumen von Fingern und Zehen, Handgelenken, Ellenbogen, Achselhöhlen, Nabelregion, Leistengegend, Analfalten, Brustwarzen und Genitalien bemerkbar. Bei Säuglingen und Kleinkindern sind oft auch Kopf, Gesicht sowie Handflächen und Fußsohlen betroffen.
Treten Symptome auf oder ist eine enge Kontaktperson an Skabies erkrankt, sollte eine Abklärung beim Hautarzt erfolgen: Der Dermatologe wird unter dem Auflichtmikroskop nach den mit bloßem Auge kaum sichtbaren Milbenweibchen und feinen Gängen in der Haut suchen und nach der Diagnose entsprechende Medikamente verordnen. „Damit das Anti-Skabies-Mittel richtig wirken kann, muss es genau nach Anweisung des Arztes angewendet werden“, betont Dr. Lensing.
Tipps vom Hautarzt – Krätzmilben wieder loswerden
- Die Therapievorgaben müssen unbedingt genau eingehalten werden, damit das verordnete Anti-Skabies- Mittel richtig wirken kann.
- Zeitgleich bzw. unmittelbar nach der Behandlung sowie an vier folgenden Tagen sollten Bett- und Körperwäsche sowie Handtücher gewechselt und bei 60°C gewaschen werden.
- Nicht waschbare Textilien, die längeren Hautkontakt hatten, wie beispielsweise Kuscheltiere, Kissen etc. sollten in Plastiksäcke eingepackt und für mindestens 72 Stunden warm, z.B. an der Heizung, gelagert werden.
- Polstermöbel und ähnliches sollten gründlich abgesaugt und/oder für mindestens 48 Stunden nicht benutzt werden.
- Kinder und Erwachsene, die erkrankt sind oder bei denen der Verdacht auf Skabies besteht, dürfen Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Kindergärten vorübergehend nicht besuchen oder dort tätig sein. Die Gemeinschaftseinrichtung muss informiert werden. Bei gewöhnlicher Skabies sind Erkrankte nach einer äußerlichen Behandlung bzw. 24 Stunden nach Einnahme der Tabletten in der Regel nicht mehr ansteckend und dürfen Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen bzw. dort arbeiten.
Creme ist Mittel der Wahl
Mittel der Wahl ist eine Creme mit dem Wirkstoff Permethrin. Wichtig sei ein lückenloses Auftragen am ganzen Körper, auch in Körperfalten, im Genitalbereich und unter den Fingernägeln, rät der Hautarzt. In der Regel ist hierfür die Hilfe einer zweiten Person nötig, die unbedingt Handschuhe tragen sollte. Die Creme sollte über Nacht einwirken und morgens mit Wasser abgeduscht werden. Im Anschluss an die Behandlung und an den vier folgenden Tagen sollte Wäsche mit Körperkontakt gewechselt werden. Bei Bedarf kann die Behandlung nach einer Woche wiederholt werden.
Zur äußerlichen Behandlung der Krätze können auch Wirkstoffe wie Benzylbenzoat oder Crotamiton eingesetzt werden. Außerdem stehen Tabletten mit dem Wirkstoff Ivermectin für eine innerliche Therapie zur Verfügung. Diese kommt infrage, wenn eine äußerliche Behandlung erfolglos geblieben ist, deren exakte Durchführung nicht gewährleistet werden kann oder bei sehr ausgeprägter Skabies.
Trotz erfolgreicher Abtötung der Milben können Juckreiz und Hautveränderungen noch Tage bis Wochen bestehen bleiben. Dann können antientzündliche Mittel und eine gute Hautpflege helfen.
„Partner, Familienmitglieder oder Spielkameraden sollten unbedingt informiert werden, wenn eine Skabies auftritt“, rät Dr. Lensing. Enge Kontaktpersonen eines Erkrankten sollten bei sich auf mögliche Anzeichen eines Milbenbefalls achten, die auch noch vier bis fünf Wochen später auftreten können, und sich gegebenenfalls behandeln lassen. •
Quelle: hautInform 1/19