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Erweitertes Fillerspektrum mit PRP und PDRN

Dr. Ch. Willen

Im Rahmen der 10. Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinum- und Filler-Therapie e. V. (DGBT) in Bonn stellten Experten aus der ästhetischen Dermatologie etablierte und neue Filleroptionen wie Platelet Rich Plasma und die Substanzklasse der polymerisierten Polynukleotide vor.

Zur Kollagenstimulation sind vielfältige Ansätze verfügbar: Sie kann chemisch/topisch (AHA/BHA, Retinol und Derivate, Antioxidanzien, Phenol, TCA), mechanisch (z.B. Needling, Mikrodermabrasion, Fäden), physikalisch (Radiofrequenz, ablative und nicht-ablative Laserverfahren) und durch Injectables angeregt werden.

Die Palette der Injectables ist ebenfalls groß, betonte Dr. med. Said Hilton, Dermatologe in Düsseldorf. Hierzu zählen Kollagen, Hyaluron- säurefiller, autologe Transplantationen mit Eigenfett, Eigenplasma, Mesotherapie und Kollagenstimulatoren wie beispielsweise CaHa (Calciumhydroxylapatit), PLLA (Poly-L-Milchsäure) und PCL (Polycaprolacton).

Die Kollagenstimulatoren provozieren eine Fremdkörperreaktion, die zur Festigung erschlaffter Haut beitragen kann, indem sie die Kollagenbiosynthese anregen und so schrittweise, natürliche und langwirksame Effekte zur Straffung der Haut erzielen. Junge Patient*innen (bis 30 Jahre) haben eine bessere Eigenkollagenproduktion als ältere, so dass bei letzteren für ästhetische Anwendungen in der Regel mehr Material benötigt wird, gab der Experte zu bedenken.

Bei manchen Kombinationsprodukten sind Volumeneffekte sofort erkennbar, andere benötigen Wochen bis Monate, um sichtbare Effekte zu erzielen. Da der Wirkeintritt und die Effektintensität mitunter schwer zu prognostizieren sind, ist die reine Kollagenstimulation nach Auffassung von Hilton als Erstbehandlung eher ungeeignet und nur für geduldige, finanzstarke und resiliente Patienten zu empfehlen.

Wirkmechanismus von Calciumhydroxylapatit

Neben der Kollagenbiosynthese fördert Calciumhydroxylapatit auch das Einwachsen von fibrösem und vaskulärem Gewebe, erläuterte Dr. med. Daniela Greiner-Krüger, Dermatologin in Oberursel. Die CaHa-Mikrokügelchen wirken tief n der Dermis und bilden dort ein Gerüst, das das Wachstum von Fibroblasten aktiviert, wodurch sich schrittweise Bestandteile der extrazellulären Matrix ablagern und die Mikrokügelchen an ihrem Platz verankern. Bei einem Kombinationspräparat aus Calciumhydroxylapatit und vernetzter Hyaluronsäure kann der allmählich eintretende Lifting- Effekt mit sofort sichtbaren Behandlungsergebnisse kombiniert werden. Hyaluronsäure hebt das Gewebe sofort an und ist ggf. noch formbar. Die Hyaluronsäure wird zunächst in das Gewebe integriert und darauf folgt die langsame Freisetzung des CaHa mit assoziierter retardierter Kollagenstimulation.

Einsatzmöglichkeiten von Platelet Rich Plasma am Unterlid

Am Beispiel des Unterlids verdeutlichte PD. Dr. med. Matthias Aust, Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie in Landsberg am Lech, Einsatzmöglichkeiten von Platelet Rich Plasma (PRP). Nach Auffassung von Aust ist die Augenpartie ein schwer zu behandelndes Areal. Häufige Probleme im Bereich des Unterlids, die Patient*innen in der ästhetischen Sprechstunde berichten, sind beispielsweise überschüssige Haut, (dunkle) Augenringe und eingefallene Augen. Als konventionellere Behandlungsoptionen kommen eine direkte Faltenbehandlung (Botulinumtoxin, Filler), Hautverjüngung (Peeling, Medical Needling, Dermabrasion) und Straffungsoperationen (Facelift, Blepharoplastik) in Betracht. Diese klassischen Optionen bergen mitunter Risiken, z.B. wenn sich nach Hyaluroninduktion die Tränensäcke verschlechtern oder ein Ektropium nach Anwendung von Botox entsteht. Daher kann PRP das Behandlungsspektrum im unteren Augenbereich sinnvoll ergänzen, so die Einschätzung von Aust.

Herstellungsprozess von PRP

Zur Herstellung von PRP wird zunächst Blut vom Patienten abgenommen und über fünf Minuten zentrifugiert (1500 rpm). Dann wird das Plasma-Konzentrat aus der Spritze entnommen und kann über ein Zeitfenster von 30 Minuten hinweg verabreicht bzw. injiziert werden. PRP darf nicht mit einem Lokalanästhetikum appliziert oder gemischt werden, da es die transferierten Zellen schädigt, gab der Experte zu bedenken. Problematisch ist außerdem, wenn das PRP zu geringe Konzentrationen an Erythrozyten oder Leukozyten enthält, weil dann die Bildung von freien Radikalen oder unspezifischen toxischen Substanzen durch aktivierte neutrophile Granulozyten (Serinproteasen, Matrix-Metalloproteasen) getriggert werden kann.

Zur Reduktion von Volumendefiziten, Augenringen und Cutis laxa im Bereich des unteren Auges werden beispielsweise insgesamt drei PRP-Injektionen intra- und subkutan angesetzt, jeweils im Abstand von 4 Wochen in drei Sitzungen, so Aust. Als mögliche Vorteile von PRP-Anwendungen nannte der Experte eine schnelle und einfache Herstellung des Produkts, eine hohe Sicherheit ohne Entstehung von Allergien, die Flexibilität durch freie Kombinierbarkeit mit anderen Anwendungen sowie sukzessiv ansteigende Effekte. Als Nebenwirkung können die Unterlider ggf. drei bis vier Tage lang etwas geschwollen sein, so Aust.

Neue Substanzklasse der polymerisierten Polynukleotide

Prof. Dr. med. Peter Arne Gerber, Facharzt für Dermatologie und Venerologie in Düsseldorf stellte als neue injizierbare Substanzklasse polymerisierte Polynukleotide (PDRN, Polydeoxyribonucleotides) und deren Einsatzmöglichkeiten vor. PDRN (Molekulargewicht von 50 bis 1500 kDa) werden aus Fisch- gonaden gewonnen und haben unter anderem entzündungshemmende Eigenschaften, die zum Beispiel zur Förderung der Wundheilung genutzt werden, schilderte Gerber. Außerdem stehen PDRN im Zusammenhang mit anti-osteonekrotischen sowie anti-osteoporotischen Effekten zur Knochenregeneration und zur Prävention von Gewebeschäden und Narben sowie zur Heilung von akuten Gewebeverletzungen und Sehnenrissen. Laut Gerber könnten PDRN als innovativer, natürlicher und abbaubarer Biostimulator in der ästhetischen Medizin an Bedeutung zu gewinnen, zumal eine breite grundlagenwissenschaftliche und klinische Evidenz sowie ausreichend praktische Erfahrungen vor allem im asiatischen Raum und im europäischen Ausland vorliegen. In Deutschland ist ein farbloses, elastisches, resorbierbares Gel (Medizinprodukt der Klasse III) aus hochgereinigtem PDRN als „Medium“ oder „Strong“ verfügbar, so Gerber. PDRN werden in der ästhetischen Sprechstunde zum Beispiel zur Hautverjüngung, Hydratisierung und Reduktion von Narben im Gesichtsbereich, Dekolletee, Halsregion oder Handrücken eingesetzt.

Präklinische Experimente am Tiermodell haben das Potenzial von PDRN als Zusatzstoff in der Vorbehandlung zur Verbesserung der Haltbarkeit von Eigenfett zur autologen Transplantation untersucht. Unter den untersuchten Optionen zeigte PDRN neben Prostaglandin und Botulinumtoxin A die größten, signifikanten Effekte, was mit einer verbesserten Angiogenese und Integrität der Fetttransplantate assoziiert war. [1]

Aspekte zu PLLA

Dr. med. Roberta Vasconcelos-Berg, Dermatologin in Basel, referierte zum Thema PLLA (Poly-L-Milch- säure). PLLA ist ein Biostimulator, der mehrere Injektionen bzw. Sitzungen erfordert, um eine natürliche volumetrische Korrektur zu erreichen. Injektionen sollten mit einem Mindestintervall von 4-6 Wochen erfolgen, nannte die Expertin. Wenn PLLA subdermal appliziert wird, werden damit vorwiegend Hautbildverbesserungen erzielt. Bei einer Injektion in tiefere Hautbereiche (subkutan, supraperiosteal) trägt sie überwiegend zur Volumisierung und Elastizitätsverbesserung bei.

Um Knötchen und unregelmäßige Kollagenbildung zu vermeiden, sollten keine Injektionen in hyperdynamischen Bereichen wie dem Muskulus Depressor anguli oris, Querbahnen und perioralen Linien der Oberlippe und dem periorbitalen Bereich, Lippenrot, Stirnlinien und Nase erfolgen.

Quelle: Symposium „Internationale Expertise mit Injectables“ im Rahmen der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinum- und Filler-Therapie e.V., 13. Mai 2022, Bonn

Literatur

1. Hoon SY, Gao J, Xu L, et al. Effect of additive-assisted fat transplantation on fat graft survival rate: A preliminary experimental study based on a rabbit animal model. Ann Chir Plast Esthet. 2021;66(6):440-446. doi:10.1016/j.anplas.2021.03.007.