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Im Windschatten von Corona breiten sich die Pilzinfektionen aus

Pilzinfektionen sind auch – oder gerade – in Zeiten der Pandemie mit erzwungener Häuslichkeit ein wichtiges Thema für Dermatologen. Zum einen liegt dies an der zunehmenden Zahl von Haustieren während des Lockdowns, aber auch an vermehrt auftretenden neuen Erregern. Gefragt sind daher Therapien mit breitem Wirkansatz sowie eine optimierte Diagnostik, hieß es bei einer Veranstaltung im Rahmen des Kongresses DERM 2021.

Besonders in den letzten Jahren wurde von Hautärzten eine starke Zunahme verschiedener Dermatomykosen beobachtet. Im Windschatten von Corona breiteten sich die Pilzinfektionen aus – es redet allerdings niemand darüber. Die Angst, sich anzustecken, hat nach Ansicht von Experten offenbar viele Patienten mit Fuß- oder Nagelmykosen lange vom Arztbesuch abgehalten.

Während der Pandemie floriert die „Kuscheltiermykose“

So sind Haustiere wie Meerschweinchen oft Überträger einer typischen „Kuscheltiermykose“, die sich zum Beispiel als eitrige Gesichtsinfektion äußern kann, aber auch auf den behaarten Kopf übergreifen kann. Als Erreger lässt sich oft Trichophyton benhamiae identifizieren, die häufigste zoophile Pilzspezies während Lockdown und Pandemie. Abhängig vom Schweregrad wird eine solche Infektion immer topisch, falls nötig aber zusätzlich auch systemisch behandelt. Gerade in der topischen Therapie kommt es jedoch maßgeblich auf die Galenik an. Kinder verwenden bei einer Tinea capitis oft am liebsten ein hierfür zugelassenes Präparat mit dem Wirkstoff Ciclopirox-Olamin (Selergo®-Lösung). Ciclopirox hat ein sehr breites Wirkspektrum, wirkt antientzündlich und ist als einzige Substanz direkt sporozid. Die ölige Lösung ist alkoholfrei und „wirkt wie Balsam auf der Haut“, so die Aussage eines Experten bei der Veranstaltung. Tritt eine ausgeprägte Tinea capitis auf, ist nach Einschätzung von Experten durch zusätzliche systemische Antimykotika eine 100%-ige Heilung immer möglich. Dabei erweist sich die Kombination aus Ciclopirox und Itraconazol aufgrund ihrer Synergie im Wirkmechanismus gewissermaßen als ideal.

Ein weiterer, während des Lockdowns massiv zunehmender Erreger ist Trichophyton mentagrophytes vom Genotyp VII. Dieser Dermatophyt besitzt in Kultur eine auffällige Färbung, über die er sich gut in der Erinnerung behält. Dieser auch als „Thailand-Pilz“ bekannte Erreger kann mittlerweile in Deutschland auch ohne Auslandsaufenthalt auftreten, da er schon vor Corona bei uns endemisch geworden ist und sich derzeit offenbar vornehmlich durch illegale Prostitution ausbreitet. So gibt es einen Fallbericht über einen Patienten, der sich bei einer Prostituierten angesteckt hatte. Inzwischen wird eine eine derartige Infektion daher als sexuell übertragbare Erkrankung (STD) eingestuft. Ebenfalls durch die Pandemie stark begünstigt wurde die Windeldermatitis. So ist offenbar in Pflegeheimen in der Quarantäne die Inzidenz des Windelsoors mancherorts auf über 50% gestiegen. In schweren Fällen von Windelsoor erweist sich die Dreifachkombination aus Nystatin, Chlorhexidin und Dexamethason als intelligente Strategie.

Fuß- und Nagelpilz sind keine Erfindungen der Pharmaindustrie

Auch Fuß- und Nagelpilz sind keine Erfindungen der Pharmaindustrie, sondern echte Volkskrankheiten. Kinder, etwa im Homeschooling, sind zunehmend davon betroffen. Hier kommt es häufig zur Übertragung über die zusammenlebenden Generationen hinweg. Die Ansteckung erfolgt hierbei immer über einen infizierten Menschen: Mama, Papa, Oma oder Opa. Auch bei den ebenfalls häufigeren Pilzerkrankungen von Sportlern kommt Trichophyton rubrum offenbar eine wesentliche Rolle zu. Selbst Profisportler bleiben davon nicht verschont. So fand sich bei einer erfolgreichen deutschen Bundesliga-Fußballmannschaft (Bo- russia Dortmund) zu 56% ein Befall mit Fuß- und/oder Nagelpilz.

PCR ermöglicht jetzt Diagnose und Therapiekontrolle

Unverzichtbar in der Erregerdiagnos- tik ist in der mykologischen Spezialpraxis heute die PCR. Sie ermöglicht es, auch unter einer Terbinafin-Therapie noch den Erreger präzise zu bestimmen, kann aber auch zur Kontrolle des Therapieverlaufs genutzt werden. So läßt sich etwa entscheiden, wann aus mikrobiologischer Sicht die Therapie beendet werden kann. Das ist vor allem bei Kindern hilfreich, die ja so kurz wie möglich systemisch behandelt werden sollten. Als einzige Methode ermöglicht die PCR zudem auch den Nachweis und die Analyse der Sporen-DNA.

Grundlage einer erfolgreichen Therapie der Onychomykose bleibt dabei stets die radikale Beseitigung des Erregers bis hin zur letzten Spore. Hinsichtlich eines systemischen Übergreifens der Onychomykose kann jedoch Entwarnung gegeben werden. Weder kommt der Erreger von innen, noch kann er in der Regel gefährliche systemische Infektionen auslösen. Werden Haut- und Nagelpilz der Füße allerdings ignoriert, muss damit gerechnet werden, dass der Pilz aufsteigt (T. rubrum- Syndrom). Bei Diabetikern kann er allerdings durchaus den Weg für Infektionen mit Staphylokokken, Streptokokken oder Erisypel bereiten.

Am häufigsten mit Onychomykose verwechselt wird die Onychogrypose. Bei dieser Nagelerkrankung ohne Pilzbeteiligung finden sich knüppelharte dicke Nägel, die sich kaum noch schneiden lassen, auch als „Gletschernägel“ oder „Krallennägel“ bezeichnet. Lange persistierende Nagelveränderungen können jedoch auch medikamentös bedingt sein, etwa bei Einnahme des Blutdrucksenkers Ramipril.

Bewährte Dreischritt-Therapie: Harnstoff, wasserlöslicher Lack und ggf. systemisch

Vor einer Behandlung einer Nagelmykose mit einem möglichst wasserlöslichen Lack ist es sehr vorteilhaft, dicke Nägel abzutragen. Hierzu eignet sich – wenn vorhanden – ein Ablativlaser, es kann aber auch durch Abfräsen oder sehr effektiv und schmerzfrei mit 40-prozentiger Harnstoffsalbe geschehen. Nach Auftrag und Abdeckung mit einem Pflaster sollte man diese wenigstens über Nacht einwirken lassen. Bereits nach etwa fünf bis sieben Anwendungen ist der verpilzte Nagel präzise abgetragen. Diese Prozedur taugt zugleich als einfaches Differenzialdiagnostikum: Wenn der Harnstoff nichts bewirkt, handelt es sich weder um eine Onychomykose noch um eine Nagelpsoriasis.

Lasertherapie hat bei der Onychomykose-Therapie den Nachteil, dass sie bislang Sporen von T. rubrum im Nagelbett nicht vernichten kann. Deutlich nachhaltiger gelingt dies mit Ciclopirox. Es hemmt die pilzeigene Katalase und unterbindet so die Elimination des toxischen H2O2. Optimal zum Auftrag auf die Harnstoff-behandelte Nagelwunde ist dabei eine wasserlösliche Zubereitung (Ciclopoli®-Lack) als intelligente galenische Weiterentwicklung von Nagel-Batrafen®. Die Heilung benötigt allerdings Zeit: Ca. ein Jahr dauert es, bis der Nagel gesund herausgewachsen ist. Vorteil des wasserlöslichen Lacks gegenüber einem Acryllack ist dabei, dass er über einen Kapillareffekt in die Tiefe eindringt und, anders als Amorolfin- und Terbinafin-Lösungen, zusätzlich antientzündlich wirkt. Ein solches Schema mit Harnstoff und wasserlöslichem Lack wirkt erfahrungsgemäß selbst bei älteren Patienten sehr gut und lässt sich zudem beliebig oft wiederholen.

Sind mehr als drei Nägel betroffen, erfordert dies jedoch eine zusätzliche systemische Behandlung, etwa mit galenisch innovativem SUBA- Itraconazol. Diese erfolgt heute, unabhängig von der Art der Mykose und der Substanz, nur noch drei Tage lang täglich, danach 1x pro Woche. Terbinafin ist wegen möglicher Nebenwirkungen und potenzieller Auslösung einer Nagelpsoriasis weniger geeignet. Entwarnung geben Fachleute bei der Weiterverwendung getragener Schuhe. Es genügt, diese vermeintlichen „Pilzcontainer“ am Ende der ersten Behandlungswoche mit einem sporoziden Spray aus der Apotheke (z.B. Myfungar®Schuhspray, ggf. 1-2x wiederholt) zu behandeln. Bereits vier Tage nach Beginn einer Lokalbehandlung z.B. mit Ciclopirox in wasserlöslicher Lackgrundlage werden i.d.R. nämlich keine lebenden Sporen mehr an die Umgebung abgegeben.

Quelle: Symposium „Mykologie vor Ort: Moderne Galeniken und Strategien in der Mykose-Therapie“ im Rahmen der DERM 2021, 12. September 2021; Veranstaltung unterstützt von Almirall Hermal

Mit freundlicher Unterstützung der Almirall Hermal GmbH