Innovative Lösungen für die dermatologische Praxis und Klinik
Bericht vom 10. NIM-Symposium
Beim digitalen Symposium „New Ideas of Medicine” (NIM), unterstützt von La Roche Posay, stellten dermatologische Expertinnen und Experten innovative digitale Konzepte zur Unterstützung der Diagnostik und Behandlung von Dermatosen vor. Veranstaltet wurde das Symposium von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) in Zusammenarbeit mit der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Technischen Universität München (TUM) am 27. und 28. April 2024.
Ein besonderer Schwerpunkt der Veranstaltung lag auf der Entwicklung digitaler Lösungen zur Erkennung und Behandlung von Dermatosen wie Hautkrebs, Psoriasis und Hidradenitis suppurativa. Ziel soll es dabei sein, die Abläufe in Praxis und Klinik zu erleichtern und die Lebensqualität der Betroffenen auf Dauer zu verbessern.
Edukative Patient*innenkommunikation über soziale Medien
Das Fachgebiet der Dermatologie steht zunehmend vor der Herausforderung, eine umfassende medizinische Versorgung für eine hohe Anzahl von Patient*innen zu gewährleisten. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, einen Termin bei Dermatolog*innen zu bekommen, um mögliche Dermatosen abklären zu können und über Krankheitsbilder aufgeklärt zu werden. Hier bieten schon jetzt edukative Aufklärungsvideos von Dermatolog*innen und Medizinstudierenden auf sozialen Plattformen wie TikTok eine Möglichkeit, informative, wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln. Zudem schaffen sie durch ihre hohe Reichweite neue Möglichkeiten hinsichtlich Datenerhebungen und Patient*innenumfragen. Problematisch bleibt hierbei vor allem die Verbreitung von Falschinformationen, die durch vermehrte Interaktion teilweise große Aufmerksamkeit erhalten.
Besonders angespannt ist die Versorgungslage aktuell bei Kinderdermatolog*innen. Da sich Dermatosen bei Kindern jedoch häufig anders entwickeln als bei Erwachsenen, sind Kinderhautärzt*innen ein wichtiger Ansprechpartner für Eltern. Auch andere Medienformen können hier eine erste Anlaufstelle bei Fragen bieten. Der Podcast Haut + Herz mit Dr. Tatjana Braun und Dr. Felix King greift Themen rund um die Kinderhaut auf, gibt praktische Tipps und unterstützt die dermatologische Aufklärung. Insbesondere häufig wiederkehrende Fragen von Eltern können hier ausführlich thematisiert werden.
KI als Unterstützung in der dermatologischen Praxis
Auch für die dermatologische Praxis wurden digitale Lösungen und der Einsatz von künstlicher Intelligenz vorgestellt, die bei Herausforderungen wie Erreichbarkeit, Personalmangel und Terminvergabe unterstützen können. Insbesondere die Digitalisierung von Standardprozessen wie Terminvereinbarung, Stammdatenverwaltung sowie die Erstellung von Rezepten und Überweisungen durch digitale Telefonassistenten und Apps wie Doctolib können das Praxispersonal entlasten. Künstliche Avatare, die in Aussehen und Stimme einem menschlichen Arzt bzw. einer menschlichen Ärztin nachempfunden sind, können durch den Einsatz in personalisierten Aufklärungsvideos zu Eingriffen und Therapien hilfreich sein. Patient*innen haben dadurch die Möglichkeit, ihre Fragen zu wiederholen, ohne dass die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt in Zeitnot gerät.
Neue Möglichkeiten bei der Erkennung von Dermatosen
Die vorgestellten Lösungsansätze im Bereich der Virtual Reality zielen vor allem auf die visuellen Untersuchungstechniken im dermatologischen Bereich ab. Das Lernzentrum für individualisiertes medizinisches Tätigkeitstraining und Entwicklung (LIMETTE) an der Universität Münster nutzt virtuelle Patient*innenszenarien beispielsweise als Training eines Hautkrebsscreenings mit dem Ziel, den Studierenden durch die integrierte Kommunikation vor allem didaktische Inhalte zu vermitteln. Noch gibt es bei der Verwendung von Virtual-Reality-Szenarien in der Dermatologie jedoch Grenzen. Neben den hohen Anschaffungskosten bleibt bislang eine gewisse dermatologische Unschärfe bestehen und Avatare wirken zum Teil noch sehr unbeweglich. Insgesamt birgt Virtual Reality gerade wegen der hohen visuellen Anforderungen in der Dermatologie jedoch ein hohes Potential. Szenarien, die nur schwierig darzustellen sind oder bei denen Patient*innen zu Schaden kommen könnten, können so oft wie nötig wiederholt und individuell angepasst werden.
Digitale Patientenapplikationen bei Hidradenitis suppurativa
Der Entwicklungsbedarf an innovativen Hilfsmitteln für Behandler*innen und Patient*innen ist insbesondere im Hinblick auf Dermatosen wie Hidradenitis suppurativa sehr groß. So könnten digitale Lösungen helfen, die diagnostische Verzögerung von 7-10 Jahren zu verringern und den Patient*innen bereits früher eine angemessene Behandlung zu ermöglichen. Hinzu kommt, dass die Betroffenen häufig unter starken Einschränkungen im Alltag und ihrem Sozialleben leiden und auf eine ausführliche dermatologische Aufklärung und Behandlung angewiesen sind. Neben der Frage nach der Diagnose liegt das Interesse der Patient*innen vor allem in der Einstufung der Schwere der Erkrankung sowie der passenden Therapie. Aktuell gibt es keine digitalen Lösungen, um die Diagnose der Hidradenitis suppurativa zuverlässig zu stellen oder die Behandler*innen dahingehend zu unterstützen. Doch auch in diesem Bereich werden immer mehr digitale Unterstützungsangebote für Behandler*innen und Betroffene entwickelt.
Die Papaya-App, die aktuell noch nicht auf Deutsch verfügbar ist, richtet sich an Patient*innen und ermöglicht ein Symptom- und Behandlungstracking sowie die Identifizierung von persönlichen Triggerfaktoren. Aus den dokumentierten Informationen kann ein Report generiert werden, den die Patient*innen mit den behandelnden Ärzt*innen teilen kann. Zudem haben Patient*innen über die App die Möglichkeit, mit anderen Betroffenen, beispielsweise in Selbsthilfegruppen, in Kontakt zu treten und sich auszutauschen.
Patient*innen mit Hidradenitis suppurativa leiden zudem häufig unter chronischen Wunden und Wundheilungsstörungen. Die Imito-Wound-App richtet sich an Behandler*innen und bietet ihnen die Möglichkeit, die Wunden ihrer Patient*innen digital und wissenschaftlich zu vermessen und den Wundverlauf genau zu dokumentieren. Zudem bietet die App Vorlagen und Formulierungen von Wundbeschreibungen, die den Dokumentationsablauf vereinfachen können. Diese Dokumentationen können mit anderen Behandler*innen oder auch Krankenkassen geteilt werden. In Zukunft soll der Einsatz von künstlicher Intelligenz außerdem passende Wundbehandlungen für die dokumentierten Wundverläufe der Patient*innen finden.
Insgesamt zeigt sich ein hoher Bedarf an innovativen digitalen Lösungen im dermatologischen Praxis- und Klinikalltag, um die Versorgung der Patient*innen in Zukunft effizienter gestalten zu können. Digitale Anwendungen wie Chatbots oder Telefonassistenzsysteme können bereits heute unterstützend eingesetzt werden, um das Praxispersonal zu entlasten. Auch die sozialen Medien, Podcasts und Patient*innen-Apps bieten derzeit schon viele Möglichkeiten zur ausführlichen und edukativen Patient*innenaufklärung. Da sich die Anforderungen, Bedürfnisse und neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse jedoch konstant weiterentwickeln und auf Behandler*innen sowie Patient*innen angepasst sein sollten, müssen sich auch die Technologien und digitalen Hilfsangebote dieser Entwicklung anpassen und stets weiterentwickelt werden. In vielen Bereichen, wie z.B. der Diagnose von Dermatosen wie Hidradenitis suppurativa, besteht weiterhin ein großer Bedarf an innovativen Lösungen.
Quelle: Online-Konferenz News Ideas for Medicine (NIM) „Digitale Kompetenz für Mediziner“, 28. April 2024; Veranstalter: Klinikum rechts der Isar Technische Universität München, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie