Liebe Leserinnen, liebe Leser,
auch wenn die Prokrastinateurinen und Prokastinateure dieser Welt sich oftmals ein Leben lang erfolgreich weigern, diese simple Tatsache zu verinnerlichen, die – neben vielen anderen Kronzeugen – u.a. der erfolgreich wurmjagende Vogel, die wichtigste Mahlzeit des Tages sowie die Qualitätskurve im musikalischen Oeuvre (vermutlich kurzzeitig) wiedervereinigter Britpop-Rowdies eindeutig belegen: früh(er) ist (meistens) besser. Was in Schule und Studium zumeist „nur“ zu akutem Stress und chronischer Übernächtigung vor einschlägigen Abgabeterminen führt, stellt sich im medizinischen Bereich hingegen oft als ernsthaftes Problem dar: ein spätes Erkennen und eine subsequent ebenso späte Behandlung führen in vielen Fällen zu unnötig schweren Verläufen.
Dass dieses (Fehl-)Verhalten besonders hierzulande ganz konkrete negative Folgen hat, schlägt sich auch in aktuellen Zahlen nieder: so hat laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) ein Mensch, der 2022 in Deutschland geboren wurde, im Vergleich zu westeuropäischen Altersgenossen eine um 1,7 Jahre kürzere Lebenserwartung. Dies führen die Forscherinnen und Forscher vor allem auf zwei Faktoren zurück: auf im Allgemeinen schlechtere Ernährungsgewohnheiten – und auf den geringeren Stellenwert von frühzeitigen Präventionsmaßnahmen. Paradoxerweise spielt dabei laut BiB auch das im Vergleich immer noch gute Gesundheitssystem eine „demotivierende“ Rolle – die Menschen verlassen sich, kurz gesagt, eher darauf, im Krankheitsfall gut behandelt zu werden, während sie in anderen Ländern durch das fehlende Vertrauen in das eigene Gesundheitssystem eher aus eigenem Antrieb auf Prävention achten.
Was unsere eigene Domäne – die Dermatologie – betrifft, kann ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle nur ermuntern, Ihre Patientinnen und Patienten z.B. auch dann „freundlich, aber bestimmt“ an die Hautkrebsfrüherkennungsuntersuchung zu erinnern, wenn sie Ihre Praxis eigentlich aus einem ganz anderen Grund aufgesucht haben. Und auch bei weniger lebensbedrohlichen dermatologischen Diagnosen kann eine möglichst frühzeitige Intervention von großem Nutzen sein, woran aktuell Dr. Nina Magnolo vom Universitätsklinikum Münster bei der diesjährigen FOBI in München erinnerte: so sollte Plaque-Psoriasis frühzeitig mit langfristig wirksamen Medikamenten behandelt werden, um einer Chronifizierung der Erkrankung, der Ausbildung bzw. Verschlechterung von Komorbiditäten und einer kumulativen Beeinträchtigung der Lebensqualität entgegenzuwirken (s.S. 28).
Ihre
Dr. med. Andrea Schulz
Schriftleiterin DISKURS Dermatologie