Editorial-Ästhetische Dermatologie
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
es gibt viele der Literatur, Philosophie, Politik oder anderen öffentlichkeitswirksamen gesellschaftlichen Sphären entstammende Weisheiten, die als Teil der sogenannten Allgemeinbildung untrennbar mit deren Schöpfer verbunden sind. Auch wenn man sich in manchem Einzelfall ab und an doch nicht ganz sicher ist, von welchem der einschlägigen Geistesheroen ein bestimmtes geflügeltes Wort stammt, so werden doch die Aller- meisten von uns Zitate wie “Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube”, “Durch diese hohle Gasse muss er kommen”, “Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, abgesehen von allen anderen” und “Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien” ohne große Mühe den Herren Goethe, Schiller, Churchill und Möller zuordnen können.
Es gibt jedoch auch Zitate, die berühmter und in der kanonisierten kulturellen Wahrnehmung wesentlich präsenter sind als ihre ursprünglichen Autoren. So dürfte der spanische Philosoph, Schriftsteller und Literaturkritiker George Santayana (1863-1952), ein wahrer Weltenbürger, der qua Auswanderung seiner Eltern 1872 nach Boston (USA) kam, in Harvard studierte und später in Paris, Oxford und Rom lebte, leider nur geistes- wissenschaftlichen Insidern ein Begriff sein. In einem seiner Hauptwerke “The Life of Reason: The Phases of Human Progress” findet sich jedoch eine tiefe Einsicht, die bis heute – in vielen Variationen und Abwandlungen – nachhallt und gerade momentan so aktuell wie selten zuvor erscheint: “Those who cannot remember the past are condem- ned to repeat it”. Wer die Lektionen der Geschichte nicht lernt, ist wohl in der Tat dazu verurteilt, Vieles, was als überwunden galt, erneut aufflammen zu sehen.
Dass dies sogar in den an sich so streng fakten- und evidenzbasierten Sphären der Wissenschaft und ganz konkret auch in unserem beruflichen Feld der Medizin ein relevantes Problem ist, kann man z.B. daran erkennen dass erstmals seit Jahren die Maserninfektionen weltweit wieder zugenommen haben – an dieser vermeintlich harmlosen “Kinderkrankheit” sind der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge 2017 mindestens 110.000 Menschen gestorben, die meisten davon Kinder unter fünf Jahren. Aufgrund der Ignoranz und (Medizin)Geschichtsvergessenheit fakten- und evidenz- resistenter Impfgegner sahen sich ja in Deutschland kürzlich verschiedene Kitas bereits gezwungen, eine Impfpflicht als Aufnahmekriterium zu etablieren, und im Bundesgesundheitsministerium wird aktuell sogar eine entsprechende allgemeine gesetzliche Regelung geprüft. Ein weiteres unschönes “Revival” beschäftigt derweil vor allem die Dermatologen: Die Krätze ist wieder auf dem Vormarsch. Was fachärztlicherseits angesichts der wieder zunehmenden Verbreitung dieser für die Betroffenen äußerst unangenehmen Erkrankung zu tun ist, lesen Sie auf S. 10f der vorliegenden Ausgabe von Ästhetische Dermatologie.
Ihr
Reinhard W. Gansel
Schriftleiter Ästhetische Dermatologie