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Medizinische Qualität, Effektivität und Wirtschaftlichkeit – Dreiklang der modernen Praxisführung

Konzepte für eine bessere Patientenversorgung

Der Praxisalltag ist häufig mit Stress verbunden. Bestimmte Abläufe, beispielsweise eine umfassende Aufklärung über Therapieoptionen, sind notwendig, jedoch auch zeitintensiv. Je nach Personalsituation oder Patientenandrang fehlt Zeit, was dazu führen kann, dass die Qualität der Patientenversorgung leidet. Um dieses Thema ging es kürzlich in einer Workshopreihe mit Dr. med. Klaus Strömer aus Ahaus.

Als diplomierter Gesundheitsökonom mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in der zertifizierten Praxisführung nach ISO 9001 stellte er Konzepte zur modernen Praxisführung vor,

die Qualität, Effektivität und Wirtschaftlichkeit vereinen und damit die Patientenversorgung und die Praxisabläufe verbessern können. Um die Qualität zu sichern, effektiv und wirtschaftlich zu arbeiten, riet er (künftigen) Praxisinhaber*innen zu einem Konzept mit standardisierten Abläufen – er betonte dabei, dass es sich hierbei nicht um „One-fits-it-all“-Lösungen handelt.

Praxiskonzept: Mit unterschiedlichen Maßnahmen zum Erfolg

Checklisten

Wie Strömer aus eigener Erfahrung berichtete, wiederholen sich die Erklärungen von Ärzt*innen für ihre Patient*innen in Bezug auf die Erkrankung, die Abläufe und die Therapie. Damit Informationen nicht verloren gehen, empfiehlt er, Checklisten zu schreiben.

Informationsmaterialzur Patientenaufklärung

Zu den ärztlichen Aufgaben gehört u.a. die Aufklärung über die Erkrankung und ihren Verlauf sowie die Besprechung der Therapie inklusive der Darlegung von therapeutischen Alternativen – unabhängig vom Versicherungsstatus. Broschüren oder digitales Anschauungsmaterial können hierbei unterstützen. Mögliche Inhalte sind Informationen zum Krankheitsbild, den diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten und ggf. eine Gegenüberstellung von Therapieoptionen.

Delegieren und Schulungen von Mitarbeiter*innen

Aufgrund der Nachfragen von Patient*innen zu ihrer Behandlung lohne es sich, so Strömer, dass die Mitarbeiter*innen Schulungen erhalten, um für Patient*innen weitere Hilfestellungen anzubieten. Das spare nicht nur die Kapazitäten der Ärzt*innen, sondern könne auch die Adhärenz bei Patient*innen verbessern. Außerdem kann sich die Motivation der Mitarbeiter*innen durch mehr Verantwortung steigern.

Festlegung von Standards

Für die häufigsten Erkrankungen empfiehlt Dr. Strömer die Festlegung von „standard operating procedures“ (SOPs) oder Prozessbeschreibungen. Auf diese Weise kann für eine gleichbleibende Qualität sowie transparente Abläufe gesorgt werden. So hätten Patient*innen die besten Chancen, zielgenau behandelt zu werden, unabhängig von der situativen Gestimmtheit. Jedoch decken SOPs keine patientenindividuellen Faktoren wie Komorbiditäten, Therapiewünsche und die zeitlichen Verfügbarkeiten für Behandlungen ab. Standards können beispielsweise festgelegt werden für:

  • Leistungszifferketten in EDV
  • Aktionslisten in PVS
  • Textbausteine, z.B. für bestimmte
  • Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse oder OP-Berichte
  • Patient*inneninformationen
  • Terminierung, Sprechstundenzeiten für Konzept-Patient*innen
  • Schulungsmaterial für Mitarbeiter*innen
  • Zusammenstellung der wissenschaftlichen Rationale für eine Behandlung

Handbuch für Qualitätsmanagement (QM)

Ein QM-Handbuch beinhaltet alle festgelegten Maßnahmen zur Sicherung der Qualität inklusive der SOPs. Das Handbuch muss für alle Mitarbeiter*innen zugänglich sein. Zudem verkürze es, so Strömer, die Einarbeitungszeit für neue Mitarbeiter*innen (Ärzt*innen wie Helfer*innen), da sie die in der Praxis gelebten Qualitätsstandards jederzeit eigenständig nachlesen könnten.

Zeitersparnis dank Konzepten

Die Vorteile eines standardisierten Vorgehens fasste Strömer wie folgt zusammen: „Allen Patient*innen wird die bestmögliche Therapie angeboten, unabhängig von der situativen Gestimmtheit, da der Prozess zur Routine geworden ist. Dank der umfassenden Aufklärung trifft der/die Patient*in die Entscheidung für die Therapie. Dadurch steigen die Adhärenz und Zufriedenheit, was sich positiv auf die Reputation der Praxis auswirken kann. Es werden keine potenziellen Selbstzahler- oder BG-Patient*innen übersehen. Geschulte, gut ausgebildete Mitarbeiter*innen sind in verantwortungsvoller Tätigkeit.“

Vorgehen am Beispiel der aktinischen Keratosen

Aktinische Keratosen (AK) sind eine häufige Erkrankung in der dermatologischen Praxis, für die es eine Vielzahl an Behandlungsoptionen gibt. Bevor ein Konzept erstellt und die Voraussetzungen in der Praxis geschaffen werden können, sollte der/die Ärzt*in sich zuerst die Frage stellen, welche die beste Therapie für die Patient*innen sei. Diese Frage beleuchtete Strömer aus verschiedenen Perspektiven.

1. Was ist die effektivste Therapie? Was sagt die Studienlage?

Auf Grundlage zweier Meta-analysen von Vegter und Tolley 2014 [1] und Steeb et al. 2021 [2] zog der Experte das Fazit, dass in Hinblick auf die Abheilungs- und Rezidivraten von AK die Photodynamische Therapie (PDT) am besten abschneide.

Was sagt die Leitlinie?

Als Rationale für die Therapie-entscheidung ist in der S3-Leitlinie Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut [3] unter anderem die Therapiedauer aufgeführt, welche in kurze, mittlere oder lange Dauer differenziert wird. Die Therapiedauer sei ein Parameter für die Adhärenz, da eine längere Therapiedauer zu einer geringeren Adhärenz führen kann, so Strömer. Innerhalb der topisch-arzneimittelgestützten Verfahren ist die PDT die Therapie mit der kürzesten Dauer (1 Tag), gefolgt von Tirbanibulin (5 Tage). Alle anderen topisch-medikamentösen Therapien sind deutlich länger in der Anwendung.

2. Was ist die wirtschaftlichste Therapie?

Strömer machte klar, dass Wirtschaftlichkeit nicht einfach mit dem Preis eines Therapeutikums gleichzusetzen ist, sondern dass bei deren Taxierung vielmehr auch Abheilungsraten und Rezidivfreiheit eine erhebliche Rolle spielen. Eine Therapie kann nur wirtschaftlich sein, wenn sie auch den gewünschten langfristigen Erfolg bringt und keine eigentlich überflüssigen Neuverordnungen nötig sind. In der Gesamtsicht schneide daher die PDT auch unter Gesichtspunkten eines kosteneffizienten Einsatzes von Ressourcen zulasten der Kostenträger sehr gut ab.

Zusammenfassung

Dr. med. Klaus Strömer erläuterte die alltäglichen Herausforderungen und Probleme bei der Patient*innenversorgung in der dermatologischen Praxis. Sein Lösungsansatz sieht ein Praxiskonzept vor, welches standardisierte Abläufe, Schulungen von Mitarbeiter*innen und die Delegation von Aufgaben umfasst. Dies sichere nicht nur eine gleichbleibende Qualität bei der Patient*innenversorgung, sondern erlaube ein effizienteres und somit wirtschaftlicheres Arbeiten.

Literatur

  1. Vegter S, Tolley K. PLoS One. 2014;9(6): e96829.
  2. Steeb T et al. JAMA Dermatol. 2021;157(9): 1066-1077.
  3. S3-Leitlinie AK und PEK der Haut, Langversion 2.0;2022. AWMF-Registernr. 032/022OL (leitlinien.net) (letzter Aufruf: 19.04.2023).