Weiterhin signifikantes Risiko eines schweren COVID-19-Verlaufs bei immundefizienten Personen
Versorgungsdaten auf dem ESCMID 2024 vorgestellt
Neue Real-World-Daten bestätigen erneut die signifikante und unverhältnismäßige Belastung von immundefizienten Patient*innen durch COVID-19 im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, welche trotz COVID-19-Schutzimpfungen besteht. Die Daten machen die Notwendigkeit eines zusätzlichen Schutzes für diese gefährdeten Bevölkerungsgruppen deutlich.

Obwohl die Weltgesundheitsorganisation die Pandemie vor einem Jahr für beendet erklärt hat, ist COVID-19 auch heute noch ein erhebliches Problem für die öffentliche Gesundheit von Hochrisikopatient*innen. Die retrospektive Kohortenstudie INFORM (INvestigation oF cOvid-19 Risk among iMmunocompromised populations) analysierte Daten von fast 12 Millionen Menschen ab 12 Jahren in England mit dem Ziel, die Auswirkungen, das Risiko und die Nutzung von Ressourcen des Gesundheitssystems von COVID-19 bei immundefizienten Bevölkerungsgruppen zu bewerten. Beginn der Datenerhebung war das Jahr 2022 – der Zeitpunkt, zu dem die Omikron-Varianten dominant wurden. [1]
Aktuelle INFORM-Daten von Januar bis Juni 2023 zeigen, dass viele immungeschwächte Personen trotz mindestens vier COVID-19-Schutzimpfungen nach wie vor unzureichend gegen das Virus geschützt sind. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben sie ein weiterhin unverhältnismäßig hohes Risiko für schwere Verläufe von COVID-19, einschließlich Krankenhausaufenthalt und Tod. [2]
Die Studie identifizierte auch bestimmte immungeschwächte Bevölkerungsgruppen – darunter Menschen mit Blutkrebs, Empfänger*innen von Organ-/Stammzelltransplantationen, Menschen mit Nierenerkrankungen im Endstadium unter Dialyse und Menschen, die bestimmte immunsuppressive Medikamente einnehmen – die weiterhin ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben. [2]
Darüber hinaus ergab eine neue Analyse von früheren INFORM-Daten aus dem Jahr 2022, dass Personen mit Multipler Sklerose (MS) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein erhöhtes Risiko für COVID-19-bedingte Krankenhausaufenthalte und Todesfälle haben, was auf den Einsatz von immunsuppressiven Therapien zurückzuführen sein kann, die zu einer suboptimalen Impfantwort führen können. [3]
Analysen aus der INFORM-Studie zeigen:
• Obwohl immundefiziente Personen nur einen Anteil von etwa 4% an der Gesamtbevölkerung haben, machen sie immer noch etwa ein Viertel der COVID-19-Krankenhauseinweisungen (24%) und -Todesfälle (23%) aus (Analyse Januar bis Juni 2023). [2]
• Unter den Personen, die mindestens vier COVID-19-Schutzimpfungen erhalten hatten, war das Risiko einer COVID-19-Hospitalisierung in bestimmten immungeschwächten Gruppen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung besonders hoch: 18-mal höher für Personen, die in den letzten zwei Jahren eine Stammzelltransplantation erhalten haben, eine gängige Behandlung für hämatologische Malignome; 9-mal höher für Personen mit hämatologischen Malignomen, die in den letzten sechs Monaten aktiv behandelt wurden, und fast 7-mal höher bei Personen, die in den letzten fünf Jahren ein Organtransplantat erhalten haben. Andere Patient*innenpopulationen mit einem mindestens 2-mal höheren Risiko für COVID-19-Krankenhausaufenthalte beinhalteten Patient*innen mit Niereninsuffizienz im Endstadium (Januar bis Juni 2023, bereinigte Analysen). [2]
• Selbst mit mindestens drei COVID-19-Schutzimpfungen hatten Personen mit MS im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein fast 6-mal höheres Risiko für einen COVID-19-bedingten Krankenhausaufenthalt und ein nahezu 4-fach höheres Risiko für COVID-19-bedingte Todesfälle (Januar bis Dezember 2022, bereinigte Analysen). [3]
Die COVIDRIVE Studie schloss mehr als 5.000 Europäer*innen ein, die wegen schwerer akuter Atemwegsinfektionen ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Neue Analysen, die ebenfalls auf dem ESCMID vorgestellt wurden, ergaben:
• Von den Personen, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet (und mit schwerem COVID-19 diagnostiziert) wurden, waren fast 30% immundefizient (u.a. aufgrund von Immundefizienz, Organtransplantation und/oder Krebs), obwohl sie nur bis zu 4% der Bevölkerung ausmachten. [4]
• Die Prävalenz von Personen mit immunkompromittierenden Erkrankungen, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, war ab Februar 2022 deutlich höher als die von negativ getesteten Personen und lag im Juli 2023 bei mehr als 50%. [5]
• Die meisten Patient*innen, die wegen einer schweren akuten Atemwegsinfektion ins Krankenhaus eingeliefert wurden, hatten mehrere chronische Erkrankungen (20,1% hatten vier oder mehr), wobei bei den positiv getesteten Patient*innen eine etwas höhere Prävalenz chronischer Nierenerkrankungen beobachtet wurde als bei den negativ getesteten Patient*innen. [4]
Prof. Lance Turtle PhD FRCP DTMH, Professor für Immunität und Infektionskrankheiten an der Universität Liverpool und INFORM-Prüfarzt, sagte: „Während der Gesamtschweregrad, die Rate der Krankenhauseinweisungen und die Anzahl an Todesfällen durch COVID-19 im Vergleich zum Höhepunkt der Pandemie abgenommen hat, zeigt eine überzeugende und wachsende Zahl an Beweisen aus der Praxis, dass immungeschwächte Personen immer noch unverhältnismäßig stark unter dem Virus leiden. Wiederholte COVID-19-Schutzimpfungen sind zwar hilfreich und retten Leben, schließen diese Lücke aber nicht vollständig. Daher erkranken immer noch einige immungeschwächte Personen schwer an COVID-19 oder sterben daran. Die Daten von INFORM und COVIDRIVE spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Ärzt*innen dabei zu helfen, festzustellen, welche immungeschwächten Patient*innen ein hohes Risiko für Krankenhausaufenthalte und Tod haben und welche möglicherweise zusätzliche Präventionsmaßnahmen benötigen.“
Quelle: AstraZeneca GmbH
Literatur
1. Evans RA, Dube S, Lu Y, et al. Impact of COVID-19 on immunocompromised populations during the omicron era: insights from the observational population-based INFORM study. The Lancet Regional Health – Europe 2023;100747.
2. Dube S et al. Continued Increased Risk of COVID-19 Hospitalisation and Death in Immunocompromised Individuals Despite Receipt of ≥4 Vaccine Doses: Updated 2023 Results from INFORM, a Retrospective Health Database Study in England. ECCMID 2024. Poster P0409.
3. Turtle L et al. Individuals with Multiple Sclerosis Are at High Risk for COVID-19 Hospitalisation and Death Despite High Rates of Vaccination: Results from the England INFORM Study. Oral Presentation auf dem ECCMID 2024.
4. Meeraus W et al. Immunocompromise, Cancer and Other Comorbidities in Patients with Severe Acute Respiratory Infection Testing Positive Versus Negative for SARS-CoV-2: A Post Hoc Analysis of COVIDRIVE Data from May 2021 to May 2023. ECCMID 2024. Poster P0382.
5. Meeraus W et al. High Prevalence of Immunocompromising Conditions Among Patients with Severe Acute Respiratory Infection, Including SARS-CoV-2: Results from a Multicentre, Test-Negative Case Control Study. ECCMID 2024. Poster P0381.