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„Wir haben versucht, gerade junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu gewinnen“

Interview mit Tagungspräsident Prof. Dr. med. Michael Hertl (Marburg)
zur virtuellen „Dermatologie KOMPAKT & PRAXISNAH“, 18.–20. Februar 2022

Längst gilt die Tagung Dermatologie KOMPAKT & PRAXISNAH als ein Highlight der dermatologischen Fortbildung und fand 2022 nun bereits zum sechsten Mal statt. Der Zuspruch unter den Dermatologen ist nach wie vor groß, denn das Konzept einer zeitsparenden und kompakten Wissensvermittlung ist einfach überzeugend. Leider konnte die Veranstaltung in diesem Jahr nur virtuell stattfinden, war „aber nicht weniger attraktiv“, so Tagungspräsident Prof. Dr. med. Michael Hertl, Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Marburg/UKGM und Präsident der DDG. Wir sprachen mit ihm darüber, welche besonderen und spannenden Themen in diesem Jahr präsentiert und erörtert wurden.

DISKURS Dermatologie: Herr Prof. Hertl, die Tagung fand dieses Mal nur virtuell statt. Gibt es auch im Nachhinein noch Möglichkeiten, auf die Inhalte zuzugreifen?

Prof. Hertl: Ja, die meisten Vorträge können nach dem Tagungswochenende auf der Website on demand (als Live Stream) abgerufen werden.

DISKURS Dermatologie: Wie aufwendig war es für die Veranstalter, auf ein virtuelles Format umzustellen?

Prof. Hertl: Wir haben durch die nun ja schon etwas länger andauernde Corona- Pandemie mit diesem Format bereits ausgiebige Erfahrungen gesammelt. Es soll nicht der Goldstandard der Zukunft werden, bietet aber die Möglichkeit, viele potentielle Teilnehmer zu erreichen. Die Zukunft wird wohl das Hybrid aus Live Meeting und virtueller Teilnahme sein.

DISKURS Dermatologie: Wie lief es mit der Posterausstellung und der Industrieausstellung – hat die virtuelle Lösung auch hierfür funktioniert?

Prof. Hertl: Die virtuelle Postersession funktionierte technisch einwandfrei und bot vielen jungen Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, eigene klinische Fälle oder wissenschaftliche Ergebnisse vorzustellen. Der Vorteil ist: man kann immer wieder zum Poster zurückkehren oder noch nicht gesehene Poster später ansehen. Auf die digitale Industrieausstellung muss man sich erst einmal einlassen, aber es funktioniert auch so. Als Tagungsleitung hätten wir natürlich auch gerne die Möglichkeiten, den direkten Austausch mit der Industrie herzustellen.

DISKURS Dermatologie: Gab es aufgrund der digitalen Lösung sogar mehr Teilnehmer als sonst?

Prof. Hertl: Erstaunlicherweise ja! Bereits vor der Tagung hatten wir knapp 1.000 Anmeldungen. Offenbar bestand ein sehr hoher Weiterbildungsbedarf: Hierfür steht ja auch unsere Fachgesellschaft! Wir haben alle gelernt, mit digitalen Medien umzugehen und diese zu nutzen. Wie sollen die wirklich beeindruckenden Innovationen in unserem Fach denn auch sonst vermittelt werden?

DISKURS Dermatologie: Wie haben Sie es geschafft, die Programmpunkte nicht nur praxisrelevant, sondern auch interaktiv zu gestalten?

Prof. Hertl: Mit mehr als 1.300 Teilnehmern ist das natürlich nicht einfach. Wir haben die Themen für ein interaktives, ehrliches Live-Programm geplant. Viele Formate (Dialog, klinische Perlen, viele Workshops) wurden live gehalten und lebten von der Präsenz der Referentinnen und Referenten. Die Authentizität, in Kombination mit qualitativ hochwertigen Fachvorträgen hat den großen Unterschied gemacht. Das haben die Teilnehmenden gespürt!

DISKURS Dermatologie: Gab es Programmpunkte, die Sie aufgrund ihrer Aktualität kurzfristig ins Programm genommen haben?

Prof. Hertl: Eigentlich nicht. Wir lagen mit der Einschätzung der relevanten Themen sehr gut. Als Tagungsleitung haben wir durch die Moderation versucht, solche aktuellen Akzente zu setzen.

DISKURS Dermatologie: Welche Highlights gab es zu den Biologika bei den entsprechenden Indikationen? Welche Hot Topics gab es dazu?

Prof. Hertl: Eine wesentliche Weiterentwicklung sind sicherlich die Small Molecules zur Behandlung des atopischen Ekzems und hoffentlich auch weiterer Entzündungskrankheiten wie Vitiligo oder kreisrunder Haarausfall.

DISKURS Dermatologie: Gab es auch Neues zu den JAK-Inhibitoren?

Prof. Hertl: Hier gibt es viele Neuzulassungen. Genau, um diese Substanzen handelt es sich. Es gibt bereits drei zugelassene Präparate beim Atopischen Ekzem und eins bei der Psoriasisarthritis – weitere werden in Kürze folgen.

DISKURS Dermatologie: Welche negativen Effekte wurden zur Coronapandemie in Bezug auf die dermatologische Versorgung kommuniziert?

Prof. Hertl: Die Corona-Pandemie machte sich in der Versorgungssituation bemerkbar: mehr fortgeschrittene Hauttumore, ausgeprägtere Formen der Schuppen- flechte/Psoriasis und des atopischen Ekzems/Neurodermitis. Gerade die älteren, immobilen Patienten waren hier die Verlierer. Mit Hilfe der digitalen Teledermatologie wurde dieser Missstand etwas korrigiert. Auch die stationäre Behandlung unserer Patienten war wesentlich durch die Pandemie beeinträchtigt.

DISKURS Dermatologie: Die Tagung spricht ja dezidiert auch junge Ärzte an. Wie haben Sie sich auf deren Bedürfnisse eingestellt?

Prof. Hertl: Das war unsere große Zielgruppe. Von Einladungen an Medizinstudierende bis zu junggebliebenen Zuhörern der sogenannten Tracks Facharztwissen, die Poster Slams und Poster Walks, bis zu den Diakliniken und Workshops haben wir versucht, gerade junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu gewinnen. Das ist uns, glaube ich, ziemlich gut gelungen.

DISKURS Dermatologie: Sehr geehrter Herr Prof. Hertl, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte K. Dürringer.