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Wunde & Psyche: Empowerment von Patient*innen – Zukunftskonzept in der Wundbehandlung?

Ein Schwerpunkt des interdisziplinären 5. Nürnberger Wundkongresses vom 01. bis 02. Dezember 2022 ist der Bereich Wunde und Psyche. Der Begriff „Empowerment“ zielt darauf ab, die Stellung von Patient*innen zu verbessern. Insbesondere bei chronischen Wunden sollen Betroffene mehr Einflussmöglichkeiten auf den Wundversorgungsprozess bekommen.

Dem Empowerment von Patient*innen kommt eine stetig steigende Relevanz in medizinischer Forschung und Praxis zu. Es zielt darauf ab, Patient*innen zu befähigen, durch Information, Mitentscheidung und Mitwirkung ihre Rolle im Behandlungsprozess aktiver zu gestalten.

„Ein informierter Patient, der seine Wunde und seine Erkrankung annimmt, wird eher die Therapie seiner Wunde begleiten als jemand, der sich unmündig im Therapieprozess empfindet“, erklärt Kongresspräsidentin Univ.-Prof. Dr. med. Ewa K. Stürmer, Mit-Autorin einer demnächst in der Fachzeitschrift „WUNDmanagement“ (Ausgabe 6, ET: 21.11.2022) publizierten Literaturrecherche.

Die chirurgische Leiterin des Comprehensive Wound Centers (CWC) des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf weiter: „Wunde und Psyche sind für mich zwei Dinge, die unzertrennlich zusammenhängen, auch wenn dieses Statement für eine Chirurgin etwas befremdlich anmuten mag. Es soll und darf nicht sein, dass die Patienten uns die Verantwortung für ihre Wunden vollständig übergeben, wenn sie die Schwelle der Praxis, der Wundambulanz oder des Krankenhauses überschreiten.“

Dennoch, die allgemein geforderte Selbstermächtigung, d.h. Empowerment im eigentlichen Sinne, wird laut Stürmer in der Praxis nur spärlich konkretisiert. Die Implementierung in der Pflege und der klinischen Praxis stößt auf eine Reihe von Herausforderungen. Auf Seiten des medizinischen Fachpersonals steht der Zeitmangel den Wünschen der Patient*innen im Wege. Außerdem ist ein Rollenwechsel von passiven
zu autonomen Patient*innen für beide Seiten schwierig und ungewohnt. Das medizinische Personal könnte sich durch die Kompetenz der Patient*innen bevormundet fühlen.

Eine informative und unterstützende Kommunikation zwischen Patient*innen und dem medizinischen Fachpersonal ist eine Grundvoraussetzung, eine „neue“ Autonomie zu realisieren und damit zu einem regelhaften Teil unserer täglichen Wundtherapie werden zu lassen.

Forschungen in anderen medizinischen Bereichen haben gezeigt, dass eine Erhöhung der Einflussnahme, Kontrolle und Wahlfreiheit auf Seiten der Patient*innen – wie z.B. bei dem sog. „Shared decision making“ – tat- sächlich zu besseren klinischen Ergebnissen führen kann.

Quelle: 05. Nürnberger Wundkongress