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Gerichtsurteil unterstreicht Verschreibungspflicht und Zertifizierung bei Fillerbehandlungen

4 Jahre Haft für Bochumer Kosmetikerin und Influencerin

Mitte November wurde im Landgericht Bochum das Urteil im ersten Prozess gegen eine 29-jährige Kosmetikerin und Influencerin gefällt, die aufgrund unsachgemäßer Behandlung mit Hyaluronsäure in 36 Fällen der schweren Körperverletzung und des Betruges angeklagt war. Das Gericht bestätigte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, die Angeklagte habe ästhetische Behandlungen ohne erforderliche Qualifikationen durchgeführt, und verurteilte die junge Frau zu einer Freiheitsstrafe von
4 Jahren sowie einer Geldstrafe von 36.000 Euro.

Damit unterstreicht das Gericht die Forderung der Deutschen Gesellschaft für ästhetische Botulinum- und Fillertherapie e.V. (DGBT), die Filler- behandlung ausschließlich in die Hände von approbierten Ärztinnen und Ärzten mit spezieller Fortbildung zu legen. Zudem plädiert die DGBT e.V. dafür, eine Verschreibungspflicht für Hyaluronsäurefiller einzuführen, um die Patientensicherheit zusätzlich zu steigern.

Im September erhob die Staatsanwalt- schaft Bochum Anklage gegen die
29- jährige Kosmetikerin wegen des Verstoßes gegen das Heilpraktiker- gesetz in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung, Betrug und Steuer- hinterziehung. Die Geschädigten erlitten nach fehlerhaft durchgeführ- ten Hyaluronsäure-Injektionen in Lippen und andere Gesichtsbereiche unter anderem Infektionen, Lähmun- gen und Gefäßverletzungen. Insge- samt ging die Staatsanwaltschaft von mindestens 36 Geschädigten in einem Tatzeitraum von Januar 2017 bis April 2019 und einem steuerlichen Schaden von über 780.000 Euro aus.

Das Urteil im zweiten Prozess gegen die 26-jährige Cousine, die ebenfalls ohne Erlaubnis als Heilpraktikerin tätig war, wird in Kürze erwartet. Angeklagt wurde sie in 34 Fällen wegen Betrug und schwerer Körperverletzung. Der steuerliche Schaden im Tatzeitraum zwischen Februar 2015 und April 2019 beträgt etwa 1,3 Millionen Euro.

Gesetzeslage eindeutig – aber nicht ausreichend

Nur approbierte Ärzte dürfen uneingeschränkt mit Fillern und Botulinum behandeln, Heilpraktiker eingeschränkt mit Fillern – dies sogar ohne eine entsprechende Zusatzausbildung. Allen anderen Berufsgruppen, auch Kosmetikerinnen, sind invasive Behandlungen mit Botulinum und Fillern untersagt. Botulinum ist in Deutschland verschreibungspflichtig, Filler sind es nicht, da sie als frei verkäufliches Medizinprodukt eingestuft sind. Aufgrund dieser juristischen Lücke ist es Nicht-Ärzten möglich, Filler rezeptfrei zu beziehen und illegal an Patienten anzuwenden. Vor diesem Hintergrund sieht die DGBT bei der Bewertung von Fillern als Medizinprodukt akuten Handlungsbedarf. „Um die Fillerbehandlung durch Nicht-Ärzte zu beenden, setzt sich die DGBT bei der Bundesregierung und den zuständigen Behörden nachdrücklich dafür ein, für Hyaluronsäure-Filler eine Verschreibungspflicht einzuführen. Entsprechende Anträge wurden bereits gestellt. Dieser Vorstoß wird übrigens durch alle führenden Fachgesellschaften in diesem Bereich unterstützt“, erläutert Dr. med. Klaus Hoffmann, Beauftragter der DGBT für diesen Arbeitsbereich.

In der Realität sind Regelverstöße in ominösen Instituten bis hin zu Friseursalons an der Tagesordnung. Nach ersten Präzedenzfällen setzt die DGBT daher auf juristischer Ebene erfolgreich Unterlassungen und Abmahnungen gegen ”schwarze Schafe” durch, die nicht nur gegen geltendes Recht verstoßen, sondern auch das Wohl von Patienten massiv gefährden.

Kompetenz und Sicherheit als oberste Priorität

Komplikationen sind bei sachgerechter Botulinum- und Fillerbehandlung zwar eher selten, können aber bei Hyaluronsäure-Injektionen von ästhetischen “Unfällen” über Infektionen bis zu gefährlichen Gefäßkomplikationen mit Nekrosen und schließlich zur Erblindung führen. „Den meisten Patienten ist nicht klar, dass derartige Risiken bestehen, und den ‘Laien-Behandlern‘ leider auch nicht. Deshalb sollte jeder Anwender im Notfall kompetent und rasch mit Nebenwirkungen umgehen können“, erläutert Dr. med. Boris Sommer, der 1. Vorsitzende der DGBT. „All dies ist Ärzten möglich, die sich entsprechend fortbilden und zum Beispiel das Medikament Hyaluronidase im Kühlschrank bereithalten können, um es bei schwerwiegenden Komplikationen einzusetzen“, so Sommer weiter.

Fortbildungen und Zertifizierungen für Ärzte

Ärzte verfügen bereits über eine fundierte Ausbildung, solides anatomisches Wissen und kennen die korrekten, hygienischen Injektionstechniken. Da es keine feste Weiterbildungsordnung für Botulinum und Filler gibt, bietet die DGBT industrieunabhängige, von den Ärztekammern zertifizierte Fortbildungen an, um die ästhetischen Injektionsverfahren mit Botulinum und Fillern als medizinisch sichere und seriöse Therapien anzubieten – das zentrale Anliegen der DGBT.

Weitere Informationen zur DGBT, für Ärzte und Patienten, finden sich unter www.dgbt.de.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Botulinum– und Fillertherapie e.V.