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DGÄPC-Statistik 2022: Behandlungswünsche durch Social-Media-Nutzung mit enormem Anstieg

Die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) setzt sich seit geraumer Zeit dafür ein, dass vor allem die junge, noch leicht zu beeinflussende Zielgruppe im Umgang mit Sozialen Medien geschützt wird. „Die Selfie Dysmorphie beschreibt den Wunsch, im realen Leben so auszusehen wie auf eigenen, mit Filtern bearbeiteten Bildern. Die steigenden Zahlen zeigen uns, dass beim Thema ‘Beeinflussung durch soziale Medien‘ dringender Handlungsbedarf besteht“, unterstreicht Dr. med. Alexander P. Hilpert, Präsident der DGÄPC.

Die DGÄPC-Statistik fragt bei den teilnehmenden Patient*innen nicht nur reine Behandlungswünsche ab, sondern gibt auch Aufschluss über deren Verhalten außerhalb der Praxis. Was bewegt die Patient*innen überhaupt dazu, in die Praxis oder Klinik eines Facharztes/einer Fachärztin zu kommen? Hier spielen seit geraumer Zeit nicht nur die persönliche Empfehlung durch Bekannte sowie die mediale Berichterstattung eine Rolle, sondern auch die Nutzung von Sozialen Medien. Die letzten Jahre machten deutlich: auch wenn zahlreiche Influencer*innen sich mittlerweile für Hashtags wie „Bodypositivity“ und „No Filter“ stark machen – der Einfluss der Sozialen Medien steigt weiter enorm an.

Die aktuelle DGÄPC-Statistik 2022 bestätigt die zunehmende Einflussnahme auf die eigene optische Wahrnehmung. Denn während im Jahr 2020 lediglich 2,3% der Befragten und 2021 4,0% der Befragten angaben, dass Posts in den Sozialen Medien den Wunsch nach persönlicher Veränderung verstärken, sind es 2022 insgesamt 10,6% aller Befragten (Zielgruppe 18-80+). Bei der jungen Zielgruppe unter 30 fand sogar eine Steigerung gegenüber 2021 von 9,0% auf 20,9% statt.

Zudem gibt Hilpert einen weiteren wichtigen Aspekt zu bedenken: „Es gibt in unserem Bereich auch weniger seriöse, nicht-fachärztliche Kollegen, die mit Bildern werben, von denen niemand weiß, ob diese eventuell bearbeitet sind. Eine Kennzeichnungspflicht schützt dann unter anderem auch davor, dass nicht-reelle Ergebnisse einfach so gezeigt werden können.“

Abb. 1:
Wunsch nach persönlicher Veränderung, verursacht durch Social Media, in %, 2022 vs. 2021.

Besonders stark betroffen: Die „Generation Z“

In der Altersgruppe, die zwischen 1997 und 2012 zur Welt gekommen ist, der sog. „Generation Z“, sind die Zahlen mit einer Steigerung von über 130% geradezu alarmierend. Hilpert sieht diesen Trend mehr als kritisch: „Diese Entwicklung ist für uns Fachärzt*innen der DGÄPC besorgniserregend. Die Perfektion, die von Filtern und spezieller Software auf den sozialen Medien suggeriert wird, ist häufig realitätsfern. Filter strecken die Silhouette, idealisieren Proportionen, befreien die Haut von Makeln, vergrößern Augen und Lippen – teilweise auf eine groteske Art und Weise. Eine Kennzeichnungspflicht (…) von kommerziell genutzten und durch Software optimierten Bildern wäre ein wichtiger Schritt. So wird erkennbar: Dieser Körper oder dieses Gesicht ist digital bearbeitet! Ziel sollte sein, jungen Menschen den Druck zu nehmen, einer vermeintlichen Perfektion nachzueifern.“

Immerhin machen sich 40,4% der jüngeren Patient*innen auf den Weg zu langjährig ausgebildeten und qualifizierten Fachärzt*innen. 28,9% der Jüngeren folgen Arztprofilen bei Instagram & Co. und 39,2% geben an, das Gefühl vermittelt zu bekommen, einen realistischen Eindruck von Risiken Ästhetisch-Plastischer Operationen und Behandlungen zu erhalten. Mehr als ein Drittel der Befragten gab an, dass Promis und Influencer*innen ihnen das Gefühl vermitteln, der Gang zum „Beautydoc“ sei ganz normal und mehr als 50% begrüßen dabei, dass diese öffentlich zu ihren Eingriffen stehen.

Kennzeichnungspflicht bei Social Media wünschenswert

Die DGÄPC spricht sich geschlossen für eine Kennzeichnungspflicht von bearbeitetem Bildmaterial aus. Vorreiter hierfür sind Frankreich und Norwegen – hier ist die Kennzeichnungspflicht gesetzlich bereits vorgeschrieben. Denn der Einsatz
von Filtern und Face-Apps zur Selbstoptimierung sowie die Darstellung und das Konsumieren von geschönten Grafiken in sozialen Netzwerken führen nicht nur zu einem verminderten Selbstwertgefühl, sondern auch zu einer Nachfrage von nicht-rationalen Optimierungswünschen bei der jungen und mittleren Zielgruppe. Leider häufig ohne Happy End für die Patient*innen. Denn bei der Suche nach Angeboten und „Spezialisten“ reagieren viele auf die sehr direkten Dumping-Angebote und Versprechen von Beautyketten und Franchiseunternehmen. Auch die Beiträge von selbsternannten Schönheitschirurg*innen, die sich überwiegend bei Facebook, Instagram und über Influencer*innen darstellen, verleiten die Patient*innen zur Terminvereinbarung – häufig mit komplikationsbehaftetem oder unschönem Ergebnis.

Die Tatsache, dass mit Filtern optimierte Selfies und Personenfotos, die auf Social Media gepostet oder für Werbung genutzt werden, Auswirkungen auf die Selbstwahrnehmung und den Wunsch nach ästhetischer Optimierung haben, hat nicht nur die letztjährige DGÄPC-Statistik gezeigt. Die diesjährigen Zahlen der qualitativen Patientenbefragung machen deutlich, dass hier seitens der Politik Handlungsbedarf besteht. Neben der permanenten Auseinandersetzung mit geschöntem Bildmaterial fluten immer mehr Faceapps die Appstores. Sie machen es den User*innen sehr leicht, ihr eigenes Bildmaterial zu optimieren und sich so zu sehen, wie sie sich gerne sehen möchten. Der dauerhafte Vergleich mit Influencer*innen, Promis und eigenen geschönten Bildern ist ein unfairer, harter und nicht realistischer Vergleich.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie