Erfahrungsbericht vom G. Eliava Institute Summer School Workshop 2024
Jedes Jahr lädt das G. Eliava Institute for Bacteriophages, Microbiology and Virology zu einem Summer School Workshop ein, einem exklusiven Bakteriophagen-Kurs für internationale Gäste aus aller Welt. Ziel des Workshops war die bioinformatische Anleitung sowie eine einwöchige Einführung in das Labor-Handling von Bakteriophagen. Am letztjährigen Workshop nahm unsere Mitarbeiterin Annabel von Clanner teil, die im Folgenden über ihre dort gemachten Erfahrungen berichtet.

Das G. Eliava Institute wurde 1923 von Georgi Eliava in Tiflis (Georgien) gegründet, um einen dezidierten Ort für die Entwicklung von Bakteriophagen-Therapien zu schaffen. Bakteriophagen, auch kurz Phagen genannt, sind bakterienspezifische Viren, die ihr genetisches Material in Bakterien injizieren, um sich dort zu vermehren. Durch ihre hohe Spezifität gegenüber dem jeweiligen Bakterium eignen sich Bakteriophagen außerordentlich gut dafür, bakterielle Infektionen zu behandeln.
Die ersten Bakteriophagen wurden von Frederick Twort entdeckt [1], in der Folge war es Félix d’Hérelle am Institut Pasteur in Paris, der den Begriff Bakteriophagen prägte. [2] Wenige Jahre später gründete der Georgier Georgi Eliava mit Stalins Hilfe das nach ihm selbst benannte Institut in Tiflis, das bis heute besteht. Am G. Eliava Institute werden seit nunmehr über 100 Jahren auf die jeweiligen Patient*innen maßgeschneiderte Bakteriophagen-Therapien angeboten, die mittlerweile – in Zeiten zunehmender bakterieller Antibiotikaresistenzen – auch außerhalb Georgiens wieder verstärkt in den Fokus wissenschaftlicher Forschung rücken, da die Phagentherapien eine wirksame wie auch kostengünstige Alternative zu Antibiotika sein können. Darüber hinaus wird auch an Kombinationstherapien mit Bakteriophagen plus Antibiotika geforscht.
Zur Information über die in Georgien und Russland bereits etablierte Phagentherapie bietet das G. Eliava Institute jährlich einen Summer School Workshop an, zu dem internationale Studierende, Doktoranden, Wissenschaftler, Mediziner und auch Geschäftsleute eingeladen werden, um das Laborhandling mit Bakteriophagen zu erlernen und gegebenenfalls Kooperationen aufzubauen. Tatsächlich fördert die Europäische Union bereits Kooperationen mit dem G. Eliava Institute, um die Phagenforschung angesichts der Antibiotikaresistenzkrise zu unterstützen.
Der Workshop im Juni letzten Jahres startete mit einem ausführlichen bioinformatischen Kurs zu den Grundlagen der Phagenhandhabung in silico. Dabei stand die Plattform „BV-BRC“ der amerikanischen Professorin Rebecca Wattam für die Erforschung bakterieller und viraler Infektionskrankheiten im Fokus. Das BV-BRC bietet integrierte Daten fortschrittlicher und kombinierter Bioinformatik-Tools sowie Arbeitsabläufe, um die wissenschaftliche Gemeinschaft beim Verständnis und der Bekämpfung von Infektionskrankheiten zu unterstützen. Der bioinformatische Workshop sowie die Einführung in die korrekte Verwendung der BV-BRC Plattform wurde von Prof. Wattam selbst geleitet, die für diesen Teil der Summer School extra vom G. Eliava Institute eingeladen wurde.


In der zweiten Woche widmeten sich die Teinehmer*innen der Laborarbeit mit Bakteriophagen. Sie wurden hierzu in Kleingruppen von 10 Personen aufgeteilt und von Mitarbeiter*innen des Instituts betreut. Die Versuche begannen damit, Bakteriophagen aus Abwasser anzureichern. Dazu wurde ein Sud aufgesetzt, der aus verdünntem Abwasser sowie einer speziellen „Broth“ („Brühe“) bestand. Dieser Ansatz wurde anschließend über Nacht bei 37°C in einen Schüttelinkubator gestellt. Am nächsten Tag wurde ein Teil des aufgesetzten Suds abgenommen, weiter verdünnt und filtriert. Das Filtrat wurde anschließend auf Agarplatten (mit einem Bakterienrasen aus E. coli) getropft, mit dem Ziel, am nächsten Tag einen Hemmhof um die E.-coli-Bakterien zu erhalten. Dies diente als Nachweis dafür, dass Phagen im Filtrat enthalten waren, die weiterführend angereichert wurden, da Phagen die Bakterien als Produktionsstätten für neue Phagen verwenden; je mehr Bakterien man in einer Flüssigkultur ansetzt, in der Phagen vorhanden sind, desto höher die Phagenausbeute.

Auf die Anreicherung von Phagen folgte die Vereinzelung von Phagen, um diese später unter dem Transmissions-Elektronenmikroskop (TEM) visualisieren zu können. Alle isolierten und aufgereinigten Phagen wurden in die am G. Eliava Institute etablierte Phagen-Bibliothek aufgenommen. Zwischenzeitlich wurden die Teilnehmer*innen auch durch die Phagenklinik geführt, wo bereits viele Patient*innen aus der ganzen Welt, insbesondere solche, die sich mit bekannten und äußerst problematischen, multiresistenten Krankenhausstämmen wie MRSA (Multi Resistent Staphylococcus aureus) infiziert hatten, mit großem Erfolg behandelt wurden. In der am Campus befindlichen Apotheke war es zudem möglich, diverse Phagenpräparate mit aktiven Bakteriophagengemischen zu erwerben, darunter „Phagovita“, ein Lutschbonbon gegen bakteriell induzierte Halsschmerzen. Diese Präparate warten noch auf eine Zulassung der EMA bzw. FDA für die Anwendung innerhalb der EU bzw. in den USA.
Literatur
- Twort F, An Investigation On The Nature Of Ultra-Microscopic Viruses, The Lancet, Volume 186, Issue 4814, 1915, doi: 10.1016/S0140-6736(01)20383-3.
- d’Hérelle F et al. The Bacteriophage, Its Role in Immunity. Baltimore: Williams & Wilkins company. 1922, doi: 10.5962/bhl.title.31194