Innovationsfonds: Fracture Liaison Service als neue Versorgungsform zur Behandlung von Osteoporosepatienten nach Oberschenkelbruch
Prof. Dr. Wolfgang Böcker; Prof. Dr. Christian Kammerlander
Klinikum der Universität München, Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
Klinikum der Universität München (LMU), Campus Großhadern
Marchioninistraße 15, 81377 München
Für die Forschung zur Senkung des Risikos erneuter Knochenbrüche bei Osteoporosepatienten durch vorbeugende Maßnahmen erhält das Konsortium um Prof. Dr. med. Wolfgang Böcker, Direktor der Unfallchirurgischen Klinik der Ludwigs- Maximilians-Universität München 3,2 Mio. Euro aus dem Innovationsfond des Gemeinsamen Bundesausschusses.
Zusammen mit den Konsortialpartnern AUC-Akademie der Unfallchirurgie GmbH, pvm Versorgungsmanagement GmbH, dem Fachbereich Health Service Management der LMU sowie den Krankenkassen DAK-Gesundheit, IKK classic und der Techniker Krankenkasse soll in der 4-jährigen Studie FLS-CARE der Benefit für Patienten nachgewiesen werden, die nach einer hüftgelenksnahen Oberschenkelfraktur durch ein Netzwerk aus Ärzten, Pflegekräften und Physiotherapeuten enger betreut werden, eine dauerhafte medikamentöse Osteoporosebehandlung erhalten und in Übungen zur Vermeidung von Stürzen angeleitet werden.
In dem im Oktober 2019 beginnenden Forschungsprojekt soll gezeigt werden, dass dadurch die Häufigkeit von Stürzen und von Folgebrüchen gesenkt, die Sterblichkeit verringert und die Lebensqualität der Patienten gesteigert werden kann, so Prof. Dr. med. Christian Kammerlander, stellvertretender Klinikleiter. Ein Vergleich der Behandlungskosten erneuter Frakturen mit den Aufwendungen für die engere Betreuung und die Medikamentenkosten soll die Frage beantworten, ob diese als Fracture Liaison Service (FLS) bezeichnete Begleitung der Patienten vom Krankenhaus in den ambulanten Bereich auch in Deutschland zu Kosteneinsparungen für die gesetzlichen Krankenkassen führt. Wenn sich die positiven Auswirkungen dieser Form der Patientenbetreuung bestätigen, kann diese neue Versorgungsform in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Rund 1.200 gesetzlich versicherte Patienten mit Osteoporose-bedingter hüftgelenksnaher Oberschenkelfraktur ab 50 (Frauen) bzw. 60 Jahren (Männer) werden in 18 bayerischen Kliniken in die Studie eingeschlossen. Als Kooperationspartner beteiligen sich zudem die AOK Bayern und Barmer, weitere gesetzliche Krankenkassen sollen noch als Partner gewonnen werden. Hochrechnungen zufolge sind in Deutschland rund 6,3 Millionen Menschen von Osteoporose, dem altersbedingten Schwund der Kno- chenmasse, betroffen. Diese Erkrankung führt dazu, dass Betroffene sehr leicht Knochenbrüche zumeist infolge eines banalen Sturzes erleiden. Mehr als die Hälfte der Patienten erleiden nach der ersten Fraktur einen Folgebruch mit daraus resultierenden Krankenhausaufenthalten und Operationen. Insbesondere die Hüftfraktur geht mit einem substantiellen Versterbensrisiko der Patienten einher (bis zu 20% innerhalb von einem Jahren). Aktuell erfolgt nur selten eine Diagnostik und spezifische Therapie der zugrundeliegenden Osteoporose und es werden in Ausnahmefällen Maßnahmen zur Sturzprävention eingeleitet. Nur etwa 10% der betroffenen Frauen bzw. 3% der Männer erhalten derzeit 12 Monate nach einer Fraktur eine medikamentöse Osteoporosetherapie – unter anderem auch, weil verschriebene Medikamente von den Patienten nicht konsequent eingenommen werden. Im Jahr 2010 verursachten die 725.000 osteoporosebedingten Frakturen Behandlungs- und Folge- kosten von etwa 9 Mrd. Euro. Bis 2025 ist aufgrund der demografischen Entwicklung mit einem Anstieg auf 930.000 osteoporotische Frakturen zu rechnen. In internationalen Studien konnte gezeigt werden, dass ein FLS Versorgungsmodell zu einer signifikanten Steigerung der leitliniengerechten Therapie führt und damit sowohl eine Senkung der Rate der Folgefrakturen (in einzelnen Studien bis zu -88% über 2-4 Jahre) als auch der Sterblichkeit der betroffenen Pa- tienten (-35% innerhalb von 2 Jahren) erreicht werden kann.
Quelle: Pressekonferenz Update Osteologie 2019, 27. März 2019, Frankfurt a.M.; Veranstalter: Dachverband Osteologie e.V. (DVO e.V.) in Kooperation mit dem Bundesselbsthilfeverband für Osteporose (BfO e.V.) und dem Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband Deutschland (OSD e.V)