Osteoporose – Belastung für Mensch und Gesundheitssystem
Derzeit sind deutschlandweit knapp 6 Millionen Menschen von Osteoporose betroffen. Der demografische Wandel führt dazu, dass diese Zahl in den nächsten Jahren kontinuierlich ansteigen wird. Das Krankheitsbild wird also nicht nur zu einer Belastung für eine wachsende Anzahl Betroffener, sondern zunehmend zu einer massiven Herausforderung für das Gesundheitssystem. Doch neue Versorgungs- und Therapieansätze schaffen Hoffnung.
Die Fakten
Laut einer Studie der AOK waren im Jahr 2016 588.184 Patienten neu an Osteoporose erkrankt. Basierend darauf hatten 2016 in Deutschland 1,32 Millionen Patienten nach aktuellen DVO S3-Leitlinien ein sehr hohes und behandlungsbedürftiges Frakturrisiko. Für Peyman Hadji, Zweiter Vorsitzender des Dachverbandes Osteologie e.V., sind diese Zahlen alarmierend. „Frauen im Alter von 50-80 Jahren haben ein fünffach erhöhtes Folgefrakturrisiko. Daher ist es dringend notwendig, Patientinnen und Patienten nach einer Fraktur frühzeitig zu identifizieren und leitliniengerecht zu behandeln. Nur so kann das Risiko für Folgefrakturen gesenkt werden“, appelliert Hadji. Auch für das Gesundheitssystem ist das Krankheitsbild eine enorme Last. Nach einer aktuellen Studie der International Osteoporosis Foundation (IOF) sind diesem im Jahr 2017 Kosten in Höhe von 11 Milliarden Euro allein durch Osteoporose entstanden. 2030 werden diese Kosten um voraussichtlich 23% ansteigen. „Auch deshalb ist ein effektives Management hier so wichtig. Nur wenn Ärzte, Politik, Krankenkassen, Patientenverbände und Versorgungseinrichtungen an einem Strang ziehen, können wir die Auswirkungen von Fragilitätsfrakturen auf Patienten und Gesundheitsökonomie verhindern“, betont Hadji.
Die Lösung: Koordinierte Versorgungsmodelle
Um den prognostizierten Anstieg von Folgefrakturen zu senken und das sozioökonomische System zu entlasten, könnten Fracture Liaison Services (FLS) als koordinierte Versorgungsmodelle greifen. „Durch ein Netzwerk aus Ärzten, Pflegekräften und Physiotherapeuten sollen Patienten enger betreut werden, eine medikamentöse Behandlung erhalten und in Übungen zur Vermeidung von Stürzen angeleitet werden“, erklärt Wolfgang Böcker, Direktor der Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum der LMU München und FLS-Forschungsgruppenleiter. Durch FLS könnte die Häufigkeit von Stürzen und Folgebrüchen gesenkt und damit das Gesundheitssystem langfristig entlastet werden. „Es geht uns bei diesem koordinierten Versorgungsmodell aber nicht nur um Kostenreduktion, sondern auch um eine deutliche Verbesserung des Behandlungsergebnisses und das Erhöhen der Lebensqualität für unsere Patienten“, betont Böcker. Das Forschungsprojekt der LMU München erhielt jüngst 3,2 Millionen Euro aus dem Innovationsfond des Gemeinsamen Bundesausschusses.
Paradigmenwechsel in der Therapie
Um das Risiko für Erst- und Folgefrakturen zu verhindern, ist eine frühzeitige medikamentöse Therapie unabdingbar. Bisher wurde entweder mit knochenaufbauenden Medikamenten wie Teriparatid behandelt oder Medikamente genutzt, die den Knochenabbau hemmen, wie Bisphosphonate, Denosumab, Östrogen und Raloxifen. Neueste Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass der antiresorptive Therapiebeginn vor allem bei Patientinnen und Patienten mit hohem Frakturrisiko in Frage gestellt werden muss. „Hier findet gerade ein Paradigmenwechsel in der Osteoporosebehandlung statt“, erklärt Andreas Kurth, Erster Vorsitzender des Dachverbandes Osteologie e.V. „Zur Reduktion eines hohen Frakturrisikos und zur Verringerung von osteoporotischen Knochenbrüchen sollte mit einer knochenaufbauenden Substanz begonnen werden. Hat sich die Knochenqualität verbessert, kann diese mit einer Hemmung des Knochenabbaus bewahrt werden“, so Kurth.
Quelle: Dachverband Osteologie e.V.