Allergien

Allergie und Autoimmunität bei atopischer Dermatitis, chronischer Urtikaria und bullösem Pemphigoid

Die Autoimmunität bei atopischer Dermatitis (AD) ist kein seltenes Phänomen. Hierbei ist die Hautbarriere aufgrund genetischer Faktoren wie Mutationen im Filaggrin-Gen und durch überschießende Immunantwort beeinträchtigt, wie Dr. Lennart Rösner, Immundermatologe an der MHH Hannover, bei einer Veranstaltung im Rahmen des 14. Deutscher Allergiekongresses berichtete. Mögliche Ursachen der Chronifizierung bei scheinbarer Abwesenheit von Allergenen können Mikroorganismen oder Autoallergien, also IgE-vermittelte Autoreaktivität sein.

Wie schon länger bekannt, reagieren Patienten auf autologen Hautextrakt mit der Proliferation von in die Haut infiltrierten T-Zellen, was auch durch eine aktuelle Metaanalyse von acht Studien mit über 800 Patienten bestätigt wurde. Dabei sind nach Polarisierung von Th2-Zellen autoreaktive IgE-Antikörper als Antwort auf das Autoallergen nachweisbar. Diese finden sich bei Patienten mit schwerer AD in etwa 30 Prozent der Fälle. Inzwischen sind über 140 verschiedene Autoantigene beschrieben worden, die bei AD eine Rolle spielen, so Rösner. Eines der ersten war Hom s 2 (Homo sapiens allergen 2), für das sowohl IgE- als auch T-Zell-Antworten, also eine Typ-II- Entzündungsreaktion, nachgewiesen wurden. Die T-Zellen erkennen dabei bestimmte konservierte Aminosäure-Epitope von Hom s 2 und produzieren dann den Botenstoff IL-4. Um zu untersuchen, ob diese (isolierten) Epitope in vivo von Bedeutung sind, wurden sämtliche auf dendritischen Zellen (APC) präsentierten Moleküle massenspektrometrisch aufgetrennt, wobei sich tatsächlich auch Hom s 2- Peptide fanden.

Eine mögliche Ursache dieser Autoreaktivität könnte die mechanische Freisetzung der Moleküle bei der juckreizbedingten Kratzreaktion sein, bei der intrazelluläre Proteine freigesetzt werden und so erstmals den T-Zellen zugänglich werden (Sensibilisierung durch das inflammatorische Milieu). Eine alternative Erklärung setzt auf die starke Ähnlichkeit der freigesetzten Moleküle mit Fremdproteinen (Umwelt, Mikrobiom), auf die der Patient bereits sensibilisiert ist, so dass es zu einer Kreuzreaktion kommt. Infrage kommen hier etwa mikrobielle Antigene des, als Teil des Hautmikrobioms vorkommenden Hefepilzes Malassezia ssp. Für zwei seiner Proteine (Mala s 11 und Mala s 13) sind mit Superoxid-Dismutase und Thioredoxin zwei homologe menschliche Proteine bekannt. Autoallergene werden dabei als “gefährlich” erkannt und nicht toleriert. Experimentell wurde nachgewiesen, dass dendritische Zellen (APC) humanes Thioredoxin über einen speziellen Rezeptor erkennen und darauf per se proinflammatorisch reagieren und IL-1 und IL-23 ausschütten, so Rösner.

Anti IgE-Strategie mit Omalizumab wirkt bei chronischer Urtikaria und bullösem Pemphigoid

Bei der chronischen spontanen Urtikaria (CsU) mit rezidivierenden Quaddeln und/oder juckenden bzw. schmerzenden Angioödemen steht die Mastzelle im Zentrum der Pathophysiologie. Vor allem das bei Mastzelldegranulation freigesetzte Histamin ist Ursache der direkten Symptome über eine Gefäßerweiterung mit Juckreiz. Auslöser sind durch Allergenbindung an Rezeptor-gebundenes IgE entstehende Kreuzvernetzungen zweier Rezeptoren, die zur Histaminfreisetzung führen, so die Dermatologin Dr. Sabine Altrichter von der Berliner Charité. Bei CsU ist das Serum-IgE erhöht, dennoch gelang es bislang nicht, den klinischen Beschwerden mit Allergietests auf die Spur zu kommen, denn es werden keine klinisch relevanten Sensibilisierungen gefunden. Exoallergene spielen demnach bei der CsU offenbar kaum eine Rolle. Allerdings findet sich häufig ein positiver autologer Serumtest, also eine Quaddelreaktion nach Injektion des eigenen Serums. Dabei werden sowohl Mastzellen als auch Basophile aktiviert , was sich mit dem Basophilen Histamin-Release-Assay (BHRA) nachweisen lässt. Bei einem Teil der CsU-Patienten finden sich zudem IgG-Antikörper, die entweder gegen IgE oder – häufiger – direkt gegen den hochaffinen IgE-Rezeptor gerichtet sind und so die Degranulation auslösen (Autoimmunität Typ IIb). Diese Auto-Antikörper wurden bei 10-30 Prozent der CsU-Patienten gefunden, so Altrichter.

CsU-Patienten haben zudem relativ häufig weitere Erkrankungen aus dem autoimmunen Formenkreis wie eine rheumatoide Arthritis oder Schilddrüsenerkrankungen, v.a. Hashimoto- Thyreoiditis. Tatsächlich fanden sich bei CsU-Patienten höhere IgE-Anti- körperspiegel gegen TPO (Schilddrüsenperoxidase) als bei gesunden Kontrollen. Auch eine Basophilenreaktion gegen TPO konnte bei diesen Patienten nachgewiesen werden. Erfolgreich scheint hier eine Anti- IgE-Therapie mit dem Antikörper Omalizumab zu sein. Sie führte zu einem guten Ansprechen mit einem deutlichen Rückgang bzw. Verschwinden sämtlicher Symptome, wie Altrichter an Fallbeispielen illustrierte. CsU-Patienten können demnach wahrscheinlich zwei Hauptgruppen zugeordnet werden: solche mit autoallergischer autoimmuner Typ I- CsU und andere, bei denen es zu einer autoimmunen Typ IIb-Reaktion kommt. Eine Anti-IgE-Therapie mit Omalizumab ist offenbar in beiden Gruppen wirksam. Patienten mit IgG- Antikörpern (Typ IIb) sprechen auf die Therapie allerdings verzögert an, da hier die Rezeptordichte der Mast- zellen langsam herunterreguliert wird.

Auch bei der blasenbildenden Autoimmunerkrankung, dem bullösen Pemphigoid (BP), ist eine Anti-IgE- Therapie erfolgversprechend, so Professor Ulrike Raap vom Klinikum Oldenburg. Hier können Autoantikörper sowohl vom Typ IgG als auch IgA- und IgE-Antikörper gegen intrazelluläre Strukturproteine nachgewiesen werden. Ebenso finden sich er- höhte Gesamt-IgE-Konzentrationen bei unbehandelten BP-Patienten sowie spezifische IgE-Auto-Antikörper gegen das Strukturprotein NC16A. Hierdurch können sowohl Fc-Rezeptoren von Mastzellen als auch von basophilen Granulozyten aktiviert werden, welche dann IL-4 freisetzen.

Eine Behandlung mit Omalizumab führt zu einem raschen und ausgeprägten Abfall der Eosinophilenzahlen sowie der charakteristischen Blasen, wie Raap am Beispiel eines erkrankten Säuglings demonstrierte. Auch bei Älteren konnte bereits nach vier Wochen eine Erscheinungsfreiheit von Symptomen beobachtet werden. „Wir haben beim bullösen Pemphigoid als häufigster blasenbildender Autoimmunerkrankung auch IgE als wichtigen Mitspieler“, resümierte Raap. Omalizumab fängt freies IgE ab, was zur Auflösung der Hautsymptome wie Quaddeln, Juckreiz und Reflexerythem führt. Es könnte damit eine zwar teure, aber sehr wirksame neue Standardtherapie beim bullösen Pemphigoid werden, so Raap.

Quelle: Gemeinsames Symposium AllergoConnect der DGAKI & DDG “Allergie und Autoimmunität” beim 14. Deutschen Allergiekongress, 26. September 2019, Hannover