Anti Aging | Hautpflege

„Die Haut benötigt intensivere Pflege nach dem Sommer“

Interview mit Dr. med. Melanie Hartmann, Hamburg

Dr. med. Melanie Hartmann ist Fachärztin für Dermatologie und Phlebologie mit den Spezialgebieten ästhetische Dermatologie und Anti-Aging. Hier blickt sie auf eine langjährige Erfahrung mit minimal-invasiven Unterspritzungstechniken sowie internationaler Referententätigkeit zurück. In ihrer im Februar 2018 neu gegründeten Privatpraxis “Hanse Derma“ in der Hamburger Innenstadt wird als weiterer Schwerpunkt Lasermedizin auf höchstem Niveau angeboten. Wir sprachen mit Frau Dr. Hartmann über das Thema Anti-Aging im Herbst/Winter.

Ästhetische Dermatologie:

Frau Dr. Hartmann, der Sommer mit seinen heißen Temperaturen und der besonders intensiven UV-Bestrahlung liegt hinter uns und viele Menschen bemerken, dass ihre Haut sehr strapaziert und trocken wirkt und Spuren der Alterung in Form von Fältchen, Falten und Pigmentstörungen zeigt. Wie erleben Sie Ihre Patienten nach der Sommerzeit?

Dr. Hartmann:

So gut uns zwar Sommer, Sonne und Urlaub tun, desto mehr “schadet” diese schöne Jahreszeit unserer Haut. In den Monaten mit erhöhter UV-Exposition bilden sich vermehrt freie Radikale, Sonnenbrände summieren sich bei zu geringem Sonnenschutz und das “Hautgedächtnis” zählt die tiefgehenden UVA- Strahlen zusammen. Irgendwann reichen die Reparaturmechanismen unserer Haut nicht mehr und es bilden sich Kanzerosen und Präkanzerosen aus. Viele Patienten kommen nach dem Urlaub dann zum Hautkrebsscreening, manche geben auch zu, etwas zu viel Sonne gehabt zu haben. Der Wunsch nach “Wiedergutmachung” ist groß.

Die Haut benötigt intensivere Pflege nach dem Sommer, sonst bilden sich nämlich auch noch Fältchen aus, ebenfalls dem UVA-Licht geschuldet. Es kommen auch viele Patienten mit neuen Pigmentflecken nach dem Sommer zu mir.

Ästhetische Dermatologie:

Wer ist Ihrer Erfahrung nach disziplinierter bei der Sonnen- und Hautpflege – Frauen oder Männer?

Dr. Hartmann:

Frauen cremen mehr als Männer, das ist schon ihrer meist trockeneren Haut geschuldet. Also verwenden auch mehr Frauen Sonnenschutzprodukte als Männer.

Ästhetische Dermatologie:

Welche Form von Anti-Aging-Behandlungen empfehlen Sie jetzt
in der lichtärmeren Zeit Ihren Patienten? Wie alt sind die Patienten, denen Sie eine solche Behandlung empfehlen, im Durchschnitt?

Dr. Hartmann:

Auf der einen Seite soll die Dermis gestärkt werden, damit sich keine Falten ausbilden und die Haut vermehrt wieder Kollagen produziert. Auf der anderen Seite soll die Epidermis feiner werden und durch UV- Belastung geschädigte Hautzellen sollen möglichst “abgeschält” werden, bevor sie womöglich entarten. Hier ist ein Peeling mit dem Wirkstoff Retinol ideal, da Retinol genau das macht: es induziert die Kollagenproduktion und wirkt epidermolytisch, die damit verbundene Keratolyse bewirkt eine feinere Oberhaut. Nach oben gibt es hier keine Altersgrenze, die jüngsten Patienten sind um die 30 Jahre alt.

Ästhetische Dermatologie:

Manche Begriffe hat man schon oft gehört, weiß aber trotzdem nicht so genau, was sich dahinter eigentlich verbirgt. Was genau ist Retinol und warum ist dieser Wirkstoff beim Anti-Aging so wirkungsvoll?

Dr. Hartmann:

In den unteren Hautschichten bildet Kollagen das Gerüst der Haut. Ein gesun- des Kollagengerüst sorgt dafür, dass die Haut geschmeidig und flexibel bleibt. So entstehen dann weniger Fältchen. Retinol regt die Kollagenproduktion an und sorgt so für ein frisches, stabiles Gerüst und somit für eine geringere Faltentiefe. Außerdem ist Retinol ein potentes Antioxi- dans, das den Körper vor freien Radikalen schützt. Und genau diese freien Radikale haben wir ja durch vermehrte UV-Exposition nach dem Sommer verstärkt gebildet!

Ästhetische Dermatologie:

Was muss man vor und nach dieser Behandlung beachten? Wie viele Behandlungen sind bei einem Retinol-Peel empfehlenswert und wie lange dauert eine Behandlung?

Dr. Hartmann:

Grundsätzlich sollte während der Peelingphasen täglich ein SPF von mindestens 50 aufgetragen werden. Nur so kann der Neubildung von Pigmentflecken und Lichtschäden entgegengewirkt werden. Zum Start sind mindestens 3 Behandlungen im Abstand von ca. 4 Wochen empfehlenswert. Die “Behandlungsdauer” ist beschränkt auf wenige Minuten des Auftragensder 3% Retinol-Lösung. Die Lösung verbleibt anschließend für die vom Arzt anhand des Hautzustandes festgelegte Einwirkzeit auf der Haut. Es ist ganz besonders wichtig, dass der Patient sich daran hält und diese Einwirkzeit weder unternoch überschreitet!

Ästhetische Dermatologie:

Können Sie uns kurz schildern, wie so eine Behandlung abläuft?

Dr. Hartmann:

Der Arzt oder die geschulte medizinische Kosmetikerin reinigt das Gesicht, den Hals und/oder das Dekolleté und trägt anschließend mit einem Pinsel die Retinol-Lösung auf das ganze Gesicht oder das zu behandelnde Areal auf. Schleimhäute und Augen sollten dabei unbedingt ausgespart werden. Auf Hyperpigmentierungen kann auch zweimal aufgetragen werden. Zum Intensivieren des Effekts kann bei robuster Haut oder wiederholten Sitzungen auch ein wenig einmassiert werden. Anschließend wird das Gesicht (bzw. das behandelte Areal) nicht abgewaschen und auch kein Make-up oder Creme aufgetragen. Man darf sich an diesem Tag auf keinen Fall der Sonne aussetzen!

Am nächsten Morgen – oder nach mindestens 4 Stunden Einwirkzeit bei empfindlicher Haut – wird die Haut einfach mit Wasser abgewaschen und damit die weitere Penetration der Retinol-Lösung gestoppt.

Ästhetische Dermatologie:

Haben Sie Patienten, die jedes Jahr wiederkommen und diese Behandlung vornehmen lassen? Falls ja – sieht man es den Patienten an, dass sie diese Art von “Hauttherapie” regelmäßig erhalten?

Dr. Hartmann:

Auf jeden Fall, viele Patienten freuen sich bereits auf die kommende Peeling-Saison, weil sie im letzten Jahr so ein schönes Hautbild dadurch erhalten haben. Den Patienten, die regelmäßig kommen, sieht man das sehr wohl an, sie haben einen strahlenden Hautton, weniger Teintunregelmäßigkeiten und feinere, weiche Haut.

Ästhetische Dermatologie:

Gibt es spezielle Erkrankungen oder Hautzustände, bei denen ein Retinol-Peel besonders signifikante Verbesserungen erzielt?

Dr. Hartmann:

Im Anti-Aging-Bereich führt das 3% Retinol-Peeling zu einer Minderung der feinen Linien und Fältchen. Bei Pigmentflecken findet eine Aufhellung statt und bei unreiner Haut und vergrößerten Poren verfeinert sich das Hautbild, da Vitamin-A- Derivate bekanntlich ja auch bei Akne therapeutisch wirken.

Ästhetische Dermatologie:

Gibt es Nebenwirkungen oder Reaktionen nach der Behandlung? Wie können die Patienten im Anschluss zu einer schnellen Regeneration beitragen?

Dr. Hartmann:

Nach wenigen Tagen findet eine Exfoliation der Epidermis statt, bei manchen Patienten ist diese nicht sichtbar, bei anderen schält sich die Haut für 1-2 Tage schon stärker. Manchmal rötet sich die Haut und spannt und kribbelt ein wenig dadurch, dass sie trockener wird. Hier ist eine intensive Pflege wichtig und auf jeden Fall der tägliche UV-Schutz! Man kann nach den Retinol-Peelings mit Fruchtsäuren weiterarbeiten, um den Effekt besser aufrecht zu erhalten, muss aber auf jeden Fall ca. 1-2 Wochen warten, bis der ursprüngliche Schälprozess aufgrund des Retinol-Peelings abgeschlossen ist. Erst wenn die Haut vollständig geheilt ist, können Produkte, die schälende Inhaltsstoffe wie Fruchtsäuren oder Retinol enthalten, wieder angewendet werden.

Ästhetische Dermatologie:

Wie schnell sieht man die erwünschten Ergebnisse?

Dr. Hartmann:

Ich würde wie gesagt zum Start 3 Peelings im Abstand von 4 Wochen empfehlen, später können einzelne Auffrischungsbehandlungen erfolgen. Man kann bereits nach jeder einzelnen Behandlung eine Verfeinerung der Haut mit einem auftretenden “Glow Effekt” beobachten. Die Kollagenproduktion und Faltenglättung folgt dann sichtbar ein paar Wochen später.

Ästhetische Dermatologie:

Sehr geehrte Frau Dr. Hartmann, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte S. Steffens