Axiale Spondylarthritis

Erweiterte Therapieoption: JAK-Inhibitor Upadacitinib mit Zulassung für das gesamte axSpA-Spektrum

B. Baierl

Die Europäische Kommission hat Ende Juli 2022 Upadacitinib 15 mg, 1x täglich per os (Rinvoq®) auch zur Behandlung von Erwachsenen mit aktiver nicht-röntgenologischer axialer Spondyloarthritis (nr-axSpA) zugelassen. [1] Die Zulassungserweiterung des selektiven Januskinase-Inhibitors (JAKi) in der Indikation nr-axSpA schließt Patient*innen mit objektiven Anzeichen einer Entzündung ein, angezeigt durch erhöhtes C-reaktives Protein (CRP) und/oder Nachweis durch Magnetresonanztomografie (MRT), die unzureichend auf nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) angesprochen haben. Upadacitinib ist damit EU-weit der erste und einzige Januskinase-Inhibitor mit nur einer Gabe am Tag für die Behandlung des gesamten axSpA-Spektrums. [1]

Bessere Charakterisierung der axSpA

Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule, die insbesondere durch Rückenschmerzen bzw. Bewegungseinschränkungen charakterisiert ist. Die zwei axSpA-Untergruppen werden klinisch als röntgenologische axiale SpA (ankylosierende Spondylitis, AS) und nr-axSpA definiert. Während sich bei AS eine eindeutig auf Röntgenaufnahmen erkennbare strukturelle Schädigung der Iliosakralgelenke (ISG) nachweisen lässt, ist das bei nr-axSpA nicht der Fall. [2]

Wie Prof. Dr. Xenofon Baraliakos, Rheumazentrum Ruhrgebiet (Herne) bei einer virtuellen Fachpressekonferenz zum Thema ausführte, könne eine bessere Charakterisierung der axSpA zu einer genaueren Diagnose, frühen angemessenen Behandlung und Verhinderung des Fortschreitens der Erkrankung beitragen. [3] Entsprechend habe sich in den zurückliegenden Jahren zum Zeitpunkt der Diagnosestellung der prozentuale Anteil der röntgenologischen axialen SpA immer weiter verringert und der Anteil der nr-axSpA beständig erhöht. Betrug der nr-axSpA-Anteil im Jahr 2000 nur 20%, lag er 2020 für beide axSpA-Untergruppen gleich- auf bei etwa 50%. Für 2040 wird in dieser Studie ein Rückgang der erstdiagnostizierten radiologisch auffälligen axSpA auf etwa 20% prognostiziert. [3] Das oberste Therapieziel ist Baraliakos zufolge das Erreichen der niedrigstmöglichen Krankheits aktivität.

Phase-III-Programm SELECT-AXIS 2

Die aktuelle Zulassung basiert auf Daten des klinischen Phase-III-Programms SELECT-AXIS 2 nach Masterstudien-Design mit offener Verlängerungsphase. SELECT-AXIS 2 (NCT04169373) umfasst zwei separate Studien: die Studie SELECT- AXIS 2 AS (bDMARD-IR) und die Studie SELECT-AXIS 2 nr-axSpA. Die vollständigen Ergebnisse beider Studien wurden auf dem EULAR- Kongress 2022 vorgestellt.

SELECT-AXIS 2 nr-axSpA ist eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von Upadacitinib im Vergleich zu Placebo bei 314 Patient*innen mit der klinischen Diagnose nr-axSpA. In die Studie wurden Patient*innen aufgenommen, die aktive Anzeichen von Entzündungen im MRT und eine Entzündung des ISG und/oder eine Konzentration hochsensitiven C-reaktiven Proteins (hs-CRP) oberhalb des oberen normalen Grenzwerts (2,87 mg/l) beim Screening zeigten sowie einen Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index (BASDAI) Score von ≥4 und einen Score bezüglich der Gesamtrückenschmerzen (Total Back Pain Score) von ≥4 (auf einer numerischen Skala von 0–10) aufwiesen.

In dieser Zulassungsstudie zeigte Upadacitinib im Vergleich zu Placebo eine klinisch bedeutsame Krankheitskontrolle: Fast die Hälfte der nr-axSpA-Patient*innen erreichte unter dem JAKi in Woche 14 ein verbessertes Ansprechen gemäß Assessment of SpondyloArthritis International Society von 40% (pri- märer Endpunkt; ASAS40-Ansprechen 45% vs. 23%; p <0,0001). [4] Eine signifikante Verbesserung der Krankheitskontrolle zeigte sich bereits ab Woche 2. [5] Auch bei 12 der 14 multiplizitätskontrollierten sekun- dären Endpunkte wurde in Woche 14 gegenüber Placebo eine statistische Signifikanz erreicht. [4] Unter anderem kam es zu einer schnellen Entzündungsreduktion schon nach zwei Wochen sowie einer starken Funktionsverbesserung und Schmerzreduktion nach 14 Wochen. [5]

SELECT-AXIS 2 AS (bDMARD-IR) ist eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von Upadacitinib im Vergleich zu Placebo bei 420 Patient*innen mit der klinischen Diagnose AS, die die modifizierten New-York-Kriterien erfüllten, einen BASDAI-Score von ≥4 und einen Total Back Pain Score von ≥4 aufwiesen sowie ein unzureichendes Ansprechen (IR) auf biologische krankheitsmodifizierende Antirheumatika (bDMARD) zeigten.

In dieser Studie konnte ein signifikant größerer Anteil der Patient*innen unter Upadacitinib 15 mg im Vergleich zu Placebo in Woche 14 ein ASAS40-Ansprechen erreichen (primärer Endpunkt; 45% vs. 18%; p <0,0001) [6]. Alle 14 gewichteten sekundären Endpunkte wurden erreicht, einschließlich derjenigen zur Beurteilung der Verbesserungen der Krankheitsaktivität, der Schmerzen (insgesamt und nächtliche Rückenschmerzen), der Funktionsfähigkeit, des MRI SPARCC-Scores (Wirbelsäule), der Wirbelsäulenbeweglichkeit, der Enthesitis und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität gegenüber Baseline. [6]

Zweijahresergebnisse der klinischen Phase-II/III-Studie SELECT-AXIS 1, in der Patient*innen mit AS untersucht wurden, die bDMARD-naiv waren, zeigen zudem einen langanhalten Response über 104 Wochen. [6,7]

Gut untersuchtes Sicherheitsprofil

In den vorgestellten Daten wurden keine neuen Risiken im Vergleich zum bekannten Sicherheitsprofil des selek- tiven und reversiblen JAKi der neuen Generation festgestellt. In SELECT- AXIS 2 nr-axSpA war der Anteil der Patient*innen, bei denen bis Woche 14 ein unerwünschtes Ereignis (UE) aufgetreten ist, in den Behandlungsarmen ähnlich (48% unter Upadacitinib vs. 46% unter Placebo). [4] In SELECT-AXIS 2 AS (bDMARD-IR) war dieser Anteil bis Woche 14 ebenfalls ähnlich (41% unter Upadacitinib und 37% unter Placebo). [6] In beiden Studien gab es keine Berichte über bösartige Erkrankungen, schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse („major adverse cardiac events“ MACE), venöse thromboembolische Ereignisse oder Todesfälle bei

Das Arzneimittel unterliegt einer laufenden Überprüfung des Sicherheitsprofils. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit.

Quelle: Virtuelle Pressekonferenz „Mit Rinvoq® das gesamte axSpA-Spektrum behandeln: Welchen Vorteil bringt die hohe Datenkonsistenz Patient*innen?“, 10. August 2022; Veranstalter: AbbVie Deutschland

Literatur

1. Fachinformation Rinvoq®, Stand: Juli 2022.
2. Deodhar AA. Am J Manag Care. 2019; 25:S319–S330.
3. Navarro-Compán V et al. Ann Rheum Dis.2021; 80: 1511–21.
4. Deodhar A et al. EULAR 2022 Kongress; 2534. 5. Deodhar A et al. EULAR 2022 Kongress; Präsentation OP0016.
6. Van der Heijde D et al. EULAR 2022 Kongress;2518.
7. Van der Heijde D et al. Arthritis Rheumatol. 2021; 73 (suppl 10). Patient*innen, die den JAKi erhielten.