Bodycontouring

SPEKTRUM Bodycontouring: Interview mit A. Tomczak, München

Endlich Licht ins Dunkel? Die neue Strahlenschutzverordnung

MÄC:

Frau Tomczak, viele Marktteilnehmer sind durch die geplante Verordnung offenbar völlig überrascht worden. Wie sehen Sie das?

Astrid Tomczak:

Nun ja, wer sich mit offenen Augen und Ohren im Markt bewegt, sollte nicht allzu überrascht sein. Es gibt seit vielen Jahren die Bestrebung, sogenannten Laienanwendern die Arbeit mit Lasern & Co. zu verbieten. Dieser Schritt wird vor allem mit Fehlanwendungen und daraus resultierenden Gefahren und Schäden für Patienten begründet. Zum anderen musste die Bundesregierung jetzt handeln. Das europäische Recht im Bereich des Strahlenschutzes soll modernisiert und an den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst werden. Dazu wurde bereits im Dezember 2013 auf europäischer Ebene die Richtlinie 2013/59/Euratom erlassen, deren Regelungen nun mit der neuen Strahlenschutzverordnung in deutsches Recht umgesetzt werden.

MÄC:

Welche Methoden und Geräte werden von dem neuen Gesetz erfasst?

Astrid Tomczak:

Wichtig ist zunächst, dass die Verordnung Behandlungen mit nicht-ionisierender Strahlung erfasst, die zu kosmetischen oder anderen nichtmedizinischen Zwecken oder im Rahmen sonstiger wirtschaftlicher Unternehmungen erfolgen.

Nicht-ionisierende Strahlung umfasst dabei elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder in einem Frequenzbereich von 0 Hertz bis 300 Gigahertz, optische Strahlung im Wellenlängenbereich von 100 Nanometern bis 1 Millimeter sowie Ultraschall im Frequenzbereich von 20 Kilohertz bis 1 Gigahertz. Damit werden IPL- und Lasergeräte, Hoch- und Niedrigfrequenzgeräte, Ultraschall- und Gleichstromgeräte sowie Magnetfeldgeräte in der Verordnung geregelt.

MÄC:

Welche maßgeblichen Veränderungen wurden im Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens vorgenommen?

Astrid Tomczak:

Zunächst war vorgesehen, dass ablative Laseranwendungen oder Anwendungen, bei denen die Integrität der Epidermis als Schutzbarriere verletzt wird, die Behandlung von Gefäßveränderungen und von pigmentierten Hautveränderungen, die Entfernung von Tätowierungen oder Permanent-Make-up sowie Anwendungen mit optischer Strahlung, deren Auswirkungen nicht auf die Haut und ihre Anhangsgebilde beschränkt sind, wie die Fettgewebereduktion, nur von Fachärzten für Haut- und Geschlechtskrankheiten sowie von Fachärzten für Plastische und Ästhetische Chirurgie durchgeführt werden dürfen. Nach Interventionen von Verbänden und Einwänden auch von Seiten der Bundesärztekammer wurde dieser Facharztvorbehalt nun verändert und in einen allgemeinen Arztvorbehalt umgewandelt. Das bedeutet, dass auch approbierte Ärzte anderer Fachrichtungen die genannten Anwendungen durchführen dürfen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende ärztliche Weiterbildung oder Fortbildung.

Der Facharztvorbehalt wurde auch für bestimmte Anwendungen im Bereich der Hochfrequenzgeräte gekippt. Die ursprüngliche Gesetzesfassung war wie folgt:

„Hochfrequenzanwendungen, bei denen die Integrität der Epidermis als Schutzbarriere verletzt wird, sowie Hochfrequenzanwendungen, die der thermischen Fettgewebereduktion oder der Behandlung von Gefäßveränderungen oder von pigmentierten Hautveränderungen dienen, dürfen nur durchgeführt werden von

1.einer Fachärztin oder einem Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten oder

2.einer Fachärztin oder einem Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie.“

Die nun verabschiedete Vorschrift sieht vor, das diese Anwendungen nach entsprechender ärztlicher Weiterbildung oder Fortbildung für alle approbierten Ärztinnen und Ärzte gestattet sind.

MÄC:

Was bedeutet der allgemeine Arztvorbehalt in den genannten Regelungen für Fachgruppen wie die Heilpraktiker in Deutschland?

Astrid Tomczak:

Ein allgemeiner Arztvorbehalt bedeutet, dass eine ärztliche Approbation vorliegen muss, um eine Therapie oder Behandlung legal durchführen zu dürfen. Die Fachgruppe der Heilpraktiker ist mit dieser neuen Regelung vom Einsatz von Lasern, hochenergetischen Lampen und Ultraschall zu kosmetischen oder sonstigen nichtmedizinischen Zwecken ausgeschlossen. Hiervon ist die Delegation ärztlicher Leistungen, die vorsieht, dass nichtärztliche Mitarbeiter bestimmte heilkundliche Leistungen unter seiner Aufsicht ausführen, abzugrenzen.

MÄC:

Delegation ist ein wichtiges Stichwort. Dürfen denn Laser- und Hochfrequenzanwendungen an nichtärztliche Mitarbeiter delegiert werden?

Astrid Tomczak:

Hierzu gibt es Anmerkungen von der Bundesärztekammer in deren Stellungnahme zum Verordnungsentwurf. Im Bereich der Hochfrequenzanwendungen vertritt die Kammer eine klare Meinung: Thermische Fettgewebsreduktionen sowie die Behandlung von Gefäßveränderungen oder pigmentierten Hautveränderungen sind Leistungen, die der Arzt aufgrund ihrer Schwierigkeit und Gefährlichkeit für den Patienten oder wegen der Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen höchstpersönlich erbringen muss. Bei diesen Behandlungsformen sind die spezifische Fachkenntnis und Erfahrung des Arztes explizit gefragt. Eine Delegation ist nicht möglich.

Für den Bereich der Laseranwendungen nach § 5 Abs. 2 der neuen Verordnung (ablative Laseranwendungen, Tattooentfernung, Entfernung von pigmentierten Hautveränderungen, Fettgewebsreduktion) sind Hochleistungslaser der Klasse 3b und 4 erforderlich. Mit dem Einsatz dieser Geräte gehen nach Ansicht der Bundesärztekammer erhöhte Risiken für Augen und Haut einher. Damit besteht auch das Risiko gesundheitlicher Schäden beim Patienten bei Fehl-anwendungen. Die Pflicht zu einer höchstpersönlichen Leistungserbringung besteht für den Arzt immer dann, wenn seine besonderen Fachkenntnisse erforderlich sind oder auch wenn besondere Risiken mit einer Anwendung einhergehen. Daher sind Tätigkeiten wie u.a. Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung des Patienten und auch die Durchführung invasiver Therapien und opera-tiver Eingriffe nicht delegierbar. Inwiefern die genannten Anwendungen nun darunterfallen oder nicht, wird Gegenstand einer ärztlichen Einzelfallentscheidung sein müssen. Dies ist schon der Vielzahl der unterschiedlichen genannten Methoden geschuldet, die in Bezug auf erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten, den Schwierigkeitsgrad bei der Ausführung und das Gefahrenpotenzial für den Patienten stark variieren.

MÄC:

Wann werden die Änderungen denn nun verbindlich?

Astrid Tomczak:

Es gibt einen Übergangszeitraum von 2 Jahren statt wie zuvor geplant von 3 Monaten. Das Gesetz tritt also zum 31.12.2020 in Kraft. Die erforderlichen Fachkunderegelungen ein Jahr später.

MÄC:

Wie schätzen Sie die wirtschaft-lichen Folgen der neuen Verordnung ein?

Astrid Tomczak:

Für einige Kosmetikstudios, die z.B. ganz auf Laseranwendungen gesetzt haben, wird es nun sicher eng. Letztlich lassen sich mit solchen Behandlungen deutlich bessere Umsätze erzielen als mit klassischen Gesichtsbehandlungen, Maniküren oder ähnlichem. Auch erwarte ich, dass der Markt für Gebrauchtlasergeräte eine Weile einen Angebotsüberschuss erleben wird und damit weitere Einbrüche verzeichnen muss.

MÄC:

Sehr geehrte Frau Tomczak, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte S. Höppner.