Chirurgie

Navi vs. Roboarm? – Computerassistierte Operationsverfahren in der Wirbelsäulenchirurgie

Durch die Zuhilfenahme von digitalen Methoden ist es möglich, Wirbelsäulenoperationen präziser durchzuführen als noch vor einigen Jahren – ein Vorteil für Patient*innen und Ärzt*innen.

Die klassische Form des computer­assistierten Operierens ist die Naviga­tion. Dabei setzen die Operateure eine Art Navigationssystem ein, das dabei unterstützt, etwa Schrauben präzise zu setzen oder einen Weg zu Verände­ rungen an der Wirbelsäule minimal­-invasiv zu finden, und gleichzeitig dem Arzt ermöglicht, mittels bildgebender Verfahren die Operationsergebnisse zu überprüfen. Während bei dieser Methode der Operateur mit dem Gerät quasi interagiert, übernimmt bei der Robotik, einem anderen assistieren­ den OP­-Verfahren, ein Computerarm die exakte Ausführung. „Dieser Arm operiert natürlich nicht, sondern es handelt sich nur um ein robotisches Haltesystem, was in die Position fährt, die der Operateur ihm vorgibt“, erklärt Prof. Dr. Peter Vajkoczy, Direktor der Klinik für Neurochirurgie der Charité – Uni­versitätsmedizin Berlin und aktueller Präsident der Deutschen Wirbelsäu­lengesellschaft (DWG).

Beim DWG­-Kongresses im Dezem­ber 2022 in Berlin war das com­puterassistierte Operieren ein Schwerpunktthema und es wurden in Pro­Con­-Sitzungen die Vor-­ und Nachteile der beiden Methoden im klinischen Einsatz argumentiert. „Beide stehen in Konkurrenz zueinander und werden gerade diskutiert. Vorteil der Navigation ist die Vielfältigkeit, das heißt man kann im OP-Saal noch überprüfen, ob alle Implantate richtig sitzen oder man kann zum Beispiel Tumore lokalisieren“, ordnet Vajkoczy ein. Die spinale Navigation werde seit über zehn Jahren in der Wirbelsäulen­chirurgie angewendet, die Robotik seit etwa drei Jahren. Nun sei es Aufgabe der Wissenschaft herauszufinden, was besser ist.

Wann kommt computerassistiertes Operieren aktuell zum Einsatz?

Es handelt sich dabei noch nicht um gesetzte Methoden und sicherlich nicht jedes Krankenhaus verfügt darüber. Somit werden die Standard­operationen zumeist noch ohne Unterstützung des Computers aus­geführt und nur bei komplexeren Eingriffen auf dessen Hilfe zurück­gegriffen. Große Zentren, wie das von Vajkoczy nutzen die Computerassis­tenz jedoch bei allen OPs. „Das hat noch einen anderen Grund“, erklärt der Neurochirurg, „Und zwar einen sehr wichtigen. Setzt man diese Verfahren nur ab und zu ein, so entwickelt das Ärzteteam keine Routine mit der Handhabung dieser Präzisionsgeräte. Diese Erfahrung benötigt man jedoch dringend.“ Computerassistiertes Operieren macht zudem intraoperatives Röntgen überflüssig. Damit fällt eine zusätzliche Strahlen­belastung für Patient*innen und das OP­-Team weg. Ein weiterer Vorteil – und auch ein Argument für den Einsatz auch bei Standardoperationen.

Vajkoczy sieht eindeutig den Nutzen der computerassistierten Verfahren und verweist auf die Sicherheit, die die Interaktion mit der Technik auch bereits jungen Ärzten vermitteln kann. Er verweist jedoch zugleich darauf, nie zu vergessen, dass das technische System auch Fehler machen kann. „Wir als Operateure sind also jederzeit immer noch gefordert, die technischen Schritte zu hinterfragen und zu überprüfen. Und das wiederum kann man nur mit chirurgischer Erfahrung.“

In manchen Bereichen hängt vom Einsatz der computerassistierten Verfahren der Erfolg ab. So z.B. beim Operieren der immer älter werdenden Patient*innen, die oft Osteoporose haben. Hier ist das computerassis­tierte Operieren entscheidend für den perfekten Sitz der Implantate und somit deren Haltbarkeit. Zudem können komplexere Operationen mittels Navigation schneller durch­geführt werden, was bei älteren Patient*innen ebenfalls eine Rolle spielt. Und nicht zuletzt sind die mi­nimalinvasiven Verfahren schonender und unterstützen die Erholung nach der OP im höheren Lebensalter.

„Wir sehen heute viel mehr alte Patienten als früher und können auch dank der computergestützten OP-Verfahren viel umfangreichere Eingriffe in einem hohen Lebensalter vornehmen. So erhalten sich fitte Senioren länger ihre Mobilität und bei den beeinträchtigten können wir Leiden besser lindern als vor einigen Jahren“, so Vajkoczy. Er betont, dass nicht nur die Operationen ein Risiko für ältere Patient*innen darstellen, sondern auch die konservativen Ver­fahren, da diese oft mit einer Ruhig­stellung über einen längeren Zeitraum verbunden sind. Im höheren Alter führt aber längeres Liegen und Im­mobilisation allgemein sehr schnell zu einer schlechten Gesamtkondition der Patient*innen.

Quelle: Deutsche Wirbelsäulengesellschaft e.V.