Dermatopathalogie

Die Digitalisierung der Dermatopathologie ist auf dem Vormarsch

Der digitale Workflow in der Dermatopathologie kann eine wertvolle Ergänzung sein, indem er Zeitersparnisse ermöglicht und somit die Dermatohistologen in der täglichen Arbeit erheblich entlastet. Jedoch ist die Etablierung einer KI-gestützten Diagnostik mit einem relativ hohen Trainingsaufwand und signifikanten Anschaffungskosten verbunden, so die Erfahrung von Prof. Dr. Jörg Schaller, Hautarzt in Duisburg, bei einer Session im Rahmen der DWFA-Tagung in Köln.

Zunächst ging Schaller auf die wichtigsten Errungenschaften aus der Historie der Dermatopathologie
ein. Unter den Meilensteinen in der Dermatopathologie nannte Schaller die Einführung von Histochemie, Immunfluoreszens, Immunhistochemie, Molekularpathologie und ganz aktuell die digitalen Möglichkeiten. Der zunehmende Bedarf an histologischen Untersuchungen bei gleichzeitig schwindenden personellen Ressourcen bei Dermatohistologen, MTAs (Medizinisch-technische Assistenten), MFAs (Medizinische Fachangestellte) und Schreibkräften sowie immer höhere Ansprüche an die technischen Anforderungen der Laborausstattung begünstigen und beschleunigen laut Schaller den fort- schreitenden digitalen Wandel.

Großes Automatisierungspotenzial in der Dermatopathologie

Der Bereich der Dermatopathologie birgt im speziellen ein großes Automatisierungspotenzial z.B. in Bezug auf Probeneingang, Patientenerfassung, Befundübermittlung, Laborworkflow, Digitalisierung der Präparate und KI-gestützte (KI = künstliche Intelligenz) Diagnostik. Dagegen werden Zuschnitt, Gießen, Schneiden, Färben und Eindecken von Präparaten in absehbarer Zeit keine Digitalisierung erfahren, so die Einschätzung des Experten.

Für den digitalen Laborworkflow können alle Prozesse über einen spezifischen Barcode gesteuert werden, der alle Informationen enthält und per Barcode-Scanner bzw. Drucker auf Objektträger und Blöckchen angebracht wird. Der Barcode ermöglicht eine automatische Zuordnung der Patientendaten und Prozesse (z.B. Festlegung der Schnittrandkontrollen, Spezialfärbungen, Immunhistochemie, automatische Abrechnung, Archivierung, Dokumentation des Laborablaufs). Weitere Vorteile des Barcodes sind laut Schaller, dass alle Daten zentral und papierlos gespeichert werden und das Verwechslungsrisiko enorm reduziert wäre. Demgegenüber stehe jedoch ein hoher Investitions- und Wartungs- aufwand der Technik, so Schaller.

Technische Voraussetzungen

Die Anwendung von KI zur Befundung setzt eine Digitalisierung histologischer Präparate durch spezielle Scanner und Bildbetrachtungsprogramme (virtuelles Mikroskop) voraus. Weitere technische Voraussetzungen dafür sind ein digitaler Laborworkflow, Objekträgerscanner, Viewer, High-Speed-Netzwerke, Server mit speziellen Grafikkarten, große Speichermedien und ausreichend Know-how, zählte Schaller auf.

Die Einarbeitung zur virtuellen Befundung benötigt Zeit und sollte am besten parallel mit einem Mikroskop über zwei Bildschirme mit vollständigen Übersichten über das gesamte Präparat mitverfolgt werden, empfahl der Experte. Als Trainingsobjekt eignen sich z.B. Proben bei Verdacht auf Basalzellkarzinom (BCC). Das BCC stellt mit 10% aller Einsendungen die häufigste Tumorart dar (Tendenz steigend) und birgt nach Einschätzung von Schaller das größte Entlastungspotenzial für Dermatohistologen. Das BCC bietet genügend Material zum Trainieren und lässt sich in der Regel gut definieren, auch hinsichtlich der Subtypen, so Schaller. Darüber hinaus sind die Differenzialdiagnosen bei Verdacht auf BCC überschaubar. Als einzige problematische physiologische Struktur beim BCC nannte der Experte Haarfollikel.

Ein wesentlicher Bestandteil der klinischen Routine eines Dermatopathologen ist u.a. die Beurteilung von Resektionsrändern beim BCC. Mittlerweile gibt es KI-gestützte Deep-Learning-Programme, die eine schnelle und genaue Beurteilung ermöglichen und Dermatopathologen dahingehend unterstützen können. Deep-Learning-Programme markieren kritische Regionen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, pathologische Merkmale zu entwickeln. Das beste Deep-Learning-Modell erreicht eine über 96%-ige Sensitivität und Spezifität bei der Beurteilung des BCC. [1]

Hohe Sensitivität und Spezifität möglich

Als geeignetes Programm für die Etablierung der digitalen Befundung nannte Schaller den DigiPath-Viewer. Es handele sich hierbei um eine flexibel einsetzbare Software, die mit allen gängigen Scannern, Bildformaten und KI-Modellen kompatibel sei und unterstützende Tools zur Beurteilung von Präparaten bereithalte. Nach den bisherigen Erfahrungen am MVZ Dermatopathologie Duisburg Essen erreichen damit die KI-gestützten Befunde beim BCC eine Sensitivität von 98,7% und Spezifität von 98,1%.

Die erheblichen Datenmengen der digitalen Befunde könnten laut Schaller anonymisiert auch dafür genutzt werden, sich mit anderen Dermatopathologie-Instituten zwecks digitalen Austausches/Weiterbildung zu vernetzen oder die Daten anderen Plattformen der Fortbildung oder für 46 DISKURS Dermatologie 1 | 2022 Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen.

KI-Befunde als „Zweitmeinung“ denkbar

Mittlerweile können auch andere Hautläsionen wie z.B. pigmentierte und nicht pigmentierte Hautkrebsarten und gutartige Läsionen effektiv mittels KI bewertet werden. Convolutional Neural Networks (CNNs) differenzieren Hautläsionen effizient durch Bildanalyse. Bei einem breiten Spektrum von Diagnosen arbeiteten CNN und Dermatologen aktuell auf einem vergleichbaren Niveau, so dass KI-gestützte Befunde beispielsweise als Zweitmeinung an Bedeutung gewinnen könnten, so die Einschätzung von Schaller. [2]

Auch aus Patientensicht werden Ansätze mit künstlicher Intelligenz bereits akzeptiert. So zeigte die überwiegende Mehrheit an Melanom-Patienten und gesunden Kontrollen bei einer Umfrage (n=298) eine positive Einstellung zum Einsatz von KI in der Melanom-Diagnostik. Etwa 94% der Befragten befürworteten
den Einsatz von KI in der Medizin. 88% würden sogar die eigenen Gesundheitsdaten anonym für die Weiterentwicklung KI-basierter Anwendungen in der Medizin zur Verfügung stellen. Es waren nur 41% der Befragten für den ausschließlichen Einsatz von KI, dagegen befürworteten 94% die Kombination als KI-Assistenzsystem für Mediziner. [3]

Quelle: Session „Dermatologie im Wandel“ im Rahmen der DWFA-Tagung, 27. November 2021, Köln

Literatur

1. Arrastia, Jean Le‘Clerc et al. Journal of Imaging 7 (2021).

2. Haenssle HA, Fink C, Toberer F, et al. Ann Oncol. 2020;31(1):137-143.

3. Jutzi TB, Krieghoff-Henning EI, Holland-Letz T, et al. Front Med (Lausanne). 2020;7:233.