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Lasertherapie in der modernen Proktologie – Präzision, Sicherheit und wissenschaftliche Evidenz

Interview mit Dr. med. Katja Wolff (Essen)

Frau Dr. med. Katja Wolff, Fachärztin für Chirurgie und Proktologie, ist seit über 6 Jahren im Haut und Laser Medizin Zentrum Rhein-Ruhr in Essen tätig und leitet dort die proktologische Sprechstunde. Neben dem gesamten klassischen Spektrum proktologischer Erkrankungen liegt ihr besonderer Fokus auf der Laserproktologie bei Hämorrhoidalknoten, Analfissuren sowie Anal- und Steißbeinfisteln. Nach ihrem Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der chirurgischen Ausbildung im Kantonsspital St. Gallen unter Professor Dr. J. Lange spezialisierte sie sich früh auf die Koloproktologie. Nach der Facharztprüfung 2007 und der Zusatzbezeichnung Proktologie 2009 übernahm sie unter anderem die Leitung des Enddarmzentrums des Spitals Rorschach (Schweiz) und arbeitete im interdisziplinären Beckenbodenzentrum St. Gallen. Seit 2019 widmet sie sich in Essen der Laserproktologie und engagiert sich in der ärztlichen Fortbildung, u.a. als Mitglied der ISoLP (International Society of Laser Proctology), der 2024 gegründeten internationalen Laserproktologie-Gesellschaft.

Dr. med. Katja Wolff

DISKURS Dermatologie: Frau Dr. Wolff, Sie leiten im Haut und Laser Medizin Zentrum Rhein-Ruhr die proktologische Sprechstunde. Wie hat sich die Rolle der Lasertherapie in Ihrem Arbeitsalltag entwickelt?

Dr. Wolff: Laserbasierte Verfahren haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sie ermöglichen uns, proktologische Erkrankungen auf minimal-invasive, präzise und gewebeschonende Weise zu behandeln. Das betrifft insbesondere Hämorrhoiden, Analfisteln, Steißbeinfisteln und Analfissuren. Während man früher bei Hämorrhoiden oder Fisteln häufig Gewebe resezieren oder den Schließmuskel anteilig spalten musste, erlaubt die Lasertherapie eine gezielte Koagulation und Verödung pathologischer Strukturen, ohne die physiologische Funktion zu beeinträchtigen. Das bedeutet weniger Schmerzen, kleinere Wundflächen, kürzere Heilungszeiten und geringere Komplikationsraten für unsere Patientinnen und Patienten.

DISKURS Dermatologie: Welches Spektrum decken Sie in Ihrer Sprechstunde ab und wie verläuft der diagnostische und therapeutische Prozess bis hin zu einer evtl. Lasertherapie?

Dr. Wolff: Das Spektrum reicht von Hämorrhoiden über Marisken, Abszesse, Anal- und Steißbeinfisteln bis hin zu Analfissuren. Beschwerden im Analbereich sind für viele Betroffene mit Scham behaftet, dabei aber oft äußerst schmerzhaft. Jede Behandlung beginnt mit einer ausführlichen Anamnese und Untersuchung. Steht die Diagnose fest, versuchen wir zunächst konservative Maßnahmen: Ernährungsberatung, Stuhlregulation, lokale Therapie und Beratung zur Toilettenhygiene. Erst wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, besprechen wir operative Optionen. Die Laserproktologie hat hier den großen Vorteil, dass sie minimal-invasiv und muskelschonend ist.

DISKURS Dermatologie: Können Sie die Vorteile einer Lasertherapie in der Proktologie noch etwas näher erläutern?

Dr. Wolff: Laserbehandlungen sind präzise, kontrolliert und gewebeschonend. Bei Hämorrhoiden Grad II bis IV können wir die vergrößerten Knoten mithilfe von Laserenergie kontrolliert schrumpfen lassen, ohne Schnitte oder Gewebeentfernung. Bei Anal- oder Steißbeinfisteln verschließen wir die Fistelgänge mit einer Lasersonde; das Fistelgewebe wird verödet und muss nicht im Rahmen einer großen Operation entfernt werden. Beide Verfahren gelten inzwischen als etabliert. Seit 2022 behandeln wir zudem Analfissuren auf diese Weise – schonend, schmerzarm und mit hervorragenden Heilungsergebnissen.

DISKURS Dermatologie: Was ist eine Analfissur eigentlich genau und wie entsteht sie?

Dr. Wolff: Eine Analfissur ist ein längs verlaufender Einriss in der empfindlichen Haut des Analkanals. Wir unterscheiden akute und chronische Formen. Akute Fissuren entstehen meist durch harten Stuhl oder starkes Pressen, gelegentlich auch bei starkem Durchfall. Die Betroffenen klagen über stechende Schmerzen beim Stuhlgang, manchmal auch über Blutungen oder Juckreiz. Wird der Stuhl reguliert, heilt eine akute Fissur meist rasch ab. Wenn der Defekt jedoch immer wieder aufreißt, vernarbt das Gewebe und verliert seine Elastizität – es entsteht eine chronische Fissur, die häufig nicht mehr spontan abheilt.

Früher galten die laterale interne Sphinkterotomie oder eine Fissurektomie als Standardbehandlungen. Dabei wird ein Teil des inneren Schließmuskels gespalten, um den Druck zu senken. Das kann wirksam sein, geht aber mit Schmerzen, längerer Heilungszeit und einem – wenn auch relativ geringen – Risiko einer Kontinenzstörung einher.

DISKURS Dermatologie: Wann setzen Sie den Laser bei Analfissuren ein und wie verläuft die Behandlung?

Dr. Wolff: Eine Lasertherapie kommt wie gesagt erst dann zum Einsatz, wenn alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Bei der chronischen Fissur beginnen wir mit einer Salbentherapie – meist Diltiazemsalbe 0,2% über mehrere Wochen, um den Schließmuskeltonus zu senken und die Durchblutung zu verbessern.

Sollte die Analfissur nach 3 bis 6 Monaten durch die konservativen Maßnahmen noch nicht verheilt sein, was leider relativ häufig der Fall ist, folgt die Lasertherapie: Mit präziser Laserenergie wird die Fissur ausgeschnitten, die Ränder werden thermisch versiegelt. So wird die Elastizität der vernarbten Haut wiederhergestellt, ohne dass gesundes Gewebe geschädigt wird. Der Unterschied zur klassischen Operation ist deutlich – die Wunde ist kleiner, der Heilungsverlauf schneller, und die Patientinnen und Patienten können nach wenigen Tagen wieder beschwerdefrei leben.

DISKURS Dermatologie: Wie ist die wissenschaftliche Evidenz für diese laserproktologischen Verfahren?

Dr. Wolff: Inzwischen gibt es diverse Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit der Laserproktologie belegen. Eine Expertengruppe hat 2024 erstmals „Best Practice Recommendations“ für die Laser-Hämorrhoidoplastik (LHP) publiziert, um Standardisierungen für Technik und Nachsorge festzulegen. Systematische Reviews zeigen signifikant geringere postoperative Schmerzen und einen schnelleren Heilungsverlauf im Vergleich zu klassischen Verfahren, wenngleich die Heterogenität der Studien hoch ist.

Eine retrospektive Studie aus Ägypten mit über 450 Patientinnen und Patienten ergab sehr niedrige Schmerzwerte und Rezidivraten bei Hämorrhoiden, Fissuren und Fisteln. Auch für Fistel-Laserverfahren (FiLaC) liegen aktuelle Metaanalysen vor, die Erfolgsraten um 75% bestätigen. Ein scannerassistierter CO2-Laser zeigte in einer Pilotstudie bei Fissuren hohe Sicherheit und gute Heilungsergebnisse ohne Kontinenzverlust. Darüber hinaus wird zunehmend Photobiomodulation erforscht – also Low-Level-Laser-Therapie zur Schmerzlinderung und Wundheilungsförderung. Diese Studien belegen, dass Laserproktologie eine valide, muskelschonende Option ist – aber wie immer gilt: Die korrekte Indikationsstellung und Erfahrung des Operateurs sind letztlich entscheidend für den Erfolg der Behandlung.

DISKURS Dermatologie: Wie integrieren Sie die Lasertherapie organisatorisch in den Praxisalltag?

Dr. Wolff: Die Eingriffe dauern in der Regel weniger als 30 Minuten und können ambulant durchgeführt werden. Das Verfahren ist hygienisch vorteilhaft, da es blutarm ist und kaum Wundsekrete entstehen. Eine konsequente Einhaltung der Lasersicherheitsrichtlinien ist selbstverständlich.

Die Nachsorge bedeutet in der Regel Sitzbäder, Stuhlregulation und Hygienekontrolle. Die Belastbarkeit ist meist nach wenigen Tagen wiederhergestellt.

Wirtschaftlich ist das Verfahren effizient: kurze Ausfallzeiten, weniger Verbrauchsmaterial, und je nach Indikation ist es über GOÄ oder DRG abrechenbar.

DISKURS Dermatologie: Welche Risiken oder Grenzen sehen Sie?

Dr. Wolff: Wie bei jedem thermischen Verfahren hängt der Erfolg von der exakten Energieanwendung ab. Eine zu hohe Energiedichte kann zu tieferen thermischen Schädigungen führen. Auch bei ausgedehnten Fisteln oder entzündlichen Grunderkrankungen sollte die Lasertherapie mit Bedacht gewählt werden. Komplikationen wie Blutungen oder Infektionen sind aber selten.

Dr. med. Katja Wolff beim internationalen Kongress für Laserproktologie Proctocom 2025 in Krakau (Polen), bei dem sie zwei vielbeachtete Vorträge gehalten hat.

DISKURS Dermatologie: Wie sehen Sie die Zukunft der Laserproktologie?

Dr. Wolff: Wir stehen an einem spannenden Punkt. Lasertherapien werden zunehmend differenziert eingesetzt – je nach Fisteltyp, Hämorrhoidalgrad oder Fissurstadium. Zukünftig könnten Kombinationen aus Laser und Plasmatechnik, aber auch photobiomodulative Verfahren zur Regeneration hinzukommen.

Ein weiterer Forschungsansatz betrifft die muskelerhaltende Therapie intraepithelialer Neoplasien. Das Ziel bleibt: maximale Effektivität bei minimaler Invasivität und bestmöglicher Lebensqualität.

DISKURS Dermatologie: Was raten Sie Patientinnen und Patienten, um proktologische Beschwerden präventiv zu vermeiden?

Dr. Wolff: Das Wichtigste ist eine gesunde Stuhlregulation: ballaststoffreiche Ernährung, ausreichend Flüssigkeit, Bewegung. Flohsamenschalen wirken hier oft Wunder. Abführmittel sollten nur ausnahmsweise verwendet werden. Beim Stuhlgang nicht pressen und die Analregion mit klarem Wasser reinigen. Und vor allem: Beschwerden nicht aus Scham verschweigen – je früher eine Diagnose gestellt wird, desto schonender kann man behandeln.

DISKURS Dermatologie: Sehr geehrte Frau Dr. Wolff, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte A. Schwandt.