„Ciclopirox zeigt ein breites Wirkspektrum gegen alle Nagelpilzerreger“
Interview mit Dr. med. Bartosz Malisiewicz (Frankfurt/Main)
Wer Nagelpilz rechtzeitig erkennt und konsequent behandelt, kann die Infektion gut lokal behandeln, sodass die Nägel schnell wieder vorzeigbar sind. Der Frankfurter Dermatologe und Mitautor der S1-Leitlinie „Onychomykose“ Dr. med. Bartosz Malisiewicz gibt im Gespräch Auskunft über die Entstehung, Therapie und Prävention von Nagelpilz.

Herr Dr. Malisiewicz, wie viele Menschen sind in Deutschland von Nagelpilz betroffen? Hat sich die Anzahl der Betroffenen in den letzten Jahren verändert bzw. verschoben?
Dr. Malisiewicz: Die Prävalenzzahlen zu Nagelpilz unterscheiden sich je nach Region und Klimazone und sind daher sehr uneinheitlich. In Deutschland wird eine Prävalenz von Nagelpilzinfektionen mit 12,4% angegeben. Verstärkt tritt eine Infektion bei älteren Menschen auf, was vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung absolut gesehen einen Großteil der Fälle ausmacht. Global sind 20% der über 60-jährigen und über die Hälfte der Diabetiker betroffen. Was sich abzuzeichnen scheint ist, dass auch jüngere Menschen und insbesondere Kinder häufiger an Nagelpilzinfektionen leiden.
Welche Personen haben ein besonders hohes Ansteckungsrisiko?
Dr. Malisiewicz: Vorwegzunehmen ist, dass gesunde Nägel in der Regel nicht von einem Pilz befallen werden. Somit sind gewisse disponierende Wirtsfaktoren eine Voraussetzung für die Infektion. Hierbei ist die strukturelle Integrität des Nagels gestört. In erster Linie zählen zu den prädisponierenden Faktoren Nageltraumata, Wachstumsstörungen, Nagelerkrankungen, Durchblutungsstörungen der unteren Extremitäten oder auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus. Auch krankhaftes Schwitzen (Hyperhidrose) an den Füßen begünstigt die Infektion. Genetische Faktoren sind ebenfalls bekannt.
Die Personengruppen mit den genannten Faktoren weisen ein erhöhtes Infektionsrisiko auf. Insbesondere ältere Patienten sind betroffen. In dieser Gruppe ist das Nagelwachstum verlangsamt und es bestehen diverse Komorbiditäten. Des Weiteren fällt es im Alter zunehmend schwerer, die Füße regelmäßig auf Veränderungen zu kontrollieren und auf die Hygiene zu achten.
Sportlich aktive Menschen jeden Alters und insbesondere junge Gesunde besitzen ein erhöhtes Infektionsrisiko durch Nageltraumata, die häufig beim Sport entstehen. Durch kleine Verletzungen im Nagel können die Erreger eindringen und sich vermehren. Auch das feuchte Milieu in Schwimmbädern, Gemeinschaftduschen und Umkleidekabinen sowie in Leih- und Turnschuhen erhöht die Gefahr einer Ansteckung.
Wie kommt es konkret zu einer Infektion?
Dr. Malisiewicz: Nagelpilz kann immer dann entstehen, wenn zumindest einer der bereits genannten prädisponierenden Faktoren zutrifft und die Pilzerreger z.B. über Verletzungen in den Nagel eindringen und sich vermehren.
Dabei reichen schon kleinste Mikroverletzungen, die man mit bloßem Auge gar nicht sieht. Hinzu kommt, dass Fuß- und Nagelpilz dieselben Erreger haben und ein unbehandelter Fußpilz auf die Nägel übergehen bzw. ein infiziertes Familienmitglied weitere Personen anstecken kann. Eine erneute Ansteckung erfolgt oft auch über Schuhe, in denen Pilze und deren Sporen lange überleben können.
Gibt es Möglichkeiten, einer Erkrankung vorzubeugen?
Dr. Malisiewicz: Einer Infektion mit Nagelpilz lässt sich mit einfachen Verhaltensweisen unkompliziert vorbeugen. Wer in Schwimmbädern, Duschen und Umkleidekabinen Badeschuhe trägt und nach dem Duschen und Baden seine Füße und vor allem die Zehenzwischenräume gut abtrocknet, senkt das Risiko einer Ansteckung erheblich. Zusätzlichen Schutz bietet das Waschen der Socken und Handtücher bei mindestens 60°C. Dadurch werden Erreger konsequent abgetötet. Für Patienten, die erfolgreich eine Nagelpilzbehandlung abgeschlossen haben, sollte zur Rezidivprophylaxe zusätzlich eine Desinfektion des Schuhwerks erfolgen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Dr. Malisiewicz: Bei der Behandlung kann zwischen einer lokalen und einer systemischen Therapie unterschieden werden. Als Lokaltherapie steht die Behandlung mit ciclopirox-, terbinafin- oder amorolfinhaltigen Nagellacken zur Verfügung. Sind die befallenen Nägel sehr stark verdickt, empfiehlt es sich, zur Reduktion des pilzbefallenen und hyperkeratotischen Nagelmaterials, vor der Lackbehandlung eine atraumatische Nagelabtragung durchzuführen. Hierbei wird der infizierte Nagel meist mit Harnstoff aufgeweicht und die krankhaften Bereiche mit einem Spatel abgetragen.
Abhängig u.a. von der Anzahl der betroffenen Nägel, dem Ausmaß der pro Nagel betroffenen Oberfläche, einer evtl. Multimorbidität des Patienten, Arzneimittelwechselwirkungen oder einer Nagelmatrixbeteiligung kommt eine Systemtherapie zum Einsatz. Dabei ist eine Kombinationstherapie, bestehend aus der Einnahme von Tabletten/Säften mit den Wirkstoffen Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin sowie dem Auftragen von antimykotischen Lacken, sinnvoll. Welches Systemtherapeutikum eingesetzt wird, hängt u.a. von den jeweiligen Erregern, den Vorerkrankungen und möglichen Arzneimittelinteraktionen ab. Um ein synergistisches Wirkprinzip zu erreichen, sollten die Wirkstoffe möglichst, neben einer kombinierten lokalen und systemischen Anwendung, einen unterschiedlichen Wirkmechanismus aufweisen. Eine gleichzeitige System- und Lokaltherapie mittels Terbinafin ist beispielsweise weniger sinnvoll. Die genannten systemischen Antimykotika hemmen, wenn auch an unterschiedlichen Stellen, die Ergosterolbiosynthese. Ciclopirox weist einen multimodalen Wirkansatz auf, beruhend auf einer Komplexbildung mit unterschiedlichen Angriffspunkten.
Unabhängig hiervon werden immer wieder Behandlungen mittels Laser aufgeführt. Die Wirksamkeit einer alleinigen Laserbehandlung bei Nagelpilzinfektionen wird jedoch weiterhin als nicht ausreichend angesehen.
Welche Vorteile hat die Therapie mit einem wasserlöslichen ciclopiroxhaltigen Nagellack?
Dr. Malisiewicz: Die Vorteile eines wasserlöslichen ciclopiroxhaltigen Nagellacks wie z.B. Ciclopoli® gegen Nagelpilz basierend auf Hydroxylpropylchitosan (HPCH) bestehen darin, dass sich der Lack wie ein Biofilm auf den Nagel legt. HPCH ist ein Biopolymer und dient als Trägersubstanz für den Wirkstoff Ciclopirox. Durch die hohe Affinität zum Nagelkeratin wird Ciclopirox gut in den Nagel transportiert. Er gelangt dank des Tiefwirk-Effekts ins Innere des Nagels, genau dorthin, wo der Erreger sitzt. Der Wirkstoff Ciclopirox zeigt ein breites Wirkspektrum gegen alle Nagelpilzerreger und auch gegen Sporen.
Welche Bedeutung hat die Leitlinienempfehlung eines Präparats für die Behandlung einer Onychomykose?
Dr. Malisiewicz: Eine Leitlinie gilt als „Richtschnur“ für eine Behandlung. Leitlinien liegt eine systematische Aufarbeitung
des gegenwärtigen Wissensstandes zugrunde. Hierauf basierend werden klare Handlungsempfehlungen formuliert. Eine leitlinienkonforme Behandlung ist also wünschenswert und der Grundstein für die Therapie. Präparate, die innerhalb einer Leitlinie empfohlen werden, sind demnach besonders geeignet für die entsprechende Therapie. Die Leitlinie darf jedoch nicht absolut gesehen werden. In begründeten Fällen kann oder muss von ihr abgewichen werden. Im Falle der Onychomykose wird neben anderen Lacken wasserlöslicher ciclopiroxhaltiger Nagellack zur lokalen Behandlung empfohlen.
Quelle: R&P Medizin News