Hautkrebs

Melanom-Screening: Neue Technologien bieten höhere diagnostische Trefferquoten

Welche Hilfsmittel beim Melanom-Screening und zur strukturierten Lichtschutzberatung nützlich sein können, wurde beim Onkoderm-Symposium im Rahmen der DERM-Fachtagung 2021 vorgestellt.

Inwiefern neue Technologien das Risiko-Nutzen-Verhältnis beim Melanom-Screening verbessern, erläuterte Prof. Dr. Hjalmar Kurzen vom Haut- und Laserzentrum Freising anhand aktueller Entwicklungen in der nicht-invasiven Diagnostik melanozytärer Läsionen.

Etwa ein Drittel der Melanome entstehen aus vorbestehenden Naevi und zwei Drittel „de novo“, so Kurzen. Die Herausforderungen bestehen darin, die Diagnose frühzeitig zu stellen und keine Melanome zu übersehen, um eine möglichst hohe Sensitivität zu erreichen und nur indizierte Exzisionen – d.h. mit hoher Spezifität – durchzuführen. Die diagnostischen Trefferquoten können je nach Erfahrung des Behandlers stark variieren, gab der Experte zu bedenken.

Zur Verbesserung von Sensitivität und Spezifität steht eine Vielzahl nicht-invasiver diagnostischer Hilfsmittel zur Verfügung. Hierzu zählen neben der Dermatoskopie beispielsweise konfokale Laserscanmikroskopie, digitale sequenzielle Video-Dermatoskopie, optische Kohärenztomographie (OCT) und elektrische Impedanzspektroskopie (EIS).

Im Vergleich zum Dermatologen erreichen so genannte Deep Learning Convolutional Neuronal Network (CNN) Systeme mittlerweile eine höhere Sensitivität von 97,1% versus 90% und Spezifität von 78,8% versus 71%. Somit können Deep-Learning-Modelle die Genauigkeit von Dermatologen übertreffen, ihr klinischer Nutzen ist jedoch noch nicht im Behandlungsalltag angekommen, so die Einschätzung von Kurzen.

Sequenzielle Video- Dermatoskopie mit KI/CNN

Ganzkörperfotografie und Video-Dermatoskopie mit Einsatz von KI (Künstliche Intelligenz, z.B. CNN) erhöhen ebenfalls die diagnostische Genauigkeit. Solche Techniken bieten Unterstützung durch eine automatisierte Läsionserkennung und -verfolgung und eignen sich am besten für die Nachsorge in der dermatologischen Sprechstunde. [1] Eine Multicenter-Studie verglich die Sensitivität und Spezifität der klinischen Untersuchungen von Dermatologen, Teledermatologen und computergestützten bildgebenden Verfahren (FotoFinder, MelaFind, Verisante Aura). Von den 184 eingeschlossenen Patienten wurden 59 Läsionen mit histopathologisch bestätigter Diagnose eines Melanoms und 150 Läsionen als gutartig diagnostiziert. Die jeweilige Sensitivität und Spezifität der einzelnen Tools betrug bei MelaFind 82,5% bzw. 52,4%, bei Verisante Aura 21,4% bzw. 86,2% und beim FotoFinder Moleanalyzer Pro 88,1% bzw. 78,8%. Die Sensitivität und Spezifität der Teledermatologen lag bei 84,5% bzw. 82,6%, diejenige der lokalen Dermatologen bei 96,6% bzw. 32,2%. Die höchste Sensitivität und Spezifität wurde somit mit dem FotoFinder Moleanalyzer Pro erreicht. Die Video-Dermatoskopie kann also ein Werkzeug sein, die klinische Entscheidungsfindung zu ergänzen, aber nicht zu ersetzen, schlussfolgerte Kurzen. [2]

Die aktuellen Entwicklungen der sequenziellen Video-Dermatoskopie mit KI/CNN ermöglichen mittlerweile einen hohen Qualitätsstandard. Der Einsatz dieser neuen Geräten ist jedoch mit relativ hohen Investitionen und hohem Zeitaufwand verbunden, gab der Experte zu bedenken.

Neue S3-Leitlinie „Prävention von Hautkrebs“

Zur Prävention von Hautkrebs in der dermatologischen Sprechstunde mit einer strukturierten und standardisierten Lichtschutzberatung stellte Dr. med. Hanspeter Prieur, Hautarzt in Duisburg, die neue S3-Leitlinie vom März 2021 vor. Die Anwendung von geeigneten UV-Schutzmaßnahmen ist insbesondere für Personen mit erhöhtem Risiko wichtig. Hierzu zählen beispielsweise helle Hauttypen (I und II) mit hoher individueller Lichtempfindlichkeit und vielen Naevi (>50) sowie Patienten unter Dauermedikation mit Immunsuppressiva (z.B. Organtransplantierte) und Personen mit hoher (berufsbedingter) UV-Exposition. Diese Personen sollten eine starke Sonnenstrahlungsexposition vermeiden, textilen Lichtschutz (inkl. Kopfbedeckung und Sonnenbrille) tragen und Sonnenschutzmittel anwenden. Außerdem sollten Sonnenbrände, Solarien und Aktivitäten im Freien zur Mittagszeit vermieden werden, so der Rat von Prieur. Darüber hinaus sollte auf Nebenwirkungen von Medikamenten, die durch Sonneneinstrahlung induziert werden, in der Sprechstunde hingewiesen werden.

Säuglinge und Kleinkinder unter zwei Jahre sind nicht der direkten Sonneneinstrahlung auszusetzen. Textiler Lichtschutz ist einfach und effektiv, wenn nicht auf zu dünne Textilien zurückgegriffen wird, so der Experte. Zielgruppen für einen textilen Lichtschutz sind Kinder, Personen mit stark und sehr stark erhöhtem Risiko sowie bei „Outdoor“-Berufen und -Freizeitsportarten.

Quelle: Onkoderm-Symposium im Rahmen der DERM 2021, 10. September 2021

Literatur

1. Young AT, Vora NB, Cortez J, et al. Pigment Cell Melanoma Res. 2021;34(2):288-300.

2. MacLellan AN, Price EL, Publicover-Brouwer P, et al. J Am Acad Dermatol. 2021;85(2):353-359.