Hautkrebs

Nicht-operative Verfahren bei Hauttumoren: Lokale Chemo- bzw. Immuntherapien und ECT

PD Dr. Hans-Joachim Schulze, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Fachklinik Hornheide (Münster) stellte bei einem Hautkrebs- und Systemtherapie-Symposium des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen (BVDD) kürzlich Therapiealternativen zur Operation bei Hauttumoren vor. Der Fokus lag dabei auf lokalen Verfahren mit Chemo- bzw. Immuntherapien und Elektrochemotherapie (ECT). Zu den nicht-operablen Hauttumoren zählen beispielsweise lokal fortgeschrittene Hauttumore, disseminierte kutane Metastasen und Lymphome.

Lokale Verfahren mit Chemo- bzw. Immuntherapien und ECT können einen Beitrag dazu leisten, die Lebensqualität von Patienten zu verbessern, wenn Standardtherapien nicht möglich sind, so die Einschätzung von Schulze. Die Indikation erfolgt stadienabhängig oder streng eingeschränkt für individuelle Fälle. Diese Ansätze stellen eine wichtige Alternative zum palliativen Debulking (partielle Verkleinerung maligner Tumoren, d.h. eine Reduktion der Tumormasse) von inoperablen Tumoren unabhängig von ihrer Ätiologie dar.

Zu den Therapieoptionen inoperabler Hauttumoren zählen unter anderem lokale Chemotherapien mit Zytostatika wie z.B. 5-Fluorouracil und Carmustin, lokale Immuntherapien mit topischen (z.B. Diclofenac, Ingenolmebutat, Ingenoldisoxat, Imiquimod, Resiquimod) oder intratumoralen Optionen (z.B. Interleukin-2 (IL-2), GM-CSF, onkolytische Immuntherapie) sowie multimodale Lokaltherapien mit Topika (DNCB (Dinitrochlorobenzol) / DTIC (Dacarbazin), Photodynamische Therapien (PDT) mit ALA oder MAL) sowie intratumorale ECT (Bleomycin oder Cisplatin).

Effektivität von lokalen Optionen

Superfizielle Optionen wie Imiquimod, 5-Fluorouracil oder PDT erreichen beispielsweise beim Basalzellkarzinom (BCC) relativ hohe Komplettremissionsraten von jeweils über 82-90%, 80% und 71-87%. Über einen Nachbeobachtungszeitraum von bis zu fünf Jahren betrug die Wahrscheinlichkeit eines tumorfreien Überlebens in einer prospektiven, randomisierten, kontrollierten, multizentrischen Studie mit ursprünglich 601 Patienten 62,7% für die MAL-PDT (95% Konfidenzintervall [CI] = 55,3-69,2), 70,0% für 5-Fluorouracil (95% KI = 62,9-76,0) und 80,5% für Imiquimod (95% KI = 74,0-85,6). Fünf Jahre nach der Behandlung zeigten die Ergebnisse dieser Studie, dass 5% Imiquimod-Creme sowohl der MAL-PDT-Therapie als auch der 5-Fluorouracil-Creme in Bezug auf die Wirksamkeit bei oberflächlichem Basalzellkarzinom überlegen war, zitierte Schulze. [1]

Bei lokoregionalen Melanommetastasen erreichen lokale Verfahren Komplettremissionsraten
von bis zu 82% (Imiquimod), 79% (IL-2; Cave: off-label), 78% ECT (Bleomycin, Cisplatin), 62% (DNCB + DTIC) und 26,4% (T- VEC). Schulze hob hervor, dass die epifokale Applikation von DNCB kombiniert mit systemischer Chemotherapie mit Dacarbazin (DNCB/ DTIC-Kontaktsensibilisierung) laut aktueller S3-Leitlinie Melanom ausdrücklich eine Option bei Melanompatienten mit In-transit-Metastasen darstellt.

ECT kombiniert elektrische Impulse und Zytostatikum

Der Experte empfahl die ECT mit Bleomycin oder Cisplatin in der palliativen Situation bei kutanen und subkutanen Metastasen, die beispielsweise inoperabel groß, schlecht abgrenzbar, schlecht erreichbar (z.B. funktionell schwierige Lokalisation), unstillbar blutend oder indolent schmerzhaft sind. Die ECT ist eine Kombinationstherapie aus elektrischen Impulsen und Zytostatikum, die eine verbesserte Wirkung trotz niedriger Dosis des Zytostatikums ermöglicht. Im ersten Schritt erfolgt die Injektion des Zytostatikums (intravenös (i.v.) oder intraläsional), gefolgt von Elektroporation 8-30 Minuten nach der i.v.-Applikation von Bleomycin oder Cisplatin. Das Chemotherapeutikum gelangt mit einer bis zu 10.000-fach erhöhten Konzentration in die Tumorzelle als bei konventioneller Gabe. Da die Poration ein reversibler Vorgang ist, schließen die Zellmembranen wieder und das Chemotherapeutikum beginnt zu wirken, erläuterte Schulze. Der Experte empfahl die Anwendung von bipolaren Elektroporationen mit Pulslängen von unter 2 μsec bei sehr hoher Frequenz von bis zu 500 KHz, da dieses Verfahren im Vergleich zur klassischen Elektroporation (unipolare Pulse, 100 μsec bei niedrigen Pulsfrequenzen von 5 KHz) eine sichere, gewebeschonende, transiente Permeabilität der Tumorzellwände zur Einschleusung großer Moleküle darstellt.

Mit ECT können Ansprechraten von 80-90% erreicht werden, darunter etwa 60-80% unter Vollremission, berichtete Schulze. Eine ECT kann bei Bedarf nach einigen Wochen (≥3 Wochen) wiederholt werden und ist parallel zu anderen onkologischen Therapien durchführbar. Jedoch sollten insbesondere bei wiederholter Gabe mögliche systemische Nebenwirkungen der Zytostatika bedacht werden. ECT sind sowohl stationär als auch ambulant möglich, ohne dass bedeutsame Nebenwirkungen zu verzeichnen sind. Zum Nebenwirkungsprofil zählen Lokalschmerz, Rötung und Pigmentinkontinenz.

Quelle: Vortrag „Lokale Chemo-/Immuntherapie, Elektro-chemotherapie“ von PD Dr. Hans-Joachim Schulze beim Hautkrebs- und Systemtherapie-Symposium Rhein-Ruhr BVDD e.V. / VKH, 21. August 2021

Literatur

1. Jansen Maud HE et al. J Invest Dermatol. 2018 03; 138(3):527-533.