Laser | Radiofrequenz

„Wir sehen mit Picosekundenlasern im Endeffekt bessere Ergebnisse bei weniger notwendigen Sessions“

Interview mit Dr. med. Klaus Hoffmann (Hautteam – Bochum)

Dr. med. Klaus Hoffmann ist neben seiner Tätigkeit als leitender Arzt der Abteilung für ästhetisch operative Medizin und kosmetische Dermatologie der Universitäts-Hautklinik Bochum ein überaus renommierter Experte zu dem Themenkomplex Ästhetik/Dermatologie sowie gefragter Referent bei zahllosen nationalen und internationalen Kongressen. Wir sprachen mit Dr. Hoffmann über die Methode der Wahl sowie eventuelle Fallstricke bei der Entfernung von Tattoos – ein Thema, bei dem es bei vielen Behandlern immer noch Wissensdefizite gibt.

Arzt für Dermatologie und Venerologie Allergologie, Phlebologie u. Umweltmedizin St. Josef-Hospital, Universitätsklinik Klinikum der Ruhr Universität Bochum Ltd. Arzt ästhetisch operative Medizin, kosmetische Dermatologie,
Laserzentrum des Landes NRW
Gudrunstr. 56, D-44791 Bochum

Ästhetische Dermatologie:

Herr Dr. Hoffmann, was passiert eigentlich mit der Haut, wenn man sich ein Tattoo stechen lässt?

Dr. Hoffmann:

Zunächst einmal ist festzustellen, dass das Tätowieren mit einem speziellen Tätowiermittel erfolgt, das sich ganz grundsätzlich von z.B. einer wasserlöslichen Farbe unterscheidet. Im Grunde werden hier kleine Pigmentteilchen eingebracht, die vom Körper nicht aufgelöst, sondern eingelagert werden. Diese Einlagerung erfolgt wohl, dies konnte man zumindest im Tierversuch zeigen, in Fresszellen. Stirbt eine Fresszelle, wird das gespeicherte Tattoomaterial an eine andere weitergegeben. Der Schwund, der hierbei über die Zeit hinweg eintritt, sorgt dann für ein Verblassen der entsprechenden Tätowierung.

Ästhetische Dermatologie:

Wieso kann es beim Tätowieren zu Entzündungen kommen?

Dr. Hoffmann:

Beim Vorgang des Tätowierens ist es absolut notwendig, höchste Sterilität einzuhalten. Dies wird von guten Tattoo-Studios, die den Fachorganisationen angeschlossen sind und die die neue DIN-Norm einhalten, auch weitestgehend garantiert. Der Kunde sollte darauf achten, dass die Tattoo-Studios einer Fachgesellschaft angeschlossen sind und dass diese bereits genannte DIN-Norm zur Tätowierung auch tatsächlich verpflichtend ist. Eine immunologische Abwehrreaktion kann aber trotz aller Vorsichtsmaßnahmen passieren. Eine solche Abwehrreaktion sieht man häufig auf die Farbe Rot, toxische Reaktionen eher auf die Farbe Grün.

Ästhetische Dermatologie:

Wozu würden Sie raten, sollte es tatsächlich zu einer Entzündung gekommen sein?

Dr. Hoffmann:

Sollten Entzündungen entstanden sein, ist zunächst einmal zu prüfen, ob es sich um eine Abwehrreaktion des Körpers oder um eine bakterielle Infektion handelt. Die Faustregel ist, dass bakterielle Infektionen in aller Regel relativ früh nach dem Einbringen des Tätowiermittels entstehen und die granulomatösen Abwehrreaktionen erst später. Danach richtet sich auch die Behandlung. Frühreaktionen können auch antibiotisch abgedeckt werden, Spätreaktionen entsprechend durch die Modulation des Immunsystems, z.B. durch Aufbringung einer Kortisoncreme, Unterspritzung des entsprechenden Areals mit Kortison und/oder anderer das Immunsystem beeinflussender Mittel. Die Ultima Ratio ist bei einer granulomatösen Entzündung die chirurgische Entfernung des Tattoos.

Ästhetische Dermatologie:

Körperpflege nach einer Tätowierung ist wichtig – wann sollte wieder damit begonnen werden, was raten Sie Ihren Patienten?

Dr. Hoffmann:

Nach einer Tätowierung hat der Tätowierer in aller Regel eine Folie aufgebracht. Erst nach Abheilen
der Oberfläche, das heißt nach der Wiederherstellung der Integrität der Epidermis, d.h. der äußeren Hautschicht, kann normale Körperpflege betrieben werden. Solange die Stichkanäle, durch die das Tätowiermittel eingebracht wird, offen sind, ist natürlich ein höheres Risiko für eine Entzündung gegeben, und dem ist entsprechend Sorge zu tragen.

Ästhetische Dermatologie:

Was sollte man beachten, damit Tattoos nicht vorzeitig ausbleichen?

Dr. Hoffmann:

Ein Ausbleichen von Tattoos ist niemals vollständig zu vermeiden. Die bereits beschriebene Speicherart der Tätowiermittel als auch die Aggregation des Tätowiermittels in der Haut selber tragen hierzu bei. Das Tätowiermittel wird sich in aller Regel in der Region um die Lymphgefäße und die Gefäße in der Lederhaut (Dermis) ansammeln. Damit wird das Abfließen von Tätowiermitteln, selbst wenn Sie intrazellulär gelagert sind, natürlich erleichtert. Die Technik, mit der ein Tattoo gestochen wird, ist natürlich ebenfalls wichtig, insofern das gleichmäßige Einbringen des Tätowiermittels wie auch dessen Qualität die Langlebigkeit des Endresultats beeinflussen.

Der Tätowierte selbst kann durch das „Schonen“ des Tattoos seinen Teil beitragen. Sonnenstrahlung ist in aller Regel Gift für das Tattoo. Nicht nur die Überhitzung eines schwarzen Tattoos in der Sonne ist hierbei ein Problem, sondern auch das Abspalten von reaktiven Molekülen aus den Tätowierstoffen. Diese Spaltprodukte sind tatsächlich so aktiv, dass sie, rein laborchemisch betrachtet, toxisch werden oder gar krebserregend sein könnten.

Bevor jetzt alle Tätowierten nervös werden: In Deutschland gibt es ca. 10 Millionen tätowierte Menschen. Wenn es in der Praxis wirklich zu einem erheblichen Problem durch diese Spaltprodukte käme, würden wir sicherlich in der Epidemiologie eine Kerbe sehen, die erhöhte Erkrankungsraten bei tätowierten Menschen zeigt; dies ist aber nicht der Fall. Das heißt aber andererseits auch nicht, dass die Abspaltprodukte aus einem Tattoo insgesamt unproblematisch wären.

Ästhetische Dermatologie:

Gibt es ästhetisch-dermatologische Treatments, die auf tätowierter Haut besser unterlassen werden sollten?

Dr. Hoffmann:

Kosmetische Behandlungen auf tätowierten Hautarealen sollten tatsächlich nach Möglichkeit unterbleiben. Dies gilt für die Anwendung von Hitze, wie z.B. Radiofrequenzmethoden, Ultraschall oder auch die Dermabrasion. Sämtliche Integritätsstörungen der Oberfläche mit Aktivierung der dort ortsständigen Immunzellen können auch einen Einfluss auf das tiefer gelegene Tattoo haben und somit eine Immunreaktion provozieren. Von daher wird im All- gemeinen von kosmetischen Behandlungen bis hin zu Peelings oder Ähnlichem eher abgeraten.

Erscheinungsbild vor (l.) bzw. nach (r.) fünf Behandlungen mit dem Picosekunden-Lasersystem PicoSure.

Ästhetische Dermatologie:

Die inzwischen große Anzahl tätowierter Menschen führt fast zwangsläufig auch zu einer erheblichen Anzahl von Patienten, die ihre Tattoos irgendwann wieder loswerden wollen. Wie funktioniert die Tattoo-Entfernung mittels Laser und welche Risiken gibt es hierbei?

Dr. Hoffmann:

Nun, wie zuvor bereits angedeutet, ist es leider so, dass bei dem Einbringen von Energie Spaltprodukte entstehen können. Herkömmliche Laser arbeiteten im Milli- oder im Nanosekundenbereich, was dazu führte, dass die Lichtblitze, die im Tattoo absorbiert wurden, eine thermische Reaktion auslösten, mit der die Tätowiermittel verbrannt bzw. geradezu „geschmolzen“ wurden. Das Bundesinstitut für Risikobewertungen hat hierzu einmal mit einem „Old- School-Laser“, einem sogenannten Rubinlaser, der bis zu 600 Grad in der Haut erzeugen kann, gezeigt, dass diese Spaltprodukte tatsächlich entstehen, und deswegen von Laserbehandlungen mit dieser Gerätschaft gewarnt.

Neuere Geräte wie diejenigen, die eine Picosekunden-Technologie aufweisen, haben diese Problematik eher nicht. Durch die extrem kurzen Lichtblitze im Picosekundenbereich kommt es im Wesentlichen nicht mehr zu einer thermischen Reaktion, sondern zu einem photoakustischen Effekt: Das Pigment wird in der Tiefe nur ultrakurz aufgeheizt und die Energie sofort wieder weggenommen; der Effekt ist vielleicht vergleichbar mit einem heißen Glas, das man sofort in kaltes Wasser wirft: Es wird platzen. Die Tätowiermittel werden also durch eine mechanische Zerstörung freigesetzt und können dann durch die Lymphe abtransportiert oder in Makrophagen zersetzt werden. Somit sind die beschriebenen Risiken, die wir mit älteren Lasern – oder vergleichbar auch durch Sonnenbestrahlung – hatten, im Prinzip nicht mehr gegeben. Unabhängig davon haben diese Geräte auch weitere Vorteile, weil sie effektiver und weniger schmerzhaft sind. Wir sehen mit diesen Geräten im Endeffekt bessere Ergebnisse bei weniger notwendigen Sessions.

Ästhetische Dermatologie:

Um ein Tattoo in so wenig Sessions wie möglich zu entfernen, sie erwähnten einmal ca. 5 Behandlungen, was ist zu beachten, sind zeitliche Abstände dazwischen wichtig und was raten Sie anderen Behandlern bzw. wie geht man am besten vor?

Dr. Hoffmann:

Wir haben früher gedacht, dass es sinnvoll ist, möglichst frühzeitig neu zu lasern, dies haben wir inzwischen ein wenig revidiert. Wir wissen, dass man mit der Picosekunden-Technologie schneller hintereinander Sessions durchführen kann als mit den herkömmlichen Geräten, da ja – wie bereits erläutert – die thermische Schädigung der Haut wesentlich geringer ist. Dennoch benötigt die Haut für das Verteilen bzw. die Resorption der Partikel Zeit. Günstig ist aus unserer Sicht ein Zeitraum zwischen drei und sechs Wochen. Wartet man länger, kann es häufig noch zu einer deutlichen Verbesserung des Befundes kommen, ohne dass man Weiteres unternommen hat.

Ästhetische Dermatologie:

Welche Farben sind am schwierigsten zu entfernen?

Dr. Hoffmann:

Wir bekämpfen mit dem Picosekundenlaser wie z.B. dem PicoSure ja eingebrachte Pigmente. Eine Farbe ist etwas Wasserlösliches, ein Pigment ist etwas nicht Wasserlösliches. Die Tattoo-„Farbe“ Carbon Black – ein sehr tiefes Schwarz – besteht also z.B. aus Mikroimplantaten, kleinen Kugeln, in einer Größe zwischen 20 und 100 nm, die zudem aggregieren und agglomerieren. Behandelt man diese Areale mit dem Picosekundenlaser, werden sowohl die Aggregate als auch die Agglomerate zerstört. Auch einzelne Pigmentkörner platzen und das Tattoo insgesamt wird zerstört und entfernt. Schwieriger wird es, wenn die Pigmente, die entfernt werden sollen, besonders klein sind. Zu den Problemfällen zählt z.B. Gelb, weil hier die Pigmentteilchen häufig kleiner als 10 nm sind und so selbst den modernsten Lasertechniken entgehen können.

Ästhetische Dermatologie:

Können nach einer Tattoo-Entfernung auch Narben zurückbleiben?

Dr. Hoffmann:

Narben bleiben bei der modernen Picosekunden-Technologie fast nie zurück. Früher bei den Laserbehandlungen mit thermalen Effekten haben wir diese jedoch durchaus zuweilen gesehen. Es ist aber auch so, dass wir bei der Tattoo-Entfernung recht häufig Narben freilegen, die ursprünglich der Tätowierer verursacht, d.h. gestochen hat!

An dieser Stelle sollte man erwähnen, dass die Picosekunden-Technologie nicht nur für die Tattoo-Entfernung, sondern u.a. auch für die Narbenbehandlung zugelassen ist. Man kann also mit dieser Technologie nicht nur die ursprünglich erwünschte Tätowierung, sondern auch den Schaden, der eventuell durch das Tätowieren entstanden ist, beseitigen.

Ästhetische Dermatologie:

Lässt sich auch Permanent Make-Up entfernen?

Dr. Hoffmann:

Ja, natürlich. Ein Permanent Make-Up entspricht im Wesentlichen einem Tattoo und kann somit auch ebenso behandelt werden. Den Begriff „Permanent Make-Up“ höre ich sehr ungern und vermeide weitestgehend seine Benutzung, gerade weil er den Sachverhalt verschleiert, dass es sich im Grunde tatsächlich um eine Tätowierung handelt. Viele Behandler haben übrigens immer noch einen gewissen Respekt vor diesem Treatment, denn bei der Entfernung des Permanent Make-Up z.B. an den Augenbrauen kann es beim Lasern zu einer Oxidation bzw. direkt zu einer Verfärbung des vorhandenen Pigmentes kommen. Das heißt wir haben das Problem, dass es möglicherweise zunächst zu einem deutlichen Schwärzungseffekt kommt. Hier hilft die Möglichkeit, den Picosekundenlaser auf eine Boost-Einstellung zu stellen, um tatsächlich auch noch diese Pigmente zu erwischen. Übrigens braucht sich kein Patient um seine Haare zu sorgen, denn die Haarfollikel werden bei dem ganzen Vorgang nicht tangiert und die Haare bleiben somit also erhalten.

Ästhetische Dermatologie:

Ist die Tattoo-Entfernung aus Ihrer Sicht eine lukrative Behandlungsoption für dermatologische bzw. ästhetische Praxen?

Dr. Hoffmann:

Tattoo-Entfernungen sind derzeit ein sehr interessanter Markt für Ärztinnen und Ärzte. Wir schätzen, dass bis dato einige Zehntausend nicht-ärztliche Behandler Tattoo-Entfernungen durchgeführt haben – was jedoch durch die neuen gesetzlichen Regelungen seit dem 01.01.2021 illegal ist! All diese Patienten müssen sich also zwangsläufig einen neuen Behandler suchen. Wir wissen darüber hinaus aus einer eigenen Studie, die wir mit der Ruhr Universität Bochum zusammen mit den Tattoo-Verbänden durchgeführt haben, dass ungefähr 10% derjenigen, die ein Tattoo tragen, selbiges verändern oder entfernen lassen wollen. Wir haben also summa summarum per anno mit Sicherheit 500.000 bis 1.000.000 Menschen, die für eine Tattoo-Entfernung oder aber ein Cover-Up infrage kommen. Das ist ein riesiger Markt, der qualifiziert bedient werden muss.

Ästhetische Dermatologie:

Sehr geehrter Herr Dr. Hoffmann, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte S. Höppner.