Plastische Chirurgie

„Auch Frauen in oder jenseits der Wechseljahre sind bestens geeignet für eine Brustvergrößerung oder Brustverkleinerung“

Interview mit Dr. med. Svenja Giessler, München

Frau Dr. med. Svenja Giessler ist nach Tätigkeiten an mehreren großen Kliniken in Berlin, Ludwigshafen und Vogtareuth inzwischen seit etwa 10 Jahren als niedergelassene Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie mit eigener Praxis in München ansässig. Wir sprachen mit Frau Dr. Giessler über eines ihrer Hauptbetätigungsfelder, die plastische und ästhetische Brustchirurgie.

MÄC:

Frau Dr. Giessler, viele Frauen sind ja mit ihrer Brust nicht ganz zufrieden. Was wird Ihrer Erfahrung nach am häufigsten bemängelt?

Dr. Giessler:

Bemängelt werden die Form – es gibt anlagebedingte Fehlbildungen und Veränderungen der Form durch Gewichtsschwankungen, Schwangerschaften, Stillzeiten –, die Größe und natürlich auch die Spannung und Prallheit der Brüste, die nicht den Vorstellungen entsprechen.

MÄC:

Die Patientin kommt also aus einem dieser Gründe in Ihre Praxis. Was passiert dann als nächstes?

Dr. Giessler:

Zuallererst muss ein umfassendes Vorgespräch zwischen Arzt und Patient stattfinden. Hier geht es zunächst einmal um die individuelle Erwartungshaltung der jeweiligen Patientin: Wie sieht diese aus und kann ich als Behandler diese überhaupt erfüllen. Die Erwartungen der Patienten sind sehr unterschiedlich und hängen von vielen Faktoren ab. Zunächst einmal besteht ein Unterschied darin, ob eine Frau zur Beratung für eine Brustvergrößerung oder eine Verkleinerung kommt, in welchem Alter und Lebensumständen sie sich befindet, ob sie Kinder geboren und gestillt oder massiv an Gewicht zu- oder abgenommen hat. Am Anfang jedes Beratungsgespräches steht also erstmal eine ausführliche Anamnese und die Frage an die Patientin, was sie sich wünscht. Dann wird im Rahmen der körperlichen Untersuchung der derzeitige Zustand erfasst, gemessen und gemeinsam vor einem Ganzkörperspiegel erläutert. Im Anschluss erkläre ich dann, was zu tun ist, und versuche dabei, die Erwartungen der Patientin mit dem aus meiner Sicht Machbaren abzugleichen. Zu einer fundierten Aufklärung und Beratung gehört dann natürlich noch das Auflisten der möglichen Risiken und Komplikationen, aber auch die Relativierung derselben, um Ängste zu nehmen. Zu den allgemeinen OP-Risiken gehören neben Blutungen, Wundheilungsstörungen, Schmerzen, Schwellungen und Blutergüssen natürlich auch die Thrombose und Embolie sowie Veränderungen in der Sensibilität. Zu den speziellen Risiken bei Brustverkleinerungen müssen die Asymmetrie, das erneute Absinken der Brüste und Durchblutungsstörungen der Brustwarzen thematisiert werden, bei Brustvergrößerungen die Kapselfibrose mit der Notwendigkeit des Implantattausches sowie Form- und Lageveränderungen der Implantate.

MÄC:

Was würden Sie sagen, kommen mehr junge Frauen unter 30 oder mehr reifere Damen ab 40 zu Ihnen in die Praxis?

Dr. Giessler:

Das kommt auf die Problematik an. Zum Thema Brustvergrößerung kommen deutlich mehr junge als ältere Frauen zu mir in die Praxis, bei der Brustverkleinerung hält es sich in etwa die Waage.

MÄC:

Sehen Sie generell mehr altersspezifische “Probleme“ oder geht es altersunabhängig hauptsächlich um die ästhetische Optik?

Dr. Giessler:

Auch das ist sehr unterschiedlich. Es gibt schon sehr junge Frauen, die noch keine Kinder haben, mit erschlafften Brüsten, zu kleinen und zu großen, und natürlich auch viele Frauen, die unter dem massiven Gewicht ihrer Brüste leiden. Letztendlich sind viele Veränderungen unabhängig vom Alter, sie hängen wesentlich von genetischen Faktoren oder raschen Gewichtszunahmen ab. Ob eine zu große oder zu kleine Brust als “Problem“ wahrgenommen wird, ist sehr unterschiedlich, bekanntlich sind die Schönheitsideale sehr individuell und nicht jede Frau empfindet eine “zu große“ oder “zu kleine“ Brust als unschön. Der Leidensdruck spielt dennoch oft eine große Rolle, bei einer zu kleinen Brust gibt es natürlich keine körperlichen Probleme wie die bei großen Brüsten oft auftretenden Haltungsschäden oder Hautirritationen, aber die psychische Belastung ist häufig nicht unerheblich. Vor allem aber wenn die Brüste sich nach Schwangerschaften oder massiven Gewichtsverlusten zum Negativen verändert haben, ist der Wunsch nach einer OP meist stark ausgeprägt.

MÄC:

Vielleicht gehen wir dennoch auch auf die altersspezifischen Probleme etwas näher ein. Was ist hier das vorrangige Problem?

Dr. Giessler:

In den Wechseljahren wandelt sich ein großer Teil des Drüsengewebes in Fettgewebe um, die Hautspannung und Elastizität sind vermindert, sodass die Brüste weiter absinken und stärker hängen. Gewichtsschwankungen machen sich dann auch vermehrt in zu- oder abnehmender Größe der Brüste bemerkbar. Dazu kommt die in dieser Phase des Lebens häufig auftretende Unzufriedenheit aufgrund der starken allgemeinen Veränderungen des Körpers mit Gewichtszunahmen, Verringerung der Libido, Verlust der sportlichen und allgemeinen Belastbarkeit und der Angst vor dem älter- und damit vermeintlich unattraktiver werden. Oft rückt dann die Brust als Symbol der Weiblichkeit wieder mehr in den Fokus und der Verlust der jugendlichen Form und Spannung wird deutlicher bemängelt. Insofern sind auch Frauen in oder jenseits der Wechseljahre prinzipiell bestens geeignet für eine Brustvergrößerung, gegebenenfalls auch in Kombination mit einer notwendigen Bruststraffung, oder eine Brustverkleinerung. Die Operationsmethoden unterscheiden sich nicht von denen bei jüngeren Frauen, aber in den meisten Fällen ist eine überaus straffe, jugendliche und pralle Brust weder gewünscht noch operativ erreichbar. Das Ergebnis soll ja schließlich auch zum Gesamtbild des Körpers passen. Viele Frauen leiden ihr ganzes (Berufs-)Leben lang unter großen, schweren – oder auch zu kleinen – Brüsten, hatten aber aus diversen Gründen nie die Gelegenheit, sich operieren zu lassen. Somit suchen mich häufig Patientinnen auf, deren Kinder aus dem Haus sind, die aufgehört haben zu arbeiten oder sich nicht mehr um einen Partner kümmern müssen, um sich endlich ihren größten Wunsch nach einer schönen Brust zu erfüllen. Unsere Lebenserwartung ist heutzutage so hoch, warum sollte man nicht eine gesunde 60-jährige operieren und damit ihre Lebensqualität steigern? Es lohnt sich allemal!

MÄC:

Wie sind ihre Erfahrungswerte bei Frauen, die bereits mehrere Schwangerschaften hinter sich haben. Wie ist hier der Zustand der Brust und was können Sie tun?

Dr. Giessler:

Selbst bei Frauen, die es geschafft haben, ihren Körper nach mehreren Schwangerschaften wieder zu optimieren und zu straffen, gelingt dies bei den Brüsten meist nicht. Im Falle von großen Brüsten sind diese oftmals noch größer und schlaffer geworden, im Falle von kleinen Brüsten sind sie meist in sich zusammengefallen und haben noch mehr an Volumen verloren. Im letzteren Fall ist dann meistens eine Brustvergrößerung mit Straffung erforderlich. So glücklich die betreffenden Patientinnen auch meistens über ihren Nachwuchs sind, so leiden sie dennoch an der Optik ihrer Brüste und möchten nur, dass sie wieder annähernd so aussehen wie vorher. Wichtig ist jedoch das Timing einer Operation nach den Schwangerschaften. Die Patientin sollte mindestens sechs Monate abgestillt haben, damit die Brüste sich nicht mehr wesentlich verändern. Viel wichtiger ist aber die erforderliche körperliche Schonung nach einer Operation – mindestens zwei, eher sechs Wochen, in denen die Patientin nicht schwer heben oder den Oberkörper belasten darf, wodurch die Versorgung eines Babys oder Kleinkindes quasi unmöglich ist. Aus diesem Grund rate ich Patientinnen mit sehr kleinen Kindern häufig zum Abwarten oder empfehle, sich für die ersten zwei Wochen eine durchgehende Unterstützung zu organisieren.

MÄC:

Haben Sie mit bestimmten Implantaten in der Praxis besonders gute Erfahrungen gemacht? Welche Implantate setzen Sie in der Regel ein?

Dr. Giessler:

Ich arbeite seit Jahren mit der Firma Sebbin zusammen. Diese Firma garantiert eine lebenslange Haltbarkeit ihrer Implantate, das gibt mir ein gutes Gefühl, das ich an meine Patientinnen weitergebe. Ich bin ein Fan der runden Hochprofil-Implantate mit einer Mikrotextur, die sich extrem weich anfühlen und sich den Bewegungen des Körpers schön anpassen.

MÄC:

Eines Ihrer Spezialgebiete ist ja die Behebung so genannter Schlupfwarzen. Bitte erläutern Sie uns doch diese spezielle Problematik.

Dr. Giessler:

Schlupfwarzen – invertierte Mamillen – sind meistens angeboren, gelegentlich treten sie auch erst nach dem Stillen eines Babys auf. Dabei handelt es sich um Brustwarzen, die entweder permanent eingezogen sind oder die nur gelegentlich herauskommen. Die Ursache liegt in der Verkürzung der Milchgänge, die die Brustwarzen wie “Drahtseile“ nach innen ziehen. Die einzige dauerhafte Lösung ist ein operatives Vorgehen, bei dem die Milchgänge durchtrennt werden und die Brustwarzen mithilfe einer so genannten Tabaksbeutelnaht stabilisiert werden (OP-Methode nach Olivari). Diese Operation wird ambulant in Lokalanästhesie durchgeführt. Als wichtigste Folge dieses Eingriffes muss der Verlust der Stillfähigkeit angeführt werden. Ich werde von Patientinnen jeden Alters wegen Schlupfwarzen aufgesucht, solchen, die bereits Kinder haben, und solchen, die noch keine haben. Die meisten akzeptieren den Verlust der Stillfähigkeit, weil sie entweder die Erfahrung gemacht haben, dass es bei Ihnen nicht geklappt hat, oder weil sie sicher sind, dass es nicht funktionieren wird. Insgesamt ist es eine sehr unkomplizierte, erfolgreiche Operation mit schönen Langzeitergebnissen.

MÄC:

Kommen Schlupfwarzen nur bei Frauen vor oder auch bei Männern?

Dr. Giessler:

Auch bei Männern gibt es Schlupfwarzen, aber sehr viel seltener. Eine plötzlich aufgetretene einseitige Schlupfwarze sollte übrigens immer gynäkologisch abgeklärt werden, da sie Hinweis auf einen Brustkrebs sein kann.

MÄC:

Kollektive Vorstellungen von “Ästhetik” unterliegen ja einem steten Wandel. Sehen Sie hier einen Langzeittrend hin zu einer eher kleinen, natürlichen Brustform, oder dominiert die voluminösere Brust?

Dr. Giessler:

In meiner Praxis wünschen sich die meisten Patientinnen ein natürliches Ergebnis und mit den modernen weichen Implantaten ist dies auch sehr viel besser umzusetzen als früher. Dennoch gibt es selbstverständlich immer noch Frauen mit dem Wunsch nach sehr großen, unnatürlichen Brüsten mit dem “Fake-Look“. Nachdem dies aber nicht meinem ästhetischen Empfinden entspricht, werde ich extrem selten mit diesem Wunsch konfrontiert, denn ganz offenbar erkundigen sich die Patientinnen vorher schon über den “Stil“ ihres potenziellen Operateurs, sodass sich das Klientel bereits vor dem Beratungsgespräch meist entsprechend orientiert.

MÄC:

Haben Sie persönlich einen Wunsch, wo die Entwicklung hingehen soll, auch hinsichtlich der den Behandlerinnen und Behandlern zur Verfügung stehenden Produkte?

Dr. Giessler:

All meine Kollegen und ich wünschen uns sichere, langlebige Implantate, die wir unseren Patientinnen ruhigen Gewissens ohne gesundheitliche Risiken einsetzen können. Dazu müssen weitere Forschungen durchgeführt werden und Ursachen für Komplikationen gefunden werden. Außerdem wünsche ich mir ein offenes, ehrliches Kommunizieren der Hersteller, wenn es zu vermehrten Komplikationen mit ihren Implantaten kommen sollte, das ist sowohl für uns Ärzte als auch für unsere Patienten essenziell.

MÄC:

Sehr geehrte Frau Dr. Giessler, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte S. Steffens