Frauenpower, Diversität, Medaillen und künstliche Intelligenz in der Dermatologie

Frauenpower, Diversität, Medaillen und künstliche Intelligenz in der Dermatologie

Nachklang zur 50. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft

Die 50. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) hallt bei den 3.100 Teilnehmern aus 27 Ländern lange nach. Es ist der Klang von acht verliehenen Medaillen für herausragende dermatologische Leistungen, aber auch ein motivierender Appell an die Dermatologinnen in Führungspositionen von heute und morgen.

Die Schönheit der Diversität nahm der US-amerikanische Fotograf Rick Guidotti in den Fokus. Als Gastredner der Tagung sprach er über sein Engagement für Menschen mit Hauterkrankungen und genetischen Veränderungen. Ein lautes Echo fand bei den Dermatologen ein in die Zukunft gerichtetes Beispiel für den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in der Diagnostik. Durch die Vielfalt der Teilnehmer entstand eine anregende Diskussionen. Experten und Studen- ten kamen mit Dermatologen aller Generationen ins Gespräch. Die Teilnehmerstruktur bildete das breite Spektrum der Dermatologie authen- tisch ab und gab innovativen Gesprä- chen Aufwind.

Female Excellence in der Dermatologie

Die DDG ist mit mehr als 3.700 Mitgliedern die bedeutendste wissenschaftliche Fachgesellschaft der deutschsprachigen Länder. Etwa 70% von ihnen sind Frauen. Prof. Dr. med. Dr. h.c. Leena Bruckner-Tuderman, ärztliche Direktorin der Klinik für Dermatologie und Venerologie am Universitätsklinikum Freiburg und scheidende Präsidentin der DDG, hatte zum ersten Netzwerktreffen der Dermatologinnen in Führungspositio- nen “Female Excellence” im Rahmen der 50. Tagung der DDG eingeladen. Zahlreiche Chefärztinnen universitärer und nicht-universitärer dermatologischer Kliniken waren dabei. In der klinischen Dermatologie arbeiten überdurchschnittlich viele Frauen in Führungspositionen. Dieser positive Trend ist ein Ergebnis von längerfristig durchgeführten Entwicklungsprogrammen zur Förderung des Nachwuchses, Vernetzungen und Mentoring. Auch weibliche Vorbilder spielen bei der Entwicklung eine wichtige Rolle. Mit Female Excellence führt Bruckner-Tuderman nun die weibliche Kompetenz der Dermatologie zueinander.

Das erste Netzwerktreffen Female Excellence nutzte sie, um Dermatologinnen ihre Begeisterung und Anerkennung zu zeigen. Sie motivierte ihre Fachkolleginnen dazu, auch in den Fachgesellschaften vermehrt Leitungsfunktionen zu übernehmen und aktiver in Gremien mitzuwirken. So könnten sie beispielsweise im ‘Forum akademische Lehre’ der DDG mit ihrem Wissen die akademische dermatologische Lehre und Forschung für die zukünftigen Generationen mit gestalten. Obwohl der DDG mehr als zwei Drittel Dermatologinnen angehören, liegt der Frauenanteil in den Vorständen der dermatologi- schen Fachgesellschaften nur bei 15%. Bruckner-Tuderman hat Female Excellence als Netzwerktreffen für Dermatologinnen ins Leben gerufen, um ihnen eine Plattform für einen offenen Austausch zu bieten. Denn Frauen netzwerken anders, ganzheitlicher.

Prof. Dr. med. Dorothée Nashan, Fachärztin für Dermatologie und Allergologie und Direktorin der Hautklinik im Klinikum Dortmund, präsentierte beim Treffen Female Excellence das Können und die Führungskompetenz von Dermatologinnen in beeindruckenden Zahlen: Von den klinisch tätigen Dermatologinnen in Deutschland arbeiten 54 Prozent als Oberärztinnen und 20 Prozent als Chefärztinnen (Quelle: Bundesärztekammer). Sie übernehmen als Fachärztinnen im Krankenhaus die Verantwortung für eine oder mehrere Stationen, leiten ein oder mehrere Teams und entwickeln federführend mit ihnen Behandlungskonzepte. In der klinischen Dermatologie haben damit überdurchschnittlich viele Frauen eine Führungsposition erreicht. Zum Vergleich: In allen klinischen Fachdisziplinen liegt der Frauenanteil bei den Ober- ärzten nur bei 33 Prozent. Im wissenschaftlichen Bereich könnten nach Nashan die Dermatologinnen noch etwas zielgerichteter arbeiten: Unter den 560 habilitierten Mitgliedern der DDG finden sich nur 94 Dermatologinnen (16,7 Prozent).

Nashan wünscht sich für die Dermatologinnen eine mutigere und strategische Karriereplanung, die ihrem Können gerecht wird. Bei Female Excellence gab sie ganz praktische Tipps, wie junge, aber auch gestandene Dermatologinnen sichtbarer werden können: Sie mögen sich über dermatologische Schwerpunkte, Lehrtätigkeiten und wissenschaftliche Arbeiten bewusster profilieren. Nashan legte den Teilnehmerinnen ans Herz, gelegentlich ihre eigene Vita zu überarbeiten und Publikationen, Auszeichnungen und Preise sowie Forschungsschwerpunkte einzubinden. Eine interessante Vita ist auch die Eintrittskarte, um in den Kreis von ‘Female Excellence in der Dermatologie’ aufgenommen zu werden. Und auch von Nashan kam der deutliche Aufruf: „Vernetzt Euch!”

Medaillen: Preisträger 2019

Mit acht verliehenen Medaillen wurden im Rahmen der 50. DDG- Tagung herausragende dermatologische Leistungen gewürdigt. Die Verleihung der Preise und Medaillen fand im Marshall-Haus auf dem Berliner Messegelände statt. Das Gebäude wurde im Jahr 1950 als Ausstellungspavillon der USA zur Deutschen Industrieausstellung errichtet und trägt den Namen des damaligen US-Außenministers General George C. Marshall.

Karl-Herxheimer-Medaille 2019

In dieser außergewöhnlichen Location ging die höchste Auszeichnung in der Deutschen Dermatologie, die Karl- Herxheimer-Medaille, an Prof. Dr. med. Harald Gollnick. Die Medaille wird an hervorragende Gelehrte auf dem Gebiet der Dermato-Venerologie verliehen, in Erinnerung an den bedeutenden Arzt, Lehrer und Forscher Karl Herxheimer.

Schaudinn-Hoffmann-Plakette 2019

Die Schaudinn-Hoffmann Plakette wird seit dem Jahr 1955 anlässlich des 50. Jahrestages der Entdeckung des Erregers der Syphilis vergeben. In diesem Jahr wurde sie Prof. Dr. med. Cord Sunderkötter überreicht, der sich neben seinen klinischen Schwerpunkten in der Sklerodermie, der Onkologie sowie den Vaskulitiden über viele Jahre wissenschaftlich und klinisch mit komplexen Themen der Infektiologie in der Dermatologie befasste. Er leitete etwa zehn Jahre die Arbeitsgruppe für Dermatologische Infektiologie und Tropendermatologie, aus der heraus er viele Neuerungen und auch die Erstellung von Leitlinien initiiert und begleitet hat.

Unna-Medaille 2019

Die Unna-Medaille wird an heraus- ragende Wissenschaftler verliehen, die sich auf dem Gebiet der experimentellen dermatologischen Forschung im deutschsprachigen Raum langfristig verdient gemacht haben. Die Unna-Medaille 2019 ging an Prof. Dr. med. Gerold Schuler für seine akribische Arbeit an der Entwicklung von dendritischen Zellen. Er hat experimentelle Daten für die Situation des Menschen übersetzt und in Europa das erste Institut gegründet, um dendritische Zellen nach den höchsten pharmakologischen Richtlinien für die Therapie des Menschen herstellen zu können.

Otto-Braun-Falco-Medaille 2019

Die DDG verleiht die Otto-Braun- Falco-Medaille seit 2003 an herausragende Persönlichkeiten, die sich um die Dermatologie und ihre Teilgebiete besonders verdient gemacht haben. Für seine umfangreichen Verdienste um die Vertiefung internationaler Beziehungen in der Dermatologie wurde Dr. med. Dieter Reinel mit der Braun-Falco-Medaille ausgezeichnet. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte lagen in der dermatologischen Mykologie und der Tropendermatologie. Seit 2010 ist er für die Deutsche Dermatologische Gesellschaft als Liaison Officer in Sri Lanka tätig und hat zahlreiche tropendermatologische Kurse in Sri Lanka, Tansania und zuletzt in Kambodscha organisiert und geleitet.

Oscar-Gans-Preis 2019

Der Oscar-Gans-Preis wird von der DDG alle zwei Jahre ausgeschrieben. Mit dem Preis wird an Oscar Gans gedacht, der u.a. mit seinem Standardwerk “Histologie der Hautkrankheiten” die Entwicklung der Dermatologie in Deutschland entscheidend mitbestimmte. Der Oscar-Gans-Preis gehört zu den bedeutendsten wissenschaftlichen Auszeichnungen in der Dermatologie. In diesem Jahr wurde der Hauptpreis an Prof. Dr. med. Marcus Maurer überreicht. Der Förderpreis ging an Prof. Dr. med. Cyrill Géraud.

DDG Preis für Akademische Lehre

Erstmalig wurde in diesem Jahr der Preis für Akademische Lehre vergeben, mit dem außerordentliches Engagement für die dermatologische akademische Lehre gewürdigt werden soll. Der erste Preisträger ist Prof. Dr. med. Falk Ochsendorf als einer der beiden Gründungsinitiatoren des Forums Akademische Lehre der Deutschen Dermatologischen Gesell- schaft. Unter seiner Regie erfolgte die Standardisierung des Logbuches für das Praktische Jahr in der Dermatologie (PJ-Logbuch), die Entwicklung der curricularen Lehre und die Einführung des nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalogs für Medizin.

Als weitere Preise wurden von der International League of Dermatological Societies der “ILDS International Leadership Award 2018” an Prof. Dr. med. Martin Röcken verliehen sowie von der International Leadership or Humanitarian Dermatology der “ILDS Humanitarian Award 2018” an Prof. Dr. med. Christoph Bendick.

Dermatologische Diagnostik mit künstlicher Intelligenz

Gerade im komplexen Fachbereich der Dermatologie ist die Diagnostik noch immer sehr zeitaufwändig. Ärzte müssen aus einer Vielzahl von Symptomen und Hautbildern möglichst schnell eine Diagnose stellen. Der Wissenschaftler Prof. Fabian Theis ist Machine-Learning-Experte und nutzt damit eine Methode der künstlichen Intelligenz (KI). Auf der DDG-Tagung sprach der promovierte Physiker und Informatiker leidenschaftlich über das Strukturieren großer Datenmengen. Computerprogramme mit speziellen Algorithmen, die auch als künstliche neuronale Netze bekannt sind, können diese Datenmengen heute sortieren. Sie können – mit anfänglicher Unterstützung von Experten wie z.B. Dermatologen – bestimmte Merkmale (z.B. von Hautveränderungen) auf verschiedenen hierarchischen Ebenen kategorisieren und “lernen” dann aus ihren Erfahrungen. Damit können die neuronalen Netze eigenständig Konzepte und Systematiken erkennen, die biologischen Prozessen zugrunde liegen.

Täglich werden heute tausende dermatologische Untersuchungen durchgeführt und dokumentiert. Theis’ Vision ist es, diese riesigen Datenmengen gemeinsam mit Dermatologen zu klassifizieren und sie für die medizinische Praxis nutzbar zu machen. Dermatologen stünde damit für ihre Diagnostik ergänzend ein schnelles und objektives Tool zur Verfügung. Noch sind die Ideen von Theis jedoch im Bereich der Wissen- schaft und Forschung angesiedelt.

50. Tagung der Deutschen Dermato- logischen Gesellschaft klingt nach

Die diesjährige Tagung der DDG erklang als Symphonie dermatologischer und angrenzender Themen. Sie wird mit fachlichen Sequenzen und innovativen Themen in Erinnerung bleiben. Auch die fröhlichen Gesichter auf den Bildern von Rick Guidotti berühren nachhaltig. Impressionen zum Nachhören finden sich auf dem YouTube-Kanal der DDG.

Quelle: Deutsche Dermatologische Gesellschaft