Microneedling

„Das Microneedling bietet eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten“

Interview mit Michael Tomerius, mi.to.pharm GmbH (Wolfenbüttel)

Das Microneedling mit dem Dermaroller MC (Medical Care) ist ein minimal-invasives Behandlungsverfahren zur Verbesserung des Hautbildes zum Beispiel bei Narben (Akne- und Brandnarben), Falten und Pigmentstörungen. Michael Tomerius, Geschäftsführer der mi.to.pharm GmbH in Wolfenbüttel, erläutert im Gespräch, warum diese Behandlung als Stand-Alone- und Kombinationstherapie das Behandlungsspektrum in der dermatologischen Sprechstunde sinnvoll ergänzt.

DISKURS Dermatologie:

Herr Tomerius, wie war die Entwicklungsgeschichte des Dermarollers?

Michael Tomerius:

Anfangs wurde der Dermaroller als eine physikalische Methode zum Einschleusen von Wirkstoffen untersucht. Im Jahr 2001 lieferte hierzu Prof. Dr. Alfred Fahr vom Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Philipps-Universität Marburg die Pionierarbeit. Unter standardisierten Bedingungen wurde anhand von Hautstücken und hydrophiler und lipophiler Modellwirkstoffe analysiert, ob eine reversible Mikroperforation der Haut eine kontrollierbare Einschleusung von Präparaten ermöglicht. Hierbei zeigten alle getesteten Dermaroller mit drei verschiedenen Nadellängen eine verstärkte Aufnahme der untersuchten Wirkstoffe in die Hornschicht. Die größte Anreicherung ging mit einer gesteigerten Wirkstoffanreicherung um den Faktor 40 einher, im Vergleich zur Auftragung des Wirkstoffes auf die Haut ohne Dermaroller-Behandlung. Es besteht weiterhin ein großes Potenzial, das Microneedling in weiteren Bereichen und Indikationen zu erforschen.

DISKURS Dermatologie:

Welche Alleinstellungsmerkmale hat das Gerät aus Ihrer Sicht?

Michael Tomerius:

Seit 1999 entwickeln und produzieren wir unseren originalen Microneedling-Roller in Deutschland und bauen unser Portfolio im Bereich Hautpflege mit hochwirksamen Inhaltsstoffen (z.B. Dermaroller Mask) immer weiter aus. Der Dermaroller MC (1,5-2,5 mm Nadellänge) ist für den medizinischen Einsatz in der dermatologischen Sprechstunde und plastischen Chirurgie konzipiert.
Die Home Care-Serie beispielsweise mit dem Dermaroller HC (0,25 mm Nadellänge) und weiteren Hautpflegeprodukten wurde hingegen für den Endverbraucher entwickelt.

Im Gegensatz zu nicht-lizensierten Nachahmerprodukten ist der Dermaroller MC ein patentiertes und zertifiziertes Medizinprodukt. In regelmäßigen Abständen wird das Qualitätsmanagement nach ISO 13485 revalidiert. Die Herstellung von Medizinprodukten mit Micronadeln wurde nach Anhang V der Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG zertifiziert.

Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist die Anzahl der Nadeln auf einem Microneedling-Roller. Je höher die Nadeldichte, desto größer ist auch der erforderliche Druck zur Punktion der Haut, was Verletzungsgefahren birgt. Manche Plagiatsprodukte mit über 190 Nadeln können diesen so genannten Fakir-Effekt auslösen. Unser Produkt verfügt über 162 winzige und präzise angeordnete Mikronadeln aus Edelstahl. Es sind atraumatische Nadeln, die das umliegende Gewebe nicht zerstören, sondern lediglich zur Seite schieben. Nach 15 Minuten schließt sich der Einstichkanal in der Regel wieder, so dass Bakterien und Keime kaum Angriffsfläche haben. Die Dermaroller-Therapie ist wenig infektiös und somit eine neben- wirkungsarme Therapieoption. Bei anderen Microneedling-Rollern kann die Qualität der Nadelspitzen wesentlich schlechter sein und so genannte Disk-Needle-Systeme können die Gefahr bergen, an der Haut zu reißen und zu kratzen.

DISKURS Dermatologie:

Was ist das Wirkprinzip des Microneedlings und welche Einsatzmöglichkeiten gibt es?

Michael Tomerius:

Die Punktion der Haut mit dem Dermaroller stimuliert Selbstheilungsprozesse mit Bildung
von Wachstumsfaktoren zur Zell-Proliferation, Neokollagenese und Angiogenese. Die verschiedenen Nadellängen haben unterschiedliche Effekte und bestimmen im Prinzip die Indikation. Die gängigste Nadellänge in der Dermatologie ist 1,5 mm, bei der auch Kapillargefäße angestochen werden. Mit der so genannten Perkutanen Kollageninduktionstherapie (PKI) mit dem Dermaroller (1,5 mm) kann eine Verbesserung des Hautbildes zum Beispiel bei Akne- und anderen Narben sowie Schwan- gerschaftsstreifen (Striae) erzielt werden. Je nach individuellem Behandlungsplan kann bei Striae zum Beispiel mit drei Sitzungen im Intervall von jeweils acht Wochen eine Verbesserung des Hautbildes um bis zu 70 Prozent beobachtet werden.

Zur Behandlung von Brandnarben kommen Nadellängen von 1,5 bis 2,5 mm zum Einsatz. Ab einer Nadellänge von 1,5 mm sollte das betreffende Hautareal im Vorfeld mit einer Betäubungscreme behandelt werden, um Schmerzen zu reduzieren. Zur Nachbehandlung empfehle ich eine Hyaluron-Maske, die kühlend und regenerierend wirkt. Zur Hautverjüngung und zur Reduktion von Altersflecken ist eine Eindringtiefe von 0,25 mm ausreichend.

DISKURS Dermatologie:

Welche Rolle spielen der Hauttyp und das Alter beim Microneedling?

Michael Tomerius:

Hautbehandlungen mit dem Dermaroller sind für alle Hauttypen geeignet. Etwas Vorsicht ist allerdings bei sehr dunkler, schwarzafrikanischer Haut geboten. Hier sollte im Zuge der Anamnese abgeklärt werden, ob die Neigung zur Bildung von Keloiden besteht.

Eine gewisse Rolle spielt auch das Alter des Patienten. Mit den Alterungsprozessen wird die Haut generell dünner, zum Beispiel weil das Fettgewebe der Unterhaut abnimmt. Bei älteren Patienten können daher die Behandlungsergebnisse weniger stark ausgeprägt sein. Wenn bei älteren Patienten nach der ersten Sitzung keine Therapieeffekte ersichtlich sind, kann man weitere Versuche unterlassen.

Das Behandlungskonzept des Dermarollers basiert auf hauteigenen Regenerationsfähigkeiten. Daher ist es von Vorteil, wenn der Patient die Behandlungsergebnisse zum Beispiel mit geeignetem Sonnenschutz und weiteren kollagenbildenden Maßnahmen zum Beispiel mit dem Dermaroller HC zu Hause weiter unterstützt und pflegt.

DISKURS Dermatologie:

Wo liegen die Vorteile für eine dermatologische Praxis, ein solches Microneedlinggerät anzuschaffen?

Michael Tomerius:

Das Microneedling bietet eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten nicht nur als Stand-Alone-, sondern auch als Kombinationstherapie. Für den Patienten kann so stets ein optimaler Behandlungsplan zum Beispiel in Kombination mit dem Microneedling als Booster zusammengestellt werden. Wenn das Microneedling zum Beispiel mit Radiofrequenz kombiniert wird, können sehr gute Ergebnisse zur Behandlung von Narben erzielt werden. Microneedling in Kombination mit sauren Peelings ist ein bewährtes Verfahren zur Hautverjüngung. So tragen Vitamin-C-haltige Peelings oder Fruchtsäure-Peelings plus Microneedling zur Reduzierung von Altersflecken oder postinflammatorischen Hyperpigmentierungen bei.

Die Dermaroller-Therapie ist effektiv, sicher und fast schmerzfrei. Von den Nebenwirkungen her ist das Schlimmste, was passieren kann, dass es nicht zu den gewünschten Therapieeffekten kommt. Da es sich um ein steriles Einmalprodukt handelt, kann das Microneedling schnell und einfach, ohne große Investitionen in das Portfolio der dermatologischen Praxis aufgenommen werden. Die Dermaroller-Therapie ist keine Kassenleistung, auch nicht bei Akne-Narben, so dass die Behandlungen zum Bereich der Selbstzahlerleistungen (IGeL) zählen und mit dem Patienten abgerechnet werden.

Der Dermaroller MC ist zwar kein einweisungspflichtiges Produkt, dennoch bieten wir als Service Schulungen an, wie die bestmöglichen Behandlungseffekte erreicht werden können. Wir begrüßen den Erfahrungs- und Wissensaustausch mit Fachärzten und sind stets offen für Feedback.

Nach unseren Erfahrungen ist der Dermaroller MC ein sicheres Werkzeug für Dermatologen, um Patienten bei vielfältigen alltäglichen Hautproblemen kompetent und hilfreich zur Seite zu stehen.

DISKURS Dermatologie:

Sehr geehrter Herr Tomerius, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Dr. Ch. Willen.