„Die Kaltplasmatherapie beschleunigt den Wundverschluss, reduziert Schmerzen und verbessert die Lebensqualität“
Interview mit Dr. Carsten Mahrenholz, Coldplasmatech GmbH (Greifswald)
Die Firma Coldplasmatech ging als Ausgründung aus dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung e.V. Greifswald hervor und hat die erste aktive Wundauflage zur Behandlung chronischer Wunden mittels kaltem, physikalischem Plasma entwickelt. Wir sprachen mit Gründer und Geschäftsführer Dr. Carsten Mahrenholz darüber, inwiefern die Kaltplasmatherapie das Potential zum „Game Changer“ hat.
DISKURS Dermatologie: Herr. Dr. Mahrenholz, Sie sind der CEO eines jungen Unternehmens, das angetreten ist, den Wundmarkt zu verändern. Wie muss man aufgestellt sein, um dabei erfolgreich zu sein?
Dr. Mahrenholz: Erfolg in dieser Branche erfordert eine einzigartige Mischung aus Innovation und Entschlossenheit, sowie Auseinandersetzung und kritisches Hinterfragen. Wir werden oft als „Disruptoren“ des aktuellen Wundmarktes angesehen, denn um Veränderungen voranzutreiben, muss man manchmal rebellisch sein – aber auch Lösungen bieten. Der Markt steht an einem Scheideweg – weg von einem reinen Versorgungssystem hin zu einem präventiven und kurativen Ansatz. Hier setzen wir an, indem wir nicht nur Wunden versorgen, sondern sie tatsächlich heilen.
Wir haben von Anfang an den Fokus auf die Bedürfnisse der Patienten und des Marktes gelegt. Außerdem sind wir ein fantastisches Team von talentierten Menschen, die bereit sind, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen. Mit Flexibilität und der Fähigkeit, schnell auf Chancen und Herausforderungen zu reagieren – auch das sind für mich entscheidende Faktoren. Wir sehen uns nicht als Zerstörer, sondern als Innovatoren, die den Wundmarkt verbessern wollen.
DISKURS Dermatologie: Sie stehen für eine innovative Therapieform, die leider noch nicht allgemein bekannt ist. Warum sollten alle Behandler*innen die Kaltplasma-Therapie mit dem CPT®patch kennen?
Dr. Mahrenholz: Die Kaltplasmatherapie mit dem CPT®patch hat das Potenzial, das Leben von Millionen von Menschen zu verändern. Sie ist ein echter Wendepunkt in der Wundversorgung. Sie beschleunigt den Heilungsprozess und inaktiviert selbst antibiotikaresistente Keime. Jeder sollte darüber Bescheid wissen, weil sie eine neue Ära in der Wundbehandlung einläutet. Sie bietet Hoffnung und Heilung für Patienten, die zuvor wenig Optionen hatten.
DISKURS Dermatologie: Kaltes Plasma – das klingt ein bisschen nach „Science Fiction“ und recht kompliziert. Können Sie diese Technologie beschreiben und auch ihre Wirkung kurz umreißen?
Dr. Mahrenholz: Kaltes Plasma ist in der Tat faszinierend und klingt futuristisch, aber es ist real und hat erstaunliche Wirkungen. Plasma ist der vierte Aggregatzustand der Materie neben fest, flüssig und gasförmig. Kaltes Plasma, das wir verwenden, entsteht durch die teilweise Ionisierung der Umgebungsluft und unterscheidet sich von den extrem hohen Temperaturen des heißen Plasmas. Stellen Sie es sich als lila leuchtendes Gas vor, das direkt aus der Außenluft gebildet wird.
Die Wirkung von kaltem Plasma auf chronische Wunden ist beeindruckend. Es inaktiviert antibiotikaresistente Keime, fördert das Wachstum von Blutgefäßen und Gewebe und beschleunigt den Heilungsprozess. Dabei wirkt es im Gegensatz zu Medikamenten unspezifisch auf Zellen und sorgt dafür, dass Botenstoffe ausgeschüttet werden, die dann wiederum die biologischen Wirkungen nach sich ziehen. Diese Botenstoffe sind bei chronischen Wunden in einem Missverhältnis. Das beheben wir. Also zusammengefasst: Physik löst Biochemie aus, die biologische Effekte nach sich zieht. Und das in nur 2 Minuten Behandlung, auf Knopfdruck, vollautomatisch und wirkoptimiert.
DISKURS Dermatologie: Behandlungen mit Kaltplasma gibt es ja schon länger auf dem Markt. Was macht Ihre Therapie so einzigartig?
Dr. Mahrenholz: CPT steht für mich nicht nur für Cold Plasma Therapy, sondern auch für „Changing Patients‘ Tomorrows“. Unsere Technologie hat die Komplexität der Kaltplasmabehandlung überwunden. Wir haben die Kaltplasmatherapie weiterentwickelt und perfektioniert, um sie für den breiten Einsatz zugänglich zu machen. Unsere CPT®cube und CPT®patches sind handlich, einfach anzuwenden und äußerst effektiv. Das CPT®patch, eine dünne, plasmagenerierende Wundversiegelung, ermöglicht eine vollautomatische Anwendung, unabhängig von Wundgröße und -tiefe. Diese Flexibilität und Effektivität machen uns einzigartig.
Die jüngsten Ergebnisse unserer klinischen Studie [1] haben bestätigt, dass unsere Methode den Wundverschluss beschleunigt, die Schmerzen reduziert und die Lebensqualität der Patienten verbessert. Darüber hinaus kann auch der Einsatz von Antibiotika deutlich reduziert werden, was derzeit durch die beunruhigende Erhöhung der Antibiotikaresistenzen und Verbreitung von multiresistenten Keimen auch ein immens wichtiger Faktor ist.
DISKURS Dermatologie: Sie haben uns im Vorfeld erzählt, dass gerade die Zwischenergebnisse einer klinischen Studie veröffentlicht wurden. Ich sehe Sie strahlen, also überzeugen die Ergebnisse?
Dr. Mahrenholz: Absolut, die jüngsten Ergebnisse unserer klinischen Studie sind äußerst vielversprechend. In einer multizentrischen, randomisierten, kontrollierten Studie zur Verwendung von Plasma bei chronischen Wunden zur epidermalen Regeneration haben wir herausragende Ergebnisse erzielt. Die CPT-Therapie hat den Wundverschluss auf 214% im Vergleich zum bisherigen Goldstandard beschleunigt, die passiven Schmerzen auf 0 reduziert und die Lebensqualität der Patienten in einem lebensverändernden Maß verbessert. Außerdem wurden in der CPT-Gruppe nur noch bei 4% der Patienten Antibiotika benötigt – im Vergleich zu 23% bei der Kontrollgruppe ist das ein großer Erfolg. Die Ergebnisse werden von führenden Meinungsbildern der Branche als Meilenstein in der Wundbehandlung gesehen. Wir sind begeistert von dem, was wir bisher erreicht haben, und blicken gespannt auf die Zukunft.
DISKURS Dermatologie: Wenn man sich in der Branche umhört, scheint es aber immer schwieriger zu werden, neue Behandlungsformen und Innovationen durchzusetzen? Woran liegt das und was müsste sich im System ändern?
Dr. Mahrenholz: Der Prozess, neue Behandlungsformen einzuführen, ist in der Tat herausfordernd. Das Gesundheitssystem ist oft träge und neigt dazu, sich an etablierte Methoden zu klammern. Neue Innovationen müssen hohe Hürden nehmen, um sich durchzusetzen. Doch wir befinden uns derzeit an einem Wendepunkt. Wir müssen vom reinen teuren Versorgungssystem hin zu einer präventiven und kurativen Ausrichtung übergehen. Das erfordert eine Neuausrichtung der Denkweise, mehr Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren und eine verstärkte Betonung von Innovation und Patientenzentriertheit. In den tradierten Strukturen erscheint das oft schwierig bis aussichtslos. Aber dies ist ein Kampf, den wir gerne aufnehmen.
DISKURS Dermatologie: Der GBA ist ja derzeit in der „Erprobungsphase“, um die Möglichkeiten der Kaltplasmabehandlung einzuordnen und im besten Fall zu etablieren. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung und wo braucht die Therapie Unterstützung?
Dr. Mahrenholz: Die aktuelle Entwicklung ist vielversprechend, da der Gemeinsame Bundesausschuss die Potenziale der Kaltplasmabehandlung anerkennt. Um eine breite Anwendung zu ermöglichen, benötigen wir jedoch Unterstützung bei der Finanzierung von Forschung und Schulung. Die Therapie sollte zugänglich und schnellstmöglich erstattungsfähig sein, um das Leben der Patienten nachhaltig zu verbessern. Die Zeithorizonte, die aktuell in Diskussion sind, wirken innovationsfeindlich.
DISKURS Dermatologie: Könnte man ketzerisch sagen, dass Ihre Therapie den klassischen Wundversorgern ein Dorn im Auge ist, weil Sie deren Geschäft gefährden? Was halten Sie dem entgegen und wie können „David und Goliath“ zueinander finden?
Dr. Mahrenholz: Naturgemäß bringen Veränderungen im Markt Herausforderungen mit sich. Wir sind Teil eines umfassenden Wandels hin zu heilenden und wiederherstellenden Methoden. Das kann schmerzhaft sein, wenn man sich als Unternehmen vornehmlich auf die Versorgung konzentriert. Doch die leitliniengerechte Versorgung ist und bleibt wichtig, bis die Wunde geheilt ist. Wir sehen uns nicht als Konkurrenten der klassischen Wundversorgung, sondern als sinnvolle Ergänzung. Unser Ziel ist es, Menschen schneller und effektiver zu heilen. Wir sind offen für Zusammenarbeit und den Austausch von Ideen. Die Patienten sollten immer im Mittelpunkt stehen und das scheint in den vergangenen Jahrzehnten in manchen Bereichen etwas aus dem Fokus geraten zu sein.
DISKURS Dermatologie: Die Patient*innen scheinen auch in den leidigen Erstattungs-Diskussionen bisweilen ein wenig vergessen zu werden. Was muss sich ändern und was glauben Sie, wo man diesbezüglich ansetzen könnte?
Dr. Mahrenholz: Ich kann es nur wiederholen: Der Patient sollte immer im Mittelpunkt stehen und die optimalste und effektivste Behandlungsmethode erhalten können. Das Erstattungssystem sollte die tatsächlichen Ergebnisse und auch die Lebensqualität der Patienten berücksichtigen und eine Wiederherstellung im Fokus haben – und diese auch belohnen. Wir müssen einen Wandel in der Denkweise erreichen und den Schwerpunkt auf präventive und kurative Methoden legen. Eine bessere Aufklärung der Patienten über innovative Therapien ist ebenso wichtig wie eine faire und gerechte Erstattung von erfolgreichen Behandlungen. Hierzu bräuchte es mehr deutliche Anreize in unserem derzeitigen Gesundheitssystem.
DISKURS Dermatologie: Wenn Sie den Wundmarkt der Zukunft selbst gestalten könnten – wie würde der aussehen?
Dr. Mahrenholz: In meinem idealen Wundmarkt der Zukunft würden wir chronische Wunden nicht mehr nur behandeln, sondern heilen. Wir würden innovative Technologien nutzen, um den Heilungsprozess zu beschleunigen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Es wäre ein Markt, der auf Menschlichkeit, Innovation und Patientenzentriertheit basiert und in dem die Wiederherstellung von Menschen an erster Stelle steht. Dieser Markt würde eine Brücke zwischen Tradition und evidenter Innovation schlagen und gemeinsam für das Wohl der Patienten arbeiten.
DISKURS Dermatologie: Zum Schluss noch eine etwas persönlichere Frage, wenn Sie erlauben. Sie haben bereits viele Auszeichnungen bis hin zum renommierten Deutschen Innovationspreis für Ihre Arbeit erhalten. Macht Sie das besonders stolz?
Dr. Mahrenholz: Ja, es stimmt, dass mein Team und ich in den letzten Jahren viele Auszeichnungen und Anerkennungen erhalten haben. Diese Preise sind zweifellos eine Ehre und eine Bestätigung unserer harten Arbeit, aber sie sind für mich nicht der Endpunkt. Sie sind eher Meilensteine auf dem Weg zu unseren größeren Zielen und ich konzentriere mich lieber auf meine nächsten Schritte, als Siege zu feiern.
Unser Hauptziel bei Coldplasmatech ist es, die Art und Weise zu verändern, wie chronische Wunden behandelt werden, und damit die Lebensqualität von Millionen von Menschen zu verbessern. Diese Mission ist unser Antrieb, und die Auszeichnungen sind Ansporn, weiterhin innovativ zu sein und unsere Technologie voranzutreiben. Ich betrachte diese Auszeichnungen daher als Verpflichtung, die Erwartungen, die in uns gesetzt werden, zu erfüllen und unsere Vision einer besseren Gesundheitsversorgung voranzutreiben. Wir sind in dieser Hinsicht sehr ehrgeizig und rebellisch. Ich denke, manchmal braucht es rebellische Köpfe, um echte Veränderungen herbeizuführen, und ich sehe mich und mein Team als solche. Wir wollen nicht nur den Status quo akzeptieren, sondern die Standards in der Gesundheitsbranche neu definieren.
Es ist großartig, Auszeichnungen zu erhalten, aber unsere wahre Belohnung liegt darin, dass wir dazu beitragen, das Leben von Patienten zu verbessern und chronische Wunden zu heilen. Das treibt uns an, und ist wirklich etwas, worauf ich stolz bin.
DISKURS Dermatologie: Sehr geehrter Herr Dr. Mahrenholz, vielen Dank für das Gespräch!