Orthopädie

Hüft-Endoprothetik bei Rheumatoider Arthritis:Postoperative Ergebnisse optimieren

In den letzten Jahren ist die Gesamtkomplikationsrate nach Hüft-Endoprothetik bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) rückläufig. Dennoch bleibt Raum für weitere Verbesserungen der postoperativen Ergebnisse durch ein RA-spezifisches Management. [1]

Zum perioperativen Management einer Biologika-Therapie bei Erwachsenen mit RA vor Hüft-Endoprothetik (THA, total
hip arthroplasty) wird eine Unterbrechung der Therapie über zwei Halbwertszeiten hinweg vor dem geplanten operativen Eingriff empfohlen, so Prof. Dr. med. Hans- Dieter Carl, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Chefarzt an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Krankenhaus Martha-Maria in Nürnberg, bei einem Symposium im Rahmen des VSOU-Kongresses. Diese liegen beispielsweise für Adalimumab, Cerolizumab und Infliximab bei vier Wochen. Etanercept wird eine Woche vorher pausiert und eine Therapie mit Leflunomid muss nicht unterbrochen werden, ergänzte Carl. Die Wiederaufnahme der Basistherapie postoperativ erfolgt individuell nach Status der Wundheilung. [2]

Mögliche Komplikationen nach THA

Nach THA können unabhängig vom verwendeten Ansatz eine Reihe von Komplikationen auftreten, obwohl die Gesamtkomplikationsrate mit 6,94% relativ niedrig ist. Der anteriore Ansatz war mit einer signifikant höheren Inzidenz für Komplikationen (8,5% (n=113/1329)) assoziiert als im Vergleich der posteriore Ansatz (5,85% (n=97/1657; p=0,006)). Die meisten Komplikationen betrafen tiefe Infektionen (22,8%), periprothetische Frakturen (22,4%) und eine verlängerte Wunddrainage (21,3%). Die Dislokationsrate war bei beiden Ansätzen etwa gleich hoch und lag zwischen 0,84 und 1,28% (p=0,32). [3]

Periprothetische Gelenkinfektion

Um das Risiko für THA-Patienten für periprothetische Gelenkinfektionen so gering wie möglich zu halten, empfahl der Experte, alle möglichen Eintrittspforten an vorbestehenden Läsionen (z.B. am Fuß) im Vorfeld des geplanten Eingriffs komplett zu sanieren. Mundhöhle und Nasennebenhöhlen fungieren als potenzielles Reservoir für koagulasepositive Staphylokokken bei immunsupprimierten Patienten. Da das S. aureus- Kolonisationsrisiko für RA-Patienten unter Biologika-Therapie höher ist als unter Nicht-Biologika-Therapie, sollte stets ein MSSA-Screening (MSSA = Methicillin-sensitiver Staphylococcus aureus) vor OP erfolgen.

Eine Nasale S. aureus-Kolonisation erhöht beispielsweise das Risiko einer Infektion der Operationsstelle. Dieser Risikofaktor ist modifizierbar und sollte vor der Gelenkendoprothetik insbesondere bei Risikopatienten durch Dekolonisierungsmaßnahmen minimiert werden, empfahl Carl. Der Ausschluss einer periprothetischen Infektion ist von enormer Bedeutung beispielsweise bei einer Revisionsoperation und in vielen Fällen entscheidend für den Erfolg und die Invasivität der Operation.

Periprothetische Frakturen nach THA

In einer Meta-Analyse mit über 90.000 Hüftprotesen wurden Risikofaktoren identifiziert, die eine periprothetische Fraktur nach THA begünstigen. Hierzu zählten ein weibliches Geschlecht, Revision, Alter (>65 Jahre) und RA (Rheumatoide Arthritis). Patienten mit präoperativen Diagnosen wie Femurkopfnekrose, Arthrose, Entwicklungsdysplasie der Hüfte, Femurfraktur und begleitenden Herzerkrankungen gehören ebenfalls zu den Risikogruppen für periprothetische Frakturen. [4]

Periprothetische Frakturen bei Patienten mit rheumatischen Grunderkrankungen können je nach Ausmaß, Knochenqualität und septischen Komplikationen eine besondere Herausforderung darstellen, gab Dr. med. Ludwig Bause, Chefarzt an der Klinik für Rheumaorthopädie am St. Josef-Stift in Sendenhorst, zu bedenken. Die Behandlung von periprothetischen Frakturen mit zugrunde liegenden rheumatischen Erkrankungen erfordert die spezifische Berücksichtigung der vielfältigen Begleitumstände. Im Allgemeinen müssen extraartikuläre Manifestationen, durchschnittliches jüngeres Alter, erhöhte Anfälligkeit für Infektionen, multiple Gelenkbeteiligung und die Grundmedikation mitberücksichtigt werden.

Eine lokal schlechtere Knochenqualität kann eine Anpassung der Operationstechnik sowie der Nachbehandlung erfordern. Zur Behandlung von periprothetischen Frakturen müssen beispielsweise Stabilität der Prothese (gelockert oder fest), der Infektionsstatus (septisch oder aseptisch), die Ätiologie (traumatisch oder pathologisch), die Lokalisation und das Ausmaß der Fraktur erfasst werden. Allerdings können Fehldiagnosen und Falscheinschätzungen zum Beispiel in Bezug auf Prothesenfestigkeit, Knochenqualität, postoperative Belastbarkeit und Compliance zu weiteren Komplikationen führen.

Bei jeder Fraktur mit dem Zusatz „Lockerung“ muss die Prothese gewechselt werden, so die Erfahrung von Dr. Bause. Der Prothesenwechsel erfolgt dann Beispielsweise auf eine frakturübergreifende Prothese und zusätzlicher Osteosynthese aufgrund der instabilen Situation. Bei jeder Fraktur mit dem Zusatz „septisch“, muss die Prothese in den meisten Fällen (Ausnahme Frühinfekt nach primär aseptischer Situation) ebenfalls gewechselt werden, schilderte Dr. Bause. Bei der Kombination Stabilität der Prothese fest und aseptisch ergeben sich vielfältige Therapieoptionen wie Prothesenerhalt, winkelstabile Platte, Fakturüberbrückung und Prothesenwechsel. [5]

Physikalische Therapieoptionen bei Koxarthrose und Coxarthritis

Unter den physikalischen Therapieoptionen der Koxarthrose und der Coxarthritis liegt eine sehr gute Evidenz beispielsweise für Physiotherapie und medizinische Trainingstherapie vor. Allerdings erfordern diese Maßnahmen eine gute Zusammenarbeit im Team sowie eine hohe Eigeninitiative des Patienten. Krankengymnastik (an Geräten) und manuelle Therapien können eine myofasziale Schmerzlinderung, eine Stabilisierung des Beckengürtels und Lendenwirbelsäule sowie Haltungsschulungen effektiv unterstützen. Bei Patienten mit Coxarthritis sollte darauf geachtet werden, dass dabei auch der Fokus auf benachbarte Gelenke liegt wie beispielsweise oberes Sprunggelenk (OSG), Knie und Iliosakralgelenk (ISG).

Akute und floride Krankheitsprozesse können unter Umständen eine vorsichtigere Herangehensweise bei Coxarthritis erfordern, genauso wie bei einer höheren Frakturgefahr aufgrund von Osteoporose, gab Dr. med. Christian Sturm, Leitender Oberarzt an der Klinik für Rehabilitationsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover zu bedenken. Zur Detonisierung hypertoner myofazialer Strukturen kann eine Stoßwellentherapie in Betracht kommen, wenn keine hohe Verletzungsgefahr der vulnerablen Haut oder hohe Hämatom-Neigung insbesondere bei Coxarthritis-Patienten vorliegt. Das Bewegungsbad ermöglicht einen schonenden Kraftaufbau mit weichen Bewegungen unter gewichtsreduzierten Bedingungen. Jedoch kann die Kreislaufbelastung für Patienten mit Coxarthritis, insbesondere im warmen Wasser, vergleichsweise hoch sein.

Quelle: Symposium „Hüftendoprothetik – Besonderheiten bei RA“ beim VSOU-Kongress, 30. April 2021

Literatur

1. Taylor-Williams O et al. Rheumatol Ther.2020;7(4):685-702.

2. Goodman S M et al. J Arthro- platy.2017:32(9):2628-2638.

3. Aggarwal V K et al. Bone Joint J.2019;101- B(6):646-651.

4. Lu Z et al. Zhongguo Gu Shang. 2019;32(6):557-563.

5. Bause L. Unfallchirug.2020;123(8):597-606.