Orthopädie

Minimalinvasive Stabilisierung des Iliosakralgelenks

Dreieckige Titanimplantate zur schnellen Mobilisierung von Patienten nach Low-Energy Pelvis Frakturen

Das iFuse Implant System® wurde als minimalinvasive Lösung für die Iliosakralgelenk (ISG)-Fusion – einschließlich der Verwendung bei High- und Low-Energy-Frakturen des Beckenrings – entwickelt. Im Rahmen eines Symposiums auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) berichteten Prof. Dr. med. C. Neuerburg (München) und Prof. Dr. med. E. Gercek (Mainz) über ihre Erfahrung mit dem iFuse-Implantat bei Low-Energy-Frakturen des hinteren Beckenrings.

FFP (Fragility Fractures of the Pelvis) sind Insuffizienzfrakturen nach Low­Energy­Trauma, erläuterte Prof. Neuerburg. Laut einer Studie von Oberkircher liegt die geschätzte Inzidenz dieser Frakturart bei über 60­Jährigen in Deutschland bei 244 pro 100.000 Personen pro Jahr, Tendenz steigend. Chirurgisch kämen überwiegend minimalinvasive Me­thoden in Betracht. Bei der individu­ ellen OP­Planung müsse immer eine Abwägung der Stabilität des hinteren/ vorderen Beckenrings erfolgen, so Neuerburg. Ziel sei eine schnelle Re­Mobilisation, um die Patienten wieder in ihren Alltag zu bringen. Daneben sollten eine sekundäre Frakturprävention und eine Abklärung bzw. Therapie einer Osteoporose oder Osteomalazie stattfinden.

Klassifikationssysteme

Die FFP­Klassifikation (Fragi­lity Fractures of the Pelvis) nach Rommens et al. von 2013 [1] berück­sichtigt die Frakturmorphologie und unterteilt in vier Hauptkategorien (FFP I­IV). Die Einteilung wird anhand einer radiologischen (Röntgen, CT, MRT) und klinischen Befundung getroffen. Eine isolierte vordere Beckenringfraktur (FFP I) ist meist stabil und kann demnach konservativ behandelt werden. Verletzun­gen ab Typ FFP IIb können mittels Schraube und dem iFuse Implant System® stabilisiert werden.

Gerade bei Low­-Energy­-Frakturen liegt das Komplikationsrisiko bei nicht­operativer Behandlung zwi­schen 29 und 61% (thromboemboli­sche Erkrankungen). [2] Weiterhin liegt der durchschnittliche Kranken­ hausaufenthalt bei 14 bis 45 Tagen. [3] Aber auch die operative Be­handlung birgt Risiken: 20% Risiko der iliosakralen Schraubenlockerung sowie Risiko des Zementaustritts in Sakroplastieverfahren. [4]

iFuse-Implantate

Die minimalinvasive Fusionslösung mit dem dreieckigen iFuse Implant System® wird bereits seit 2008 weltweit bei über 70.000 Patienten erfolgreich eingesetzt. Der Fokus des iFuse Implant Systems® liegt auf der operativen Behandlung degenerativer, chronischer Schmerzzustände im ISG, unter anderem bei anhaltenden Schmerzen postlumbaler Fusion und der Behandlung von Frakturen des hinteren Beckenrings, bei denen keine konservativen Maßnahmen mehr anschlagen. iFuse ist das einzige klinisch-wissenschaftlich erprobte Implantat zur ISG-Fusion mit über 100 Publikationen (Stand: 10/2022).

 

Abb. 2 und 3: Beispiele erfolgreicher Implantierungen.

Die randomisierten und prospektiven Langzeitstudien (5- bis 6-Jahres-Ergebnisse) [5, 6] zeigen eine andauernde Beständigkeit in Schmerzlinderung und reduzierter Opiateinnahme, schnelle sowie anhaltende Funktionsverbesserung, eine hohe Patientenzufriedenheit und eine niedrige Revisionsrate auf. Gegenüber konventionellen Fixatoren mittels kanülierter Kompressionsschrauben weist die neue dreieckige Implantat-Generation eine größere Auflagefläche, hohe Stabilität sowie eine knochenähnliche, poröse Struktur auf. Die biomechanischen und metallurgischen Eigenschaften schränken die Bewegung des Implantats und Gelenks ein, was eine schnelle Stabilisierung und Ruhigstellung des Gelenks begünstigt. Das iFuse-Implantat wird im Anschluss an die Frakturstabilisierung minimalinvasiv unter Röntgenkontrolle eingebracht. Die Patient*innen können dadurch viel schneller mobilisiert werden.

Stabilisierung des Beckenrings mit iFuse und Schraube

Das iFuse-3DTM Implantat hat sich als sicher und wirksam bei chronischen ISG-Schmerzen sowie bei anhaltendem Schmerz nach lumbaler Fusion (caudaler Anschlussdegeneration), degenerativer Sacroilitis, ISG-Disruptionen und Alterstraumata erwiesen. Die dreieckigen Implantate, die die Bewegung im ISG durch frühe Fixierung und langfristige Fusion des ISG minimieren, können Mikrobewegungen in der Fraktur verhindern und dadurch das klinische Ergebnis verbessern. Die Zulassung des Herstellers SI-BONE gibt vor, dass Operateure im Fall von Beckenring-Stabilisierungen die Frakturen vor der Platzierung des iFuse-Implantats repositionieren und mittels konventioneller Techniken wie z. B. Schraubfixierung stabilisieren.

Über seine zahlreichen Erfahrungen mit dieser Methode sprach Prof. Gercek. Ihm zufolge ist die Stabilisierung des hinteren Beckens mit iFuse und Schraube sicher und erfolgreich. Alle Patient*innen erlangten rasch wieder eine gute Funktion. Eine Revisionsoperation war nicht notwendig. Eine zusätzliche Versorgung des vorderen Beckenrings kann bei diesen Patient*innen optional in Erwägung gezogen werden, so Gercek.

Demnächst startet die zweite prospektive Studie: TIKTIS (Titanium Fusion Implant in Combination With Trans-iliac Screws for Insufficiency Fractures of the Pelvis) [7]. Ziel der Studie ist es zu ermitteln, ob Patient*innen, die mittels iFuse- 3DTM Implantat in Verbindung mit transiliakal-transsakralen Schrauben operiert wurden, bei der Entlassung aus dem Krankenhaus (i.d.R. 8 Tage) ihre Mobilität vor der Fraktur wiedererlangen.

Weitere Informationen:
www.si-bone.de

Quelle: Lunchsymposium „Stabilisierung von Low-Energy FFPII-Pelvis Frakturen des hinteren Beckenrings mit dem iFuse Implant System®“ im Rahmen des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) 2022, 25. Oktober 2022, Berlin; Veranstalter: SI-BONE Deutschland GmbH

Literatur

  1. Rommens PM & Hofmann A. Comprehensive classification of fragility fractures of the pelvic ring: Recommendations for surgical treatment. Injury, 2013. 44(12):1733-44
  2. Babayev M, et al. Am J Phys Med Rehab. 2000;79:404–09
  3. Taillandier J, et al. Joint Bone Spine. 2003;70 (4):287–289
  4. Eckardt H, et al. Injury. 2017;48(12):2717– 23; Bastian JD, et al. Acta Orthop Belg. 2012 Feb;78(1):100-5
  5. Rudolf L, Capobianco R. Five-Year Clinical and Radiographic Outcomes After Minimally Invasive Sacroiliac Joint Fusion Using Triangular Implants. Open Orthopaedics Journal 2014;8:375-83
  6. Vanaclocha V et al. Minimally Invasive Sacroi- liac Joint Fusion, Radiofrequency Denervation and Conservative Management for Sacroiliac Joint Pain: 6-Year Comparative Case Series. Neurosurgery 2018 Jan 1;82(1):48-55. doi: 10.1093/neuros/nyx185
  7. ClinicalTrials.gov Identifier: NCT05367505