Ausgeprägter Vitamin-D-Mangel und Knochenmineralgehaltsminderung bei Patientinnen mit sakralen Insuffizienzfrakturen
Julian Ramin Andresen (BScMed)
Fakultät für Medizin der Sigmund-Freud-Privatuniversität, Freudplatz 3, A-1020 Wien, E-Mail: 61815097@mail.sfu.ac.at
Julian Ramin Andresen(1), Sebastian Radmer(2), Reimer Andresen(3), Axel Prokop(4), Guido Schröder(5), Hans-Christof Schober(5)
- MedizinischeFakultät,SigmundFreudPrivatuniversität,Wien
- ZentrumfürBewegungsheilkunde,FacharztpraxisfürOrthopädie,Berlin
- InstitutfürDiagnostischeundInterventionelleRadiologie/Neuroradiologie,WestküstenklinikumHeide, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universitäten Kiel, Lübeck und Hamburg, Heide
- KlinikfürUnfallchirurgie,Sindelfingen,KlinikverbundSüdwest,AkademischesLehrkrankenhaus der Universität Tübingen,
- KlinikfürInnereMedizinIV,KlinikumSüdstadtRostock,Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Rostock, Rostock
Schlüsselwörter:
Fragility Fractures of the Pelvis, Knochenmineralgehalt, Osteoporose, sakrale Insuffizienzfraktur, Vitamin-D-Mangel
Insuffizienzfrakturen des Os sacrum werden in letzter Zeit immer häufiger detektiert, wobei aufgrund der steigenden Lebenserwartung [1] die Inzidenz weiter zunehmen wird. Vermutet wird eine Inzidenz von circa 2 bis 5%, bei Patientinnen > 80 Jahre noch deutlich höher [2, 3], wobei genaue Zahlen nicht vorliegen. Als wichtigste Risikofaktoren gelten das weibliche Geschlecht, das Alter > 70 Jahre und eine vorhandene Osteoporose [4, 5]. Ziel der retrospektiven Untersuchung bei Patientinnen mit sakralen Insuffizienzfrakturen ist die Bestimmung des Ausmaßes eines möglichen Vitamin-D-Mangels und einer vorhandenen Osteoporose.
Abb. 1: Häufigkeitsverteilung der Frakturzonen nach Denis et al. [6] Im Bild oben rechts Darstellung der illustrierten Frakturzonen.
Abb. 2: Häufigkeitsverteilung der Frakturklassifikation nach Rommens & Hofmann. [7]
Gegenüberstellung vom Knochenmineralgehalt (KMG) der LWS und der Vitamin-D-Werte bei den uni- und bilateralen sakralen Insuffizienzfrakturen.
Patienten und Methode
Bei 84 weiblichen Patientinnen mit einem Alter von 55-99 (Ø 78,3) Jahren mit sakralen Insuffizienzfrakturen erfolgte eine Einteilung der Frakturen nach Denis et al. [6] und der Klassifikation der Fragility Fractures of the Pelvis (FFP) nach Rommens & Hofmann [7] anhand von CT- (axiale Schichtdicke von 2 mm durch das Becken mit einer auf das Sakrum koronar angulierten reformierten Schichtdicke von 1 und 2 mm, jeweils dokumentiert im Knochen- und Weichteilfenster) und MRT-Schnittbildern (axiale und sagittale T1- und T2-gewichtete 4 mm Schnittbilder durch das Becken sowie auf das Sakrum koronar angulierte STIR Sequenz mit einer Schichtdicke von 2,8 mm). Bei allen Patientinnen wurden eine Osteodensitometrie mittels QCT (GE Revolution EVO/64 Zeilen CT sowie Mindways Software 3D Volumetric QCT Spine) im LWS-Bereich sowie eine Vitamin-D Bestimmung durchgeführt.
Ergebnisse
Bei den 84 Patientinnen fanden sich nach Denis et al. 26 unilaterale und 58 bilaterale, insgesamt 142 sakrale Frakturen mit einer Verteilung von 42,4% einer Denis 1, 4,2% einer Denis 2, 0% einer Denis 3, 43,3% einer Denis 1 und 2 sowie 10,1% einer Denis 1, 2 und 3 Frakturzone (s. Abb. 1). Nach der Klassifikation von Rommens & Hofmann fand sich eine FFP Typ II zu 85,7%, eine FFP Typ III zu 4,8% und eine FFP Typ IV zu 9,5% (s. Abb. 2). Der Knochenmineralgehalt der LWS betrug bei den unilateralen Frakturen 12-74 (Ø 44,3) mg/ml und bei den bilateralen Frakturen 2-54 (Ø 31,3) mg/ml (s. Abb. 3), entsprechend einer Osteoporose. Der Vitamin-D-Wert lag bei den unilateralen Frakturen bei 8-28 (Ø 14,1) nmol/l und bei den bilateralen Frakturen bei 0-18 (Ø 7,2) nmol/l (s. Abb. 3), der Unterschied ist signifikant (p < 0,05).
Diskussion
Eine sakrale Insuffizienzfraktur ist ein starker Indikator für das Vorliegen einer manifesten Osteoporose [8]. Als Risikofaktoren für das Auftreten von Sakruminsuffizienzfrakturen finden sich das weibliche Geschlecht, das hohe Alter, eine vorhandene Osteoporose und ein schwerer Vitamin-D-Mangel. Das Ausmaß des Vitamin-D-Mangels korreliert mit der Schwere der Frakturmorphologie im Os sacrum.
Fazit für die Praxis
Eine Vitamin-D-Substitution und eine antiosteoporotische Medikation entsprechend den DVO-Leitlinien [9] ist notwendig, unabhängig davon, ob eine konservative, interventionelle oder osteosynthetische Therapie der sakralen Insuffizienzfraktur erfolgt. [10]
Literatur
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- Thomasius, F.; Baum, E.; Bernecker, P.; Böcker, W.; Brabant, T.; Clarenz, P.; Demary, W.; Dimai, H. P.; Engelbrecht, M.; Engelke, K.; Fratermann, U.; Grieser, T.; Gulich, M.; Hadji, P.; Henning, J.; Jehle, P. M.; Kern, P. M.; Ketteler, M.; Klatt, G.; Kraenzlin, M.; Maus, U.; Meier, C.; Moser, U.; Müller, D.; Peichl, P.; Pfeifer, M.; Rintelen, B.; Rueger, J. M.; Schober, H.-C.; Schöffel, D.; Schwarz, H.; Siggelkow, H.; Suhm, N.; Wiese, K. G.; Wörtler, K.; Kurth, A. A.: DVO Leitlinie 2017 zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und Männern. Osteol. 2018; 27 (3): 154-160.
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