Osteologie

Insuffizienzfrakturen im zervikalen, thorakalen, lumbalen und sakralen Wirbelsäulenbereich in Abhängigkeit von der spongiösen Knochendichte

Eine in-vitro-Studie

Guido Schröder (1), Claus Maximilian Kullen (2), Julian Ramin Andresen (3), Marko Schulze (4), Laura Hiepe (4), Hans-Christof Schober (5), Reimer Andresen (2)

  1. KlinikfürOrthopädieundUnfallchirurgie,WarnowKlinikBützow,Bützow
  2. InstitutfürDiagnostischeundInterventionelleRadiologie/Neuroradiologie,WestküstenklinikumHeide,Akademisches Lehrkrankenhaus der Universitäten Kiel, Lübeck und Hamburg, Heide
  3. MedizinischeFakultät,SigmundFreudPrivatuniversität,Wien
  4. InstitutfürAnatomie,UniversitätsmedizinRostock,Rostock
  5. KlinikfürInnereMedizinIV,KlinikumSüdstadtRostock,AkademischesLehrkrankenhausderUniversitätRostock,Rostock

Das Risiko für osteoporotische Insuffizienzfrakturen am Achsenskelett steigt mit zunehmender Abnahme der Knochendichte, wobei sich thorakal und thorakolumbal eine Häufung findet. Um die unterschiedliche Verteilung von Insuffizienzfrakturen entlang der Wirbelsäule besser zu verstehen, wurden morphologische und osteodensitometrische Untersuchungen mittels CT in den verschiedenen Wirbelsäulenabschnitten durchgeführt.

Patienten und Methode

Von 30 Körperspendern wurden die gesamten Wirbelsäulen, zur Simula­tion eines homogenen, anatomisch analogen Körperumfangs, möglichst luftfrei, in ein Plexiglas­-Wasser­-Phantom (KG­Rohr aus Hart­Poly­ vinylchlorid, PVC­U) mit einem Durchmesser von 25 cm und einer Länge von 125 cm fixiert (s. Abb. 1). Danach wurde ein hochauflösendes Spiral­CT (GE Revolution EVO / 64 Zeilen CT / laterales Scanogramm, axiale Schichtdicke < 1 mm, sowie axiale und sagittale Reformation mit einer Schichtdicke von 2 mm) durchgeführt. In den sagittal refor­mierten Schnittbildern erfolgte die

Detektion und Gradeinteilung von Wirbelkörperdeformitäten durch zwei unabhängige Radiologen. Es wurden Wirbelsäulen mit Metastasen, einer diffusen idiopathischen Skelett­ hyperostosis oder ausgeprägten Skoliose von der weiteren Untersu­chung ausgeschlossen, so dass 26 von 30 Wirbelsäulen (Durchschnittsalter 81,2 ± 8,1 Jahre) weiter ausgewertet wurden.

Zur Visualisierung der gesamten Wirbelsäulenanatomie erfolgte eine 3D­Volumendarstellung an einer externen Workstation (GE AW­ Server® Version 2.0. Vermessung der Wirbelsäulen in GE Centricity RIS­i® Version 5.0). Eine Knochenmineral­gehaltsbestimmung erfolgte mittels QCT (GE Revolution EVO / 64 Zeilen CT, Mindways Software 3D Volume­tric QCT Spine). Die Bestimmung des spongiösen Knochenmineral­gehalts erfolgte im Volumenblock in Höhe von LWK 1, LWK 2 und LWK 3. Der KMG­-Mittelwert (mg/cm3), wurde zu Abschätzung einer Osteo­porose herangezogen. Es erfolgte eine zusätzliche Messung der CT­ morphologischen Spongiosadichte in Hounsfield­Einheiten (HU­Werte) der einzelnen Wirbelköper von HWK 3 bis SWK 2 (insgesamt 624 Wirbelkörper), jeweils durch eine im mittvertebralen spongiösen Raum manuell positionierte ROI.

Abb. 1: Visualisierung des Versuchsaufbaus, der Bildreformation und der Dichtemessung.
Lage einer eingebetteten Wirbelsäule im PVC-Wasser-Phantom (a laterales Scanogram und b axiales CT-Schnittbild). Zur Simulation des Weichteilmantels wurde die Wirbelsäule möglichst luftfrei in Wasser eingebettet, der Querdurchmesser des Phantoms beträgt 25 cm. Zur Detektion von Frakturen erfolgte eine sagittale, möglichst planparallel zu den Grund-und Deckplatten ausgerichtete Rekonstruktion (c). Mit einer individuell mittvertebral in jedem Wirbelkörper der Columna vertebralis positionierten Region von Interesse (ROI) erfolgte die Dichtebestimmung in HE (Hounsfield-Einheiten), abgebildet ist exemplarisch der Brustwirbelkörper 12 mit einer Dichte von 41,9 HE (d). e, f: Visualisierung der gesamten Wirbelsäule in einer 3-D-Volumendarstellung, im Bild in einer lateralen (e) und in einer frontalen (f) Draufsicht.

Ergebnisse

Bei allen Wirbelsäulen lag eine Osteoporose vor. Bei einem Knochenmineralgehalt unterhalb von 60 mg/ ml fanden sich signifikant vermehrte Sinterungsfrakturen (s. Abb. 2) im thorakalen und thorakolumbalen Bereich. Frakturen im HWS-­Bereich fanden sich insgesamt nicht (s. Abb. 3). Die Spongiosadichte war signifi­kant (p < 0,001) höher in den zer­vikalen (183,3 HU im Mittel) als in den thorakalen (94,2 HU im Mittel), lumbalen (64,1 HU im Mittel) und sakralen (34,4 HU im Mittel) Wirbel­ körpern aller untersuchten Wirbel­ säulen.

Diskussion

Ein Knochenmineralgehaltsverlust der Wirbelkörperspongiosa führt
zu einem erhöhten Frakturrisiko, welches sich auch bei unseren Wirbelsäulen findet. Jedoch wird im zervikalen Bereich ein scheinbarer Schwellenwert für das Auftreten von Sinterungsfrakturen nicht unter­ schritten.

Abb. 2: Lumbaler Knochenmineralgehalt (KMG in mg/ml) bezogen auf die Anzahl der Frakturen.
Dabei ist ein KMG von unter 80mg/ml definiert als Osteoporose, bei Werten unter 60mg/ml steigt das Frakturrisiko signifikant. Deutlich reduzierter KMG führt zu erhöhter Frakturanzahl im thorakalen Bereich sowie im thorakolumbalen Übergang und lumbal. Es fanden sich keine Frakturen in den zervikalen Abschnitten der untersuchten Wirbelsäulen.

Abb. 3: Frakturanzahl in Abhängigkeit von Geschlecht und Wirbelkörperlokalisation. Oberhalb des Brustwirbelkörpers 5 und unterhalb des Lendenwirbelkörpers 4 wurden keine Frakturen diagnostiziert.