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Die Jungs vom hohen C

Dr. med. Christian Günther
Erinnerungen eines Thomaskantors

Im Klappentext der Erinnerungen von Georg Christoph Biller heißt es: „Über zwei Jahrzehnte hat Georg Christoph Biller [geb. am 20. September 1955 in Nebra an der Unstrut, C.G.] den [am 20. März 1212 gegründeten, C.G.] Leipziger Thomanerchor geleitet, bevor er das Amt 2015 [aus gesundheitlichen Gründen, C.G.] abgab. Im Ergebnis vieler Gespräche mit dem Autor Thomas Bickelhaupt entstand dieser Erinnerungsband.“

„Darin berichtet der Kirchenmusiker freimütig über Wege und Umwege aus einem mitteldeutschen Pfarrhaus an die Spitze des weltberühmten Knabenchores. Die Erinnerungen lassen Billers Thomaner-Zeit von 1965 bis 1974 ebenso lebendig werden wie das folgende Studium und die Jahre als Dirigent, Gesangssolist und Chor-leiter. Anhand konkreter Beispiele werden die sich aus der staatlichen Kulturpolitik der DDR ergebenden Konsequenzen für damaliges künstlerisches Wirken aufgezeigt. Die persönlichen Gedanken zur Tätigkeit als 16. Thomaskantor nach Johann Sebastian Bach ab 1992 verbindet Biller wiederum mit kritischen Reflexionen über die besonderen musikalischen und menschlichen Heraus- forderungen dieses Amtes. Biografische Notizen, eine Diskografie und ein Verzeichnis der Kompositionen von Biller komplettieren den Band.“

Damit ist sachlich alles über das Büchlein gesagt, das ich in einem Ductus gelesen habe, weil mich 22 Jahre gemeinsamen Erlebens Bachscher Musikpflege in Leipzig mit dem Autor und 16. Nachfolger nach J.S. Bach als Thomaskantor ebenso verbinden wie mit seinem unmittel-baren Amts-Vorgänger und Lehrer – Thomaskantor Prof. Hans-Joachim Rotzsch. Deshalb ist es an dieser Stelle für mich ein vordergründiges Anliegen, mich für die vielen Stunden wunderbaren geistlichen und weltlichen Musikgenusses bei Prof. Biller mit seinen “Jungs vom hohen C“ zu bedanken, um vor allem mit Bachscher Musik dem lieben Gott näher sein zu können und die tiefe Wahrheit des Ausspruchs von Ludwig van Beethoven immer wieder bestätigt zu fühlen, dass „Musik eine größere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie ist.“

Darum möchte ich mich auch nicht den z.T. kritischen Anmerkungen in der Rezension des Büchleins durch den bekannten Leipziger Musikkritiker Peter Korfmacher anschließen, sondern nur die von ihm erkannten “Haben-Seiten“ reflektieren: „Wer diese Erinnerungen eines Thomas-kantors liest, der sieht ihn vor sich, wie er leutselig und bisweilen knurrig, überzeugt und überzeugend über Gott und die Welt, die Musik und das Leben, die Kirche und den Staat sich auslässt. Denn der Tonfall des schreibenden Biller entspricht ziemlich genau dem des redenden. Authentisch könnte man das nennen – und sich darüber freuen.“

Ein viel aussagefähigere Rezension findet sich in der 105. Ausgabe des “Kastenjournals“  vom Juni 2018 – eine Thomanerchor-interne Zeitschrift, die nur von Thomanern gestaltet wird und über Interna im Chor in sehr aufgelockerter, wunderbarer Weise berichtet und deren Lektüre mir als Abonnent immer wieder ungetrübte Freude bereitet. Dort schreibt der Redakteur “Fun“: „Zusammenfassend böte also allein Billers [großartiges, C.G.] Wirken als Thomaskantor Stoff für einen gigantischen Wälzer, während ‘Die Jungs vom hohen C’ gerade einmal knappe 150 Seiten umfasst (…) Trotzdem oder gerade deshalb gleicht das Buch nicht einer besseren Kurzbiografie, was auch daran liegt, dass Lektor Bickelhaupt sehr darauf geachtet hat, Billers Sprachgestaltung und Tonfall so unverfäscht wie möglich in das Geschriebene zu übertragen. Dadurch hat man als Leser das Gefühl, dem Altkantor direkt gegenüberzusitzen“, wenn er über verschiedenste Streiche aus seiner Thomanerzeit berichtet.  Dieses Urteil von einem seiner Sänger zählt für mich und ich schließe mich ihm an, dass das Buch – das wäre wunderbar – mindestens doppelt so lang sein könnte!

Deshalb bin ich von der Hoffnung getragen, dass Prof. Biller – für mich Thomaskantor f.d.E. (für die Ewigkeit) nach Stabilisierung seines Gesundheitszustandes Zeit und Muße finden wird, in einer 2. Auflage noch mehr Leser zu erreichen, die sich sowohl eigener Erfahrungen aus den ereignisreichen vergangenen Jahrzehnten als auch gelegentlicher Be-gegnungen mit meinem Amtsvor- gänger Georg Christoph Biller erinnernwie es der derzeitige Thomaskantor, Prof. Gotthold Schwarz, in seinem Vorwort formulierte und allen Lesern viel Freude bei der Lektüre des Buches wünschte.

Georg Christoph Biller
Aufgeschrieben und mit einem
Nachwort von Thomas Bickelhaupt
1. Auflage Dezember 2017
160 S., Br., 135 × 210 mm, s/w-Abb.
Mitteldeutscher Verlag
ISBN      978-3-95462-951-0