Osteoporose, Orthopädie & Rheuma Aktuell

Osteoporose: Risikopatient*innen rechtzeitig erkennen und behandeln

Etwa 75% der Patientinnen und Patienten, die an Osteoporose leiden, erhalten keine adäquate Therapie. Daher gilt es, Risikopatient*innen rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln, auch wenn sie wegen einer anderen Erkrankung, etwa Brustkrebs, Rheuma oder Diabetes, die Praxis oder Klinik aufsuchen. Denn viele Erkrankungen, aber auch Medikamente, führen zu einem Schwund von Knochenmasse. Da die Störung des Knochenstoffwechsels viele Fachbereiche von der Allgemein- bis zur Zahnmedizin berührt, fordern die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und der Dachverband Osteologie (DVO) von den beteiligten Berufsgruppen und Versorgungsstufen mehr Aufmerksamkeit und Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Volkskrankheit Osteoporose.

In Deutschland leiden ca. 6,3 Millio- nen Menschen (5,2 Mio. Frauen, 1,1 Mio. Männer) an Osteoporose. [1] Mit potentiell gravierenden Folgen: Bereits kleinste Belastungen können zu Knochenbrüchen führen, etwa von Wirbelkörpern, Oberschenkel, Hüfte und Unterarm. „Oft markiert die erste Fraktur nur den Anfang einer Folge von Brüchen. Im fortgeschrittenen Verlauf kann Osteoporose dann auch Invalidität bis hin zu erhöhter Sterblichkeit nach sich ziehen“, sagt Professor Dr. med. Ralf Schmidmaier, Kongresspräsident der Jahrestagung 2022 des Dachverbands Osteologie (DVO) und stellvertretender Klinikdirektor der Medizinischen Klinik und Poliklinik IV, LMU Klinikum München. „Wird Osteoporose jedoch frühzeitig erkannt, lässt sich der Verlust an Knochensubstanz oft noch bremsen und Folgeschäden vermeiden.“

Osteoporose betrifft viele medizinische Fachgebiete – Zusammenarbeit ist der Schlüssel

Nicht nur Endokrinologen sind mit der Behandlung von Osteoporose befasst: Aufgrund der vielfältigen Erscheinungsformen und Ursachen der Krankheit liegt die Versorgung dieser Patienten in den Händen verschiedener Fachdisziplinen. „Dies macht es herausfordernd“, so Schmidmaier, der Leiter des Osteologischen Schwerpunktzentrums der LMU München – Bayerisches Osteoporosezentrum ist. Er nennt Beispiele: „Unfallchirurgen sollten bei bestimmten Knochenbrüchen an Osteoporose denken und parallel zur Versorgung der Fraktur individuelle Therapien zur Verbesserung des Knochenstatus einleiten. Allgemeinmediziner und Geriater sollten ihre Risikopatienten erkennen. Dazu gehören etwa Ältere oder chronisch Kranke. Patienten mit Hormonstörungen wie Cushing-Syndrom, Nebenschilddrüsen-Überfunktion, Wachstumshormonmangel oder Schilddrüsenerkrankungen weisen ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Osteoporose auf. Idealerweise befinden sie sich bereits wegen der Grunderkrankung in endokrinologischer Betreuung. Fachärzte, etwa Rheumatologen und Onkologen, müssen mitunter Medikamente verschreiben, die den Knochen schädigen, etwa Cortison oder Antihormonpräparate. Hier sollten Maßnahmen zum begleitenden Knochenschutz gleich mit zur Therapie gehören. Zahnärzte müssen über die seltenen Nebenwirkungen von Osteoporosemedikamenten informiert sein und darüber, wie sie früh erkannt bzw. verhindert werden können – auch hier besteht Informationsbedarf.“

Schmidmaier fasst zusammen: „Jede Ärztin und jeder Arzt, der in seinem Fachgebiet mit den speziellen Erscheinungsformen oder Hintergründen der Osteoporose in Berührung kommt, muss diese genau kennen.“ Fachübergreifendes Wissen und Handeln sind deshalb gefragt: „Moderne Osteoporoseversorgung bedeutet Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen und verschiedener Versorgungsstufen vom Krankenhaus und der Reha-Einrichtung zu Facharztpraxen und Hausarztpraxis.“

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, Dachverband Osteologie

1. https://www.aerzteblatt.de/archiv/134111/ Epidemiologie-der-Osteoporose-Bone- Evaluation-Study