Varikose aus Patientensicht
Verbesserung der Lebensqualität gewinnt zunehmend an Bedeutung:
Bei chronisch-progredienten Erkrankungen wie der Varikose rückt die „gesundheitsbezogene Lebensqualität“ (Health-Related Quality of Life, HRQoL) zusehends in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Eine aktuelle Übersichtsarbeit zeigt eindrucksvoll die Beeinträchtigungen von Krampfader-Patienten in den unterschiedlichen Lebensbereichen auf [1] und unterstreicht dadurch einmal mehr die Notwendigkeit einer frühzeitigen Behandlung.
Eine minimal-invasive und effektive Möglichkeit, Symptome zu lindern, Komplikationen vorzubeugen und die Lebensqualität der Betroffenen signifikant zu verbessern, bietet die Sklerotherapie. [2,3] Sie wird bei Besenreisern, kleineren Krampfadern und Seitenästen von der hierzulande maßgeblichen Leitlinie als Therapie der Wahl angesehen. [4] Bei Stammvenen punktet die Schaum- Sklerotherapie ebenfalls hinsichtlich der Verbesserung der Lebensqualität. Zwar erreicht sie nicht ganz die Verschlussraten der endovenösen Lasertherapie und des Strippings, einer Studie zufolge verbessern sich Symptomatik und Lebensqualität nach der Sklerosierung jedoch ebenso deutlich wie nach Behandlung mit thermischen und operativen Methoden. [5] Bei alledem verursacht die Sklerotherapie verglichen mit den anderen Verfahren signifikant weniger Schmerzen während des Eingriffs und kürzere krankheitsbedingte Ausfälle, was aus Patientensicht ein wichtiges Kriterium für die Therapieentscheidung darstellt.
Obwohl 30% der Erwachsenen hierzulande medizinisch relevante Varizen aufweisen [6], fand die Beurteilung der Lebensqualität der Patienten in der Forschung lange Zeit wenig Beachtung. Dabei liefern die subjektiven Auskünfte von Betroffenen gerade bei chronisch verlaufenden und nicht akut bedrohlichen Erkrankungen wie der Varikose Erkenntnisse, die für die Therapieplanung und -entscheidung von großem Nutzen sein können.
Review offenbart breites Spektrum an Symptomen [1]
Ein Team britischer Forscher hat jetzt hunderte von Publikationen gesichtet und mehrere unabhängige Studien identifiziert, in denen die Erfahrungen von Varikosepatienten und ihr Leben mit der Erkrankung untersucht wurden. [7-9] Außer von Schmerzen, Schweregefühl, Ödemen und Juckreiz berichten Betroffene auch von Krämpfen, Kribbeln und Taubheit der Beine, die den Schlaf stören und so zu anhaltender Müdigkeit führen. Zwar ist es den Patienten in der Regel möglich, ungestört ihren Alltagsaktivitäten nachzugehen. In anderen Lebensbereichen wie der Freizeitgestaltung offenbart der Review dagegen erhebliche Einschränkungen.
Hier tragen psychische Faktoren wie Schamgefühl über das Erscheinungsbild der eigenen Beine und die Angst vor negativen Reaktionen entscheidend dazu bei, dass Betroffene beispielsweise auf Sport verzichten und sich teilweise sogar sozial isolieren.
Die britische Studie zeigt darüber hinaus, dass Varikose-Patienten oft gezielte Vermeidungs- und Bewältigungsstrategien entwickeln, um die physischen und psychischen Begleiterscheinungen der Erkrankung zu managen. Maßnahmen wie das Hochlegen der Beine zählen ebenso dazu wie Bekleidung, die auffällige Krampfadern bedeckt und versteckt. Tatsächlich konstatieren die Forscher einen hohen Leidensdruck, dessen Ausmaß durch das Adaptionsverhalten der Betroffenen teilweise maskiert würde. Hauptgrund für eine Behandlung ist dennoch überwiegend der Wunsch, einer Progression der Erkrankung und Komplikationen wie Ulcera oder Thrombosen vorzubeugen.
Sklerotherapie lindert Schmerzen und verbessert die Lebensqualität
Behandelnden Ärzten bietet die Studie zum Leben mit Varikose aus Patientensicht nützliche Anregungen für die Praxis, indem sie das Augenmerk über medizinische Notwendigkeiten hinaus auf die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen richtet. Fest steht: Dauerhaft beseitigen lassen sich Varizen nur mit einer leitliniengerechten Therapie. Eine verglichen mit operativen Methoden patientenschonende Behandlungsoption stellen ambulante, minimal-invasive endovenöse Verfahren wie die Sklerotherapie mit dem Detergenz und Lokalanästhetikum Polidocanol dar. Laut aktueller Leitlinie „Sklero- sierungsbehandlung der Varikose“ der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie eignet sie sich für alle Krampfaderformen – von ästhetisch störenden Besenreisern und retikulären Varizen über insuffiziente Seitenast- und Stammvenen bis hin zu Rest- und Rezidivvarizen nach vorangegangenen Eingriffen. [10]
Die Behandlung kann abhängig vom Ausmaß der Krampfadern mit flüssigem oder aufgeschäumtem Sklerosierungsmittel ambulant durchgeführt werden, wobei Effektivität und Sicherheit wissenschaftlich gleichermaßen gut belegt sind. [11-14] Dank ihrer guten Verträglichkeit kann die Sklerotherapie auch bei übergewichtigen, älteren und gesundheitlich vorbelasteten Patienten angewandt werden, deren Leidensdruck oft besonders groß ist.
In einer Studie mit älteren Patienten in den Stadien C4-C6 konnten die Symptome aller Probanden redu- ziert oder sogar vollständig beseitigt werden. Bei den Probanden, die 3 Monate bis 12 Jahre lang an aktiven Ulcera litten, kam es in 71% der Fälle zu einer Heilung nach durchschnitt- lich 3 Monaten. Aber auch bei den übrigen Patienten verbesserte sich die Lebensqualität signifikant. [2] Bei Stammvenen ist die Verbesserung der Lebensqualität durch die Behandlung mit der Schaum-Sklerotherapie ebenfalls vergleichbar mit den Ergebnissen der thermischen und operativen Methoden. Wie eine Studie mit über 200 Patienten finnischer Universitätskliniken gezeigt hat, überzeugt die Sklerotherapie zudem durch ihre im Vergleich zu anderen Methoden signifikant geringere Schmerzhaftigkeit während des Eingriffs und die auffällig reduzierte Krankschreibungsdauer der Patienten. Tatsächlich beträgt die mittlere Krankschreibungsdauer nur einen Tag, während nach der Laserbehandlung im Schnitt 8 Tage und nach operativen Eingriffen sogar 12 Tage mit einem krankheitsbedingten Ausfall gerechnet werden muss. [5] Dass die Sklerotherapie ihren positiven Einfluss auf die Lebensqualität wissenschaftlich unter Beweis gestellt hat, spricht besonders nachdrücklich für das Verfahren – schließlich ist die Patientenzufriedenheit entscheidend für die Wahl der Therapiemethode.
Quelle: MW Office
Literatur
1. Lumley E et al. Experiences of living with varicose veins: A systematic review of qualitative research. J Clin Nurs. 2019 Apr;28(7-8):1085- 1099.
2. Gallucci M et al. Quality of life after treatment with ultrasound guided foam sclerotherapy
in elderly patients affected by severe and invalidating CVI. Acta Phlebol 2011;12:83-9.
3. Neto FC et al. Evaluation of quality of life and photoplethysmography in patients with chronic venous insufficiency treated with foam sclerotherapy. J Vasc Bra. 2015 Apr.- June;14(2):145-152.
4. Rabe E et al. (Fassung von 2018). Leitlinie Sklerosierungsbehandlung der Varikose (ICD 10: I83.0, I83.1, I83.2, I83.9). AWMF-Leitlinien- Register-Nr.: 037-015. Entwicklungsstufe: S2k.
5. Venermo M et al. Randomized clinical trial comparing surgery, endovenous laser ablation and ultrasound-guided foam sclerotherapy for the treatment of great saphenous varicose veins. Br J Surg. 2016 Oct;103(11):1438-44. doi: 10.1002/bjs.10260. Epub 2016 Aug 26.
6. Rabe E et al. Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie. Epidemiologische Untersuchung zur Frage der Häufigkeit und Ausprägung von chronischen Venenkrankheiten in der städtischen und ländlichen Wohnbevölkerung. Phlebologie. 2003;32:1-14.
7. Franz A et al. Patients‘ experiences of living with varicose veins and management of the disease in daily life. J Clin Nurs. 2016 Mar;25(5- 6):733-41. doi: 10.1111/jocn.13023. Epub 2015 Oct 28.
8. Hudson BF et al. A thematic analysis of experiences of varicose veins and minimally invasive surgery under local anaesthesia.
J Clin Nurs. 2015 Jun;24(11-12):1502-12. doi: 10.1111/jocn.12719. Epub 2015 Jan 8.
9. Palfreyman SJ et al. Varicose veins: a qualitative study to explore expectations and reasons for seeking treatment. J Clin Nurs. 2004 Mar;13(3):332-40.
10. Rabe E et al. (Fassung von 2018). Leitlinie Sklerosierungsbehandlung der Varikose (ICD 10: I83.0, I83.1, I83.2, I83.9). AWMF-Leitlinien- Register-Nr.: 037-015. Entwicklungsstufe: S2k.
11. Rabe E et al. Efficacy and Safety of Great Saphenous Vein Sclerotherapy Using Standardised Polidocanol Foam (ESAF): A Randomised Controlled Multicentre Clinical Trial. Eur J Endovasc Vasc Surg 2008; 35: 238-45.
12. Rasmussen LH et al. Randomized clinical trial comparing endovenous laser ablation, radiofrequency ablation, foam sclerotherapy and surgical stripping for great saphenous varicose veins. Br J Surg. 2011; 98: 1079-87.
13. Shadid N et al. Randomized clinical trial of ultrasound-guided foam sclerotherapy versus surgery for the incompetent great saphenous vein. Br J Surg. 2012; 99: 1062-70.
14. Alòs J et al. Efficacy and safety of sclerotherapy using Polidocanol foam: A controlled clinical trial. Eur J Vasc Endovasc Surg 2006; 31: 101-7.