Plastische Chirurgie

Präoperative Aspekte zur Oberlidkorrektur

Im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung “LidCologne“ erläuterte Dr. med. Dirk F. Richter, Präsident der “International Society of Aesthetic Plastic Surgery“ und Chefarzt der Klinik für Plastische Chirurgie in Wesseling, unter anderem Aspekte der Anamnese im Bereich des Oberlids im Vorfeld einer geplanten Oberlid-Blepharoplastik.

Zum Untersuchungsbereich zählt die gesamte periorbitale Region, zum Beispiel mit Lidfalten, Stirnfalten (Corrugator) und Roof. Zu den ersten Kriterien der Anamnese zählen unter anderem die Feststellung, ob Brauen-Ptosis, Roof-Fett, Hautüberschuss am Oberlid (Dermatochalasis), eine Lid-Ptosis oder Asymmetrien vorliegen. Wichtig ist außerdem zu erfassen, wie hoch die obere Lidfalte sitzt und wie viel Gewebe/Fettvolumen zwischen der oberen Lidfalte und den Augenbrauen zum Beispiel bei Dermatochalasis vorliegt. Ein weiterer Aspekt ist, die Breite des Lidspalts (Tarso-Displays bzw. pretarsal space) zu messen. Idealerweise wäre der “Pretarsal Space“ bei Frauen (anders als beim Mann) ein bis zwei Millimeter breit, was die Patientinnen vor dem geplanten Eingriff oftmals als Behandlungswunsch äußern, so der Experte.

Stets aktiven und passiven Lidschluss kontrollieren

Der Behandler sollte bei der Anamnese stets sehr gründlich sein, insbesondere wenn der Patient womöglich bereits einen Eingriff hatte. Es ist nach seiner Erfahrung mitunter der wichtigste Test, stets den aktiven und vor allem auch den passiven Lidschluss zu kontrollieren. Beim aktiven Lidschluss hebt man bei dem Patienten die Augenbrauen hoch und wenn der Lidschluss dann nicht funktioniert, weil der Patient die Augen nicht richtig schließen kann, sind (weitere) Eingriffe nicht zu empfehlen, so Richter.

Beim passiv inkompetenten Lidschluss wurde in vorausgegangenen Operationen häufig eine falsche Schnittführung vollzogen, indem zu viel und zu tief weggeschnitten wurde. Die Betroffenen haben dadurch geöffnete Augen beim Schlafen, weil das Lid nicht mehr richtig schließt. Einen Lidschluss in dieser Situation wiederherzustellen, ist oft eine echte Herausforderung und bedarf in der Regel Transplantante, die in erster Linie zweckmäßige, aber nicht unbedingt ästhetische Ergebnisse hervorbringen, gab Richter zu bedenken.

Weiterhin ist u.a. darauf zu achten, dass ein positiver Tilt vorliegt, damit Tränenflüssigkeit am Lacrimal punctum abwärts laufen kann (vgl. Tab. 1). Bei einem negativen Tilt komme die Tränenflüssigkeit unmöglich dort an, so der Experte. Unter diesen Bedingungen tränt es seitlich herunter, wodurch die Patienten trockene Augen bekommen. Als eine Maßregel sollte daher der laterale Canthus etwa zwei Millimeter höher sein als der mediale Canthus.

Bei der Schnittführung runde Augen vermeiden

Bezüglich der Schnittführung rief Richter dazu auf, nicht mehr einer alten Lehrbuchmeinung zu folgen (vgl. Abb. 2, gestrichelte Linien), weil diese Schnittführung ein rundes Auge hervorbringen würde, was nach seiner Auffassung kein natürliches ästheti- sches Ergebnis darstellt. Ganz wichtig sei daher, dass die Schnitte weiter zur Seite hin verschoben werden (vgl. Abb. 2, blaue Linien), so der Rat des Experten.

Quelle: Vortrag von Dr. Dirk F. Richter (Wesseling) zum Thema “Oberlid-Blepharoplastik“ im Rahmen der Fortbildungs- veranstaltung “LidCologne 2019 – Ästhetische Medizin im Lid- und Periorbitalbereich“, 30. März 2019, Köln

Kontroll-Aspekte der Anamnese

  • Visus-Kontrolle
  • Lidspalte und Levatorgang von der Pupillenmitte messen: MRD1 + MRD2
  • Bell-Phänomen
  • Ptosis-Kontrolle
  • Hertel-Werte / negativer Vektor
  • Tilt-Kontrolle
  • Lidschluss-Kontrolle
  • Pupillenasymmetrie
  • Mediale und laterale Lidlaxizität

Tab. 1: Kontroll-Aspekte der Anamnese.